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Die Hamburg Port Authority will rasch die Rahmenbedingungen schaffen, damit ab Anfang 2015 im Hafen Flüssigerdgas als Schiffskraftstoff zur Verfügung steht.

Umweltschutz muss auch im Hambur­ger Hafen betrieben werden, darüber besteht kein Zweifel. Wesentlich schwieri­ger ist zu klären, mit[ds_preview] welchen Maßnahmen das geschehen soll. Seit einigen Jahren gibt es Ansätze, die Stromversorgung der Schiffe, besonders der großen Kreuzfahrtschiffe, von Land aus durchzuführen. Landstrom ist lange diskutiert worden, aufgrund der hohen Anschlussleistungen von Kreuzfahrtschiffen für diesen Bereich aber wohl vom Tisch – auch wenn die Hamburg Port Authority (HPA) der Auffassung ist, das Stromnetz sei ausreichend stabil, um diese Schiffe (und gleich mehrere zur selben Zeit) zu versorgen.

Über den zweiten Weg, die Gasversorgung der Schiffe von Land und den Betrieb der Bordaggregate mit Erdgas, kann so lange nicht diskutiert werden, wie Hamburg kein Terminal für den Import von Flüssigerdgas oder zumindest ausreichend große Bunkerstationen und Bunkerschiffe hat, die dieses Gas in der notwendigen Menge bereitstellen bzw. liefern könnten. Hier soll sich nun etwas ändern. Die HPA untersucht gegenwärtig, an welchen Standorten im Hafen Bunkerstationen für Flüssigerdgas errichtet werden könnten. Ein Terminal für den Import von Flüssigerdgas soll es in absehbarer Zeit dagegen in Hamburg nicht geben, so lautete die klare Aussage der HPA in einem Hintergrundgespräch.

Importterminals und Bunkerstationen sind nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite betrifft die Antriebsmaschinen einschließlich deren Peripherie und die Lagerung des Kraftstoffs an Bord. Ferner müssen die Regeln für den Betrieb der Motoren und die Übernahme des Kraftstoffs geschaffen werden. Bislang können Schiffe mit erdgasbetriebenen Motoren Hamburg nur mit einer Sondergenehmigung der HPA anlaufen.

Das galt auch für den ersten Besuch eines derartigen Schiffes im Juni dieses Jahres. Doch da der Besuch im Interesse des Hamburger Hafens stand, war dies wohl das geringste Problem. Wie es offiziell hieß, kam die »KV Barentshav« anlässlich einer Tagung der Deutsch-Norwegischen Handelskammer zum Thema »LNG – The Norwegian Experience« in Zusammenarbeit mit »Innovation Norway« und der Klassifikationsgesellschaft Det Norske Veritas (DNV) in die Hansestadt. Die »KV Barentshav« gehört zur Flotte der norwegischen Küstenwache und wird für vielseitige Aufgaben in den Küstengewässern des Landes eingesetzt. Sie ist 93,0 m lang, 16,6 m breit und hat eine Verdrängung von 2.100 t.

Die »KV Barentshav« ist indes kein besonders gutes Beispiel für die neue Technik gasbetriebener Schiffsmotoren. Ihre Antriebsanlage ist ein typischer Hybridantrieb mit einem Dieselmotor als Hauptantrieb, der seine Leistung mechanisch über ein Getriebe auf den Propeller überträgt. Mit Gas werden vier Bordaggregate betrieben, die den Strom für einen elektrischen Schiffsantrieb und die Bordsys­teme erzeugen. Diese Aggregate können in Abhängigkeit des Leis­tungsbedarfs zu- und abgeschaltet werden. Allerdings ist bei ihnen noch eine Synchronisierung erforderlich, was zumindest beim Zuschalten mit zeitlichen Verzögerungen verbunden ist. Da das Schiff mit einem Hybridantrieb ausgerüstet ist, sind zwei Tankanlagen mit der entsprechenden Peripherie erforderlich: eine für Dieselkraftstoff und eine für Flüssigerdgas.

Die Hauptmaschine hat eine Leistung von 4.000 kW bei einer Drehzahl von 720 min-1. Damit wird eine Geschwindigkeit von 18,0 kn erreicht. Der über einen PTI-Flansch (Power Take In) mit dem Getriebe verbundene Elektromotor hat eine Leistung von 2.500 kW bei 1.200 min-1. Mit dem elektrischen Antrieb allein wird eine Geschwindigkeit von 15,5 kn erreicht. Im Hybridbetrieb beträgt die maximale Geschwindigkeit 20,0 kn.

Von Gasmotoren angetrieben, stehen drei Stromerzeugungsaggregate mit je 900 kW und eines mit 675 kW zur Verfügung. Alle laufen mit einer Drehzahl von 1.500 min-1. Darüber hinaus ist ein Aggregat mit einer Leistung von 400 kW vorhanden, das von einem Dieselmotor angetrieben wird. Ein Notstromaggregat mit 105 kW und ein Wellengenerator mit 1.000 kW runden den Bereich der Stromerzeugung ab.

Die Rolle der HPA

Gegenwärtig fehlen sämtliche Voraussetzungen für die Nutzung von Flüssigerdgas als Kraftstoff von Schiffsmotoren, sei es zum Antrieb der Schiffe oder auch zur Strom­erzeugung an Bord von Bargen. Wie die Hamburger Hafenbehörde auf Anfrage ausführte, ist auch im kommenden Jahr noch nicht mit entsprechenden Zulassungen zu rechnen, obwohl einige Projekte laufen, deren Ziel es ist, mit Flüssigerdgas schon 2013 Strom für Hafenlieger zu erzeugen.

Wie auch immer, die Verwendung von Erdgas als Schiffskraftstoff ist für den Hamburger Hafen eine reine Konkurrenzfrage. Während zum Beispiel in Rotterdam bereits das erste Bunkerschiff im Einsatz ist, für dessen Antrieb mit allen Vorteilen Flüssigerdgas als Kraftstoff verwendet wird, steht Hamburg erst vor einer Machbarkeitsstudie für die Errichtung von Bunkerstationen im Hafen. Bis Ende 2014 will die HPA in Zusammenarbeit mit Linde herausfinden, wie Flüssigerdgas im Hamburger Hafen am wirtschaftlichsten genutzt werden könnte. Gleichzeitig wird daran gedacht, das Erdgas auch für Nutzfahrzeug- und Lokomotivantriebe zu nutzen. Daimler hat bereits mehr als 1.000 Nutzfahrzeuge ausgeliefert, deren Motoren mit Erdgas betrieben werden. In den Niederlanden und in Belgien werden diese Fahrzeuge in großer Zahl auf den Betrieb mit Flüssigerdgas umgerüstet, um deren Reichweite zu vergrößern. So umgebaut, sind die Fahrzeu­-

ge auch für den Langstreckenverkehr mit Containern geeignet.

Im Rahmen des EU-Projektes »Saubere Schiffahrt auf der Nordsee« arbeitet die HPA mit dem Germanischen Lloyd (GL) hinsichtlich dem Bunkern von Flüssigerdgas und einer nautischen Risikoanalyse zusammen. Die HPA geht vom Transport des Flüssigerdgases mit kleinen Tankschiffen nach Hamburg aus und sieht im Bereich des Hafens ausreichend Gelände, das sich für Tanklager eignet. Gegenwärtig stehen fünf Plätze für Flüssigerdgas-Tanklager in der Diskussion, vier davon im Bereich des Köhl­brands und des Reiherstiegs. Hier werden auch drei Standorte für Liegeplätze von Erdgas-Bunkerbargen gesehen.

Mit einem Anteil von 38 % der gesamten Stickoxid-Emission in der Hansestadt wird der Schifffahrt der größte Anteil zugeschrieben, gefolgt vom Straßenverkehr mit 34 %. Daran soll sich mit dem Einsatz von Erdgas als Schiffskraftstoff einiges ändern. Die treibende Kraft für die Verwendung von Flüssigerdgas als Schiffskraftstoff ist allerdings das Regelwerk der IMO, nach dem in den SECAs ab 1. Januar 2015 nur noch Kraftstoff mit einem Schwefelgehalt von 0,1 % gefahren werden darf. Und das gilt für alle Schiffe, gleichgültig ob alt oder neu, zum Beispiel auf Nord- und Ostsee. Alternativ können die Schiffe mit Abgasnachbehandlungsanlagen ausgerüs­tet werden, die in der Lage sind, die Schwefelverbindungen im Abgas soweit auszuwaschen, dass ein entsprechendes Äquivalent erreicht wird.

Der Germanische Lloyd und die Situation in Hamburg

Wie der GL auf einer Fachtagung Anfang Juni ausführte, wurde der Hamburger Hafen im Jahr 2010 von 159 Feeder-Containerschiffen 2.629 Mal angelaufen, manche von ihnen kamen alle zehn Tage oder öfter. Das ist mit weitem Abstand die größte Zahl an Schiffen ihrer Art, die in Hamburg alljährlich festmachen. Da diese Schiffe überwiegend in Nordeuropa im Einsatz sind, geht man davon aus, dass zumindest jene Schiffe, die Hamburg häufig anlaufen, den Betrieb ihrer Motoren auf Flüssigerdgas umstellen und dann in der Hansestadt Gas bunkern werden. So wird erwartet, dass im Jahr 2020 knapp 40 Feeder-Containerschiffe regelmäßig Gas in Hamburg tanken.

Ausgehend von einem durchschnittli­chen Bunkerbedarf von 10.700 m3 pro Schiff und Jahr, würden in Hamburg also mindestens 400.000 m3 pro Jahr erforderlich sein. Das sagt natürlich noch nichts über die Größe eines Tanklagers aus. Diese ist allein abhängig vom regelmäßigen Bunkerbedarf der Schiffe sowie vom Volumen und der zeitlichen Folge der Anlieferungen mit Tankschiffen. Nachgedacht wird bei der HPA über ein Tanklager von 40.000 m3.

Bereits für 2015 wird an Nord- und Ostsee eine Nachrüstung von knapp 50 RoPax- und Feeder-Containerschiffen auf den Gasbetrieb ihrer Motoren erwartet. Die größte Zahl der Umbauten wird für 2016 mit rund 75 Schiffen geschätzt. Danach soll die Zahl der Umbauten stetig zurückgehen, während die Zahl der Neubauten mit Erdgasbetrieb der Motoren relativ konstant bei zehn pro Jahr liegen wird. So lauten u. a. die Voraussagen des GL. Um die Motivation der Reeder für derartige Umbauten und damit die Verwendung von Erdgas zu fördern, will die HPA »sauberen« Schiffen Rabatte auf die Hafengebühren einräumen.

Größere Schwierigkeiten als auf RoPax-Fähren und Containerschiffen dürfte es zum Beispiel auf Massengutfrachtern bei der Umstellung auf den Gasbetrieb wegen der Unterbringung des Tieftemperatur­tanks an Bord geben. Das seien zum Teil noch ungelöste Probleme, so der GL.
Hans Jürgen-Reuß