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Der Weg zum umweltfreundlichen Schiffs- und Hafenbetrieb wird in Oslo konsequent gegangen. Die Versorgung mit Landstrom soll Lärm und Schadstoffe während der Liegezeiten reduzieren. Eher kritisch werden hingegen LNG-Terminals in Norwegens Versorgungszentrum gesehen.

Ein Blick auf die Umschlagzahlen des Hafens von Oslo vermittelt einen guten Eindruck von seiner Stellung als Versor­gungszentrum Norwegens[ds_preview]: Im Jahr 2011 liefen mehr als 4.500 Schiffe den Hafen an. Neben 2 Mio. t Öl wurden über 5,7 Mio. t an Stückgütern abgefertigt; davon waren 127.000 Container mit einem Gesamtvolumen von über 1,3 Mio. t Frachtgut. Das bedeutet eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr von annähernd 3,4 % bei der Containerfracht. Gemessen an der Produktivität deutscher Seegüterumschlagplätze rangiert der Hafen von Oslo damit auf Höhe des im innerdeutschen Vergleich an sechster Stelle stehenden Hafens Brunsbüttel.

Doch die zukünftigen Abfertigungsabläufe im Hafen von Oslo sollen noch effizienter gestaltet werden. Dieses geschieht nicht nur vor dem Hintergrund des allgemeinen Bedeutungszuwachses des internationalen Seeverkehrs, sondern auch aus der »inselähnlichen Lage Norwegens«, sagt die Direktorin des Hafens von Oslo, Anne Sigrid Hamran. »Immerhin erreichen wir in weniger als drei Stunden vom Hafen aus im Umland mehr als die Hälfte der Bevölkerung Norwegens«, präzisiert sie.

Dabei sind die jetzigen Liegekapazitäten des Hafens mit seinen 10 km Kailänge eindeutig begrenzt. Denn auch für Kreuzfahrtschiffe ist Oslo attraktiv. Zwar liegt es als touristisches Ziel hinter den klassischen Norwegen-Destinationen Trondheim und Bergen, doch immerhin verbuchte der Hafen in 2011 mehr als 6,6 Mio. Passagiere. Davon brachten allein die drei täglichen Fähren von Dänemark und Deutschland über 2,3 Mio. Besucher in die Stadt am Oslo-Fjord. Ebenso führten die 174 Kreuzfahrtschiffe, die 2011 Oslo anliefen, mit mehr als 300.000 Passagieren zu einem Rekordzuwachs von über 20 %. Damit hatte sich in den letzten zehn Jahren die Anzahl der Kreuzfahrtpassagiere bereits mehr als verdreifacht. Auch mit Blick auf diese Steigerungsrate hatte eine Expertengruppe den zukünftigen Bedarf an Kreuzfahrtterminals von jetzt zwei auf sechs (plus ein Reserveterminal) bis zum Jahr 2025 ermittelt.

Der stetige Anstieg der Umschlagmengen und der Besucherzahlen hat für die Verantwortlichen des Hafens seit geraumer Zeit Fragen des Umweltschutzes und Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung in den Mittelpunkt gerückt. Ein Meilenstein auf diesem Weg ist sicherlich die Versorgung der Schiffe mit landseitigem Strom – auch »Cold Ironing« genannt – während ihrer Liegezeit im Hafen. Seit Mitte des vergangenen Jahres können sich speziell dafür ausgerüs­tete Kreuzfahrtschiffe der norwegischen »Color Line«-Reederei bei ihrem Stopp in Oslo Energie »aus der Steckdose« holen. Die Kosten für die Umrüstung der Schiffe und die technische Einrichtung im Hafen beliefen sich auf umgerechnet rund 3 Mio. €. Sowohl für die Reederei, die dabei zwei Drittel der Investitionskosten übernahm, als auch für den Hafenbetreiber steht der Nutzen dieser Investition außer Frage. Denn die Rentabilitätsberechnungen, erstellt auf der Grundlage allgemeiner norwegischer Verbrauchswerte, weisen aus, dass bei Verwendung von Landstrom beispielsweise bei zwei Kreuzfahrtschiffen die Emission von Treibhausgasen (GHG) um 3.000 t jährlich verringert wird. Dieses würde einer Menge entsprechen, wie sie 1.700 Autos pro Jahr ausstoßen. Bei den Nitrogenoxiden, für die Kreuzfahrtschiffe in Norwegen seit 2007 eine Gebühr entrichten müssen, wird eine Reduzierung um 50 t jährlich erwartet.

Nicht nur vor dem Hintergrund des 2015 in Kraft tretenden Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung, MARPOL Annex VI, mit dem der Schwefelanteil im Schiffskraftstoff auf 0,1 % festgelegt wird, ist es nach Ansicht von Anne Sigrid Hamran sinnvoll, sich mit Fragen des Umweltschutzes auseinander zu setzen. »Wir wollen das mit dem norwegischen Öl verdiente Geld für eine umweltverträgliche, nachhaltige Infrastruktur verwenden«, beschreibt sie die grundsätzliche Ausrichtung des bis 2025 angelegten Hafenentwicklungsplanes »Fjord City«. Dass bei diesem Prozess, insbesondere an der Schnittstelle zwischen Hafen- und Stadtentwicklung, auch Probleme auftauchen können, sieht sie bei möglichen Planungen im Bereich Flüssigerdgas (LNG) gegeben. »Die Menschen haben Angst vor dem Gas«, kommentiert sie den schwierigen Weg, die öffentliche Meinung positiv zu stimmen für projektierte Flüssiggasterminals in einem neu auszuweisenden Teil des Hafens. Auch die in der Natur eines Hafens liegende Problematik der Lärmemissionen fließt mit ein in die Überlegungen zur raumplanerischen Weiterentwicklung des Areals. Neben einer möglichen Lärmreduzierung durch die Verwendung von Landstrom sieht Hafenmanagerin Hamran hier beispielsweise auch geeignetes Kompensationspotenzial durch die Ansiedlung von lärmemittierenden Freizeiteinrichtungen in der Nachbarschaft zum Hafen.

Neben diesen umfangreichen Maßnahmen zum Schutz der maritimen Umwelt in der Hafen- und Küstenregion, die in Oslo landseitig auf den Weg gebracht werden, bieten sich aber auch für die Schifffahrt weitere Möglichkeiten, hier einen Beitrag zu leisten. Parallel zur Umstellung auf »emissionsfreundlichere« Kraftstoffe und einer Reihe von maschinenbautechnischen Verbesserungen gewinnen Aspekte des Umweltschutzes im Zusammenhang mit dem operationellen Betrieb eines Schiffes an Bedeutung. Die IMO unterstützt und forciert diese Bestrebungen unter anderem mit der Entwicklung und Einführung entsprechender Trainings- und Ausbildungsmaßnahmen, wie zum Beispiel dem, unter Federführung der World Maritime University Malmö und in enger Kooperation mit norwegischen, dänischen, deutschen und japanischen Institutionen erarbeiteten IMO Model Course »Energy efficient operation of ships«.

Auf die Vermeidung von Lärmbelästigungen und die Minimierung des Ausstoßes der oben thematisierten gesundheitsschädlichen Stoffe wie Rußpartikel und Gase (Kohlendioxid, Schwefel- und Stickstoffoxide) kann auch durch optimierte Fahrt- und Manöverstrategien beim Ein- und Auslaufen positiv hingewirkt werden. Einen entsprechenden Nachweis erbrachten Simulationsversuche, die im Rahmen eines internationalen Forschungs- und Entwicklungsprojektes der World Maritime University Malmö in Zusammenarbeit mit der Hochschule Wismar (Bereich Seefahrt, Warnemünde), der University of Catalonia (Barcelona) und dem Australian Maritime College der University of Tasmania durchgeführt wurden. Ein stark frequentierter Fährhafen wie Oslo, der zudem auch im Kreuzfahrtbereich expandiert, würde auf seinem Weg zum »Green Port« von der Anwendung dieser Forschungs­ergebnisse sicherlich einen positiven Nutzen ziehen können.


Dr. Birgit Nolte-Schuster