Flaminias Inferno

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Entsetzen, Beklommenheit und viele Fragen – das Bild einer dicken Rauchsäule über einem treibenden Containerschiff irgendwo auf dem Atlantik ist der[ds_preview] Grund für diese persönliche Reaktion. Es ist die »MSC Flaminia«, bereedert vom Buxtehuder Unternehmen NSB. Ein Schiff mittlerer Größe, unter deutscher Flagge fahrend, von einer deutschen Reederei, kein typischer »Seelenverkäufer«, mit einem Alter von elf Jahren in keinem augenscheinlich schlechten Zustand, die Besatzung setzt sich aus Philippinos, Polen und Deutschen zusammen, zwei Frachtschiffpassagiere reisen mit. Die Reederei erklärt, es sei ein Feuer in Laderaum vier ausgebrochen. Während der Löscharbeiten kam es zu einer Explosion, bei der vier Besatzungsmitglieder schwer verletzt wurden. Der Erste Offizier erlag seinen Verletzungen. Ein Seemann bleibt vermisst, es besteht wohl wenig Hoffnung, ihn zu finden.

Spätestens jetzt mischen sich in die Beklommenheit die Fragen, die sich eine Zweite Offizierin stellt, die vor einem Jahr als solche an Bord genau dieses Schiffes tätig war. Bei NSB übernimmt der Zweite Offizier das Ressort »Sicherheit«, zu dem die Instandhaltung der Rettungs- und Brandschutzausrüstung, die Durchführung und Planung entsprechender Übungen gehört.

Wenn Feuer in einer Ladeluke ausbricht, wird der Raum mit CO2 geflutet, alle Zugänge und Lüftungsklappen werden geschlossen, sodass die Sauerstoffzufuhr unterbrochen wird. Im Idealfall erstickt das Feuer. Zusätzlich wird in einem ausreichenden Abstand von außen gekühlt, um eine Ausbreitung und ein Übergreifen auf andere Laderäume zu verhindern. Zwischen Laderaum und Außenhaut befinden sich Ballastwassertanks, die geflutet werden können. Wie konnten also mindestens vier Personen so nah am Brandherd stehen, um teils tödliche Verletzungen davonzutragen? Ist das CO2 im Laderaum angekommen oder auf dem Weg »verpufft«?

Am Anfang steht natürlich die Frage nach der Brandursache: War es die Ladung selbst oder gab es eine schiffseigene Zünd- oder Wärmequelle? Gibt es gar Parallelen zu der Explosion und dem Großbrand 2006 auf der »Hyundai Fortune«? Wahrscheinlichste Brandursache ist eine unzureichend oder falsch deklarierte Ladung, die trotz ihrer Entzündlichkeit an den warmen Schotten des Maschinenraumes gestaut wurde.

Anders als bei anderen Schiffsunglücken in der Vergangenheit halten sich die Medien diesmal mit Spekulationen und der Suche nach Schuldigen zurück, die Berichterstattung beschränkt sich auf Informationen, die durch die Reederei selbst bekannt gegeben wurden. Es gibt nur wenige Bilder, die Objektive der Fotografen reichen nicht bis an die Unglücksstelle heran.

Es wird an anderer Stelle spekuliert, durch Seeleute, Versicherer, Befrachter. Ob der Schaden an Schiff und Ladung mit schiffseigenen Mitteln hätte begrenzt und das Übergreifen auf die Luken fünf und sechs verhindert werden können, ist angesichts des immer noch intakten Vor- und Achterschiffes und der Aufbauten und des wieder in Betrieb genommenen Feuerlöschsystems eine berechtigte Frage. Und doch müssen wir alle abwarten, bis der Schleppverband in einem Hafen angekommen ist und eine Untersuchung hoffentlich Antworten bringt.