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Anlässlich der 25. SMM hat die HANSA beim Hamburger Messechef Bernd Aufderheide und SMM-Geschäftsbereichsleiter Peter Bergleiter nachgefragt, welchen Weg die Schiffbaumesse in der Zukunft nehmen wird. Einig waren sich die Manager, dass dabei Klasse vor Masse geht und die Internationalisierung fortschreitet

Welche Highlights erwarten die Besucher auf der diesjährigen SMM und welche Trends zeichnen sich ab?

Peter Bergleiter: Gerade[ds_preview] für führende europäische Aussteller ist es wichtig, sich mit großen Ausstellungsstücken zu präsentieren. So stellt auch dieses Jahr die Mecklenburger Metallguss GmbH einen 97 t schweren Propeller auf dem Messevorplatz aus, der direkt im Anschluss nach China transportiert wird.

Insgesamt geht der Trend hin zur weiteren Internationalisierung. Gerade die Anzahl asiatischer Aussteller nimmt stetig zu. Auch zeichnet sich nicht nur in Asien, sondern stark in Europa eine Fokussierung auf die Spezialisierung in Bereichen wie Offshore- und Umwelttechnik ab. Dieses Jahr haben wir mit Bulgarien und Argentinien zudem zwei neue Länderpavillons, insgesamt werden es 28 sein.

Wie hat sich der Anteil deutscher und europäischer Aussteller im Vergleich zu Unternehmen aus Übersee entwickelt?

Bernd Aufderheide: Für diese Messe kann man das noch nicht abschließend sagen. Die eigentliche Arbeit fängt an, wenn alle Anmeldungen eingegangen sind. Dann werden Platzierungen koordiniert, wer zu wem passt, welche Gruppen bzw. Ländergruppen kommen und wer welchen Produktbereichen zugeordnet werden kann. China kommt beispielsweise mit vier Gruppenbeteiligungen. Manche Firmen präsentieren sich in Länderpavillons, andere teilen sich einen Stand mit Partnern oder haben selbst Tochterunternehmen, die sie mit darstellen. Nach diesem Prozess hat man erst die tatsächlichen Ausstellerzahlen.

Aber wir verzeichnen schon jetzt mit über 2.000 Firmen einen neuen Rekord. Wir haben etwa ein Drittel nationale und zwei Drittel internationale Aussteller. Im Laufe der Jahre hat eine Umkehrung stattgefunden, von einer rein deutschen zu der heutigen Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft. Europa war und ist als Technologieführer seit Beginn der SMM dabei.

Bergleiter: Ergänzend kann man noch sagen, dass China, bezogen auf die gebuchte Fläche, auf Rang fünf vorgestoßen ist und damit Dänemark überholt hat, nach der Anzahl der Firmen liegt es auf dem zweiten Platz direkt hinter Deutschland.

Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, welchen Ausstellern Sie den Zuschlag erteilen?

Aufderheide: Eine Messe wie die SMM muss weltweit den Anspruch haben, nicht nur Masse zu zeigen, sonst würden wir uns nicht unterscheiden von den nachfolgenden Messen. Unser Anspruch ist es, Status und Zukunft der maritimen Technologien und Technik darzustellen.

Bergleiter: Wir achten sehr darauf, nicht nur Fläche zu vermieten, sondern auch zu schauen, was für Produkte präsentiert werden. Wir sind viel auf anderen Märkten unterwegs, um sich abzeichnende Trends und Innovationen zu erkennen. Wichtig ist die Mischung zwischen kleineren innovativen Firmen mit neuen Lösungen und den bekannten Großunternehmen.

Um zu beurteilen, wer als Aussteller in Frage kommt, muss man schon sehr tief in der Materie drin stecken. Haben Sie dafür Experten oder machen Sie das selbst?

Bergleiter: Wir sind gut vernetzt und greifen auch auf die Unterstützung der Verbände zurück. Die kennen den internationalen Wettbewerb. Beispielsweise stellt der VDMA auch Anwälte auf der Messe zur Verfügung, die sich um die Problematik der Plagiate kümmern.

Aufderheide: Leider ist das Plagiatsproblem mittlerweile auch im Schiffbau Realität geworden. Früher kannte man das mehr von Konsumgütermessen.

Die Besucher- und Ausstellerzahlen zeigen – mit Ausnahme in der Mitte der 1980er Jahre – bei jeder Messe nach oben, sind trotzdem Auswirkungen der jüngsten Krise erkennbar?

Aufderheide: Die Struktur der Messe entwickelt sich immer weiter. Direkte Auswirkungen der Krise merken wir bei der SMM kaum. Es gibt weiter ein steigendes Interesse, sich auf der Weltleitmesse zu präsentieren und Geschäfte zu tätigen. Aber leider existieren aufgrund der Konsolidierung des Marktes einige Firmen nicht mehr und fallen deshalb als Kunden weg. Die Angebotsstruktur selbst hat sich nicht geändert, nur die Regionen.

Bergleiter: Messen sind das effizienteste Werkzeug, um den Kunden Produkte vorzustellen. Antizyklisch muss gerade in Krisenzeiten in Marketing und Vertrieb inves­tiert werden.

Sie müssen schon anbauen und Aussteller ablehnen: Wie wollen Sie die steigende Nachfrage künftig befriedigen?

Bergleiter: Für uns gilt »Qualität vor Quantität«. Wir setzen weiterhin auf eine gute Mischung von arrivierten Marktplay­ern und kleinen innovativen Firmen. Hinzu kommt die Internationalisierung. Wir präsentieren uns auf den wichtigsten Messen im Ausland, um die Flagge der SMM weiterzutragen. Genauso tragen die SMM Istanbul und die SMM India dazu bei. So ist der Anteil an türkischen Ausstellern 2012 um 30 % gewachsen. Wir haben in diesem Jahr zudem die Ausstellungsfläche um eine weitere Halle für die Darstellung des neuen Produktbereiches maritime Security & Defence vergrößert.

Gibt es Pläne, die Ausstellungsfläche von über 90.000 m2 durch den Bau weiterer Hallen zu vergrößern?

Aufderheide: Dazu müssen die Kosten, die eine größere Ausstellungsfläche über das gesamte Jahr – nicht nur zur SMM – verursacht, betrachtet werden. Das Vorhalten riesiger Kapazitäten belastet am Ende den Steuerzahler, sofern es ein öffentlicher Eigentümer ist. Hamburg hat da einen guten Weg gefunden. Außerdem gibt es noch an anderer Stelle Flächen, die genutzt werden könnten, wie beispielsweise 7.000 m2 im CCH Congress Center Hamburg.

Wenn sich bestimmte Marktsegmente verselbständigen oder auch Zielgruppen­überschneidungen größer werden, gibt es noch die Möglichkeit, mit einer Ausgliederung, wie im Fall der Seatrade Europe für das Kreuzfahrtsegment, zu reagieren.

Bergleiter: Der Trend geht weg von dem Anspruch, alles anzubieten, hin zu sehr fachbezogenen Messen. Ende der 1990er Jahre ist die SMM enorm gewachsen, woraufhin wir die bestehenden Produktbereiche geschaffen haben. Die Zeit des Entlangschlenderns und des Hier-und-dort-Grüßens sei vorbei, wie ein bekannter Reeder einmal sagte. Heute kauft der Kunde gezielt ein. Der Reeder geht beispielsweise zu den Werften, zu den Antriebsherstellern, zum Navigations- und IT-Bereich und schaut sich die Sicherheitstechnik an. In ein oder zwei Hallen gibt es zu jedem Produktbereich alles, was der Markt zurzeit anbietet. Dieses Konzept wird mittlerweile auch von einer Reihe anderer Messen übernommen.

Wie wird die Messe in zehn Jahren ausgerichtet sein?

Aufderheide: Die SMM wird auch in zehn Jahren die Weltleitmesse mit der größten Internationalität und Qualität in einer der wichtigsten maritimen Metropolen sein.

Bergleiter: Am Ende sind wir natürlich Dienstleister für die Kunden. Wir haben konzeptionelle Anpassungen vorgenommen, so ist unter anderem der Kongress MS&D für den Nischenbereich Marineschiffbau Teil der diesjährigen SMM. Angebote von Werften, Systemlieferanten und weiteren Zulieferern zu maritimen Sicherheits- und Verteidigungsthemen werden parallel präsentiert. So werden neue Besuchergruppen erschlossen, und die Aussteller können beide Bereiche, kommerzieller und Marineschiffbau, nutzen, um zwei Kundengruppen auf der gleichen Veranstaltung zu treffen. Auch in zehn Jahren wird die SMM die maritime Wirtschaft widerspiegeln.

Einen stärkeren Fokus legen Sie offenbar auch auf das Thema Offshore.

Bergleiter: Der SMM Offshore Dialogue findet in diesem Jahr zum zweiten Mal statt. Das Bundeswirtschaftsministerium hat die SMM in den Nationalen Masterplan Maritime Technologien (NMMT) aufgenommen – als sehr gute Möglichkeit für deutsche Firmen, international in Interaktion zu treten. Dieses Jahr wird der SMM Offshore Dialogue den Fokus auf Märkte wie Öl und Gas sowie Offshore-Wind richten. Tiefseebergbau als Zukunftsthema findet sich auf der angegliederten viertägigen Sonderschau wieder, wie auch die Ausstellung »Faszination Offshore« der Stiftung Offshore-Windenergie.

Schlägt sich die Meerestechnik bei den Ausstellern nieder?

Bergleiter: 80 % der Aussteller sind Zulieferer, die zum Teil auch in diesem Bereich aktiv sind, etwa Atlas Electronik oder Aker Solutions. Als Zertifizierer tritt der Germanische Lloyd auf mit seiner Öl- und Gas-Tochter Noble Denton oder Garrad Hassan im Windbereich. Nicht zu vergessen sind eine Reihe von Forschungsinstituten und der wachsende Gemeinschaftsstand der Gesellschaft für Maritime Technik (GMT) in Halle B6.

Sie sprachen Ihre Auslandsmessen in Indien und der Türkei an. Ist es denkbar, auch an andere Standorte zu gehen, etwa Brasilien, Russland oder Dubai, wenn der Markt noch einmal richtig Schwung bekommt?

Bergleiter: Als wir 2009 nach Istanbul und Indien gegangen sind, haben wir zwei Jahre vorher ein Screening der Märkte durchgeführt, was regelmäßig auch mit anderen potenziellen Standorten erfolgt. Hinzu kommen Anfragen von den Kunden selbst. Dann stellt sich auch die Frage, welche Veranstaltungen bereits existieren und ob eine Kooperation einer eigenen Veranstaltung vorzuziehen ist.

Was zum Beispiel Brasilien angeht, so gibt es dort bereits diverse Veranstaltungen. Brasilien ist ein sehr protektionistischer Markt, es muss vor Ort produziert werden, denn die Importzölle sind unverhältnis­mäßig hoch. Wir bieten auch zu einigen etablierten Messen Delegationsreisen für deutsche Reeder und Zulieferer an.

Die Reaktionen auf die SMM Istanbul waren verhalten. Zudem fand sie zuletzt im Januar 2011 statt, die nächste Ausgabe ist erst im Februar 2014. Warum pausiert sie 2013 – und wie soll der zeitliche Turnus künftig sein?

Bergleiter: Wir haben den Termin von vier Monaten nach der SMM in Hamburg auf sieben Monate davor verlegt. Denn es ist für den Kunden angenehmer, regional eine Messe zu machen und einen Kongress zu besuchen, um dann ein halbes Jahr später auf der Weltleitmesse die Kontakte zu vertiefen und mit weiteren internationalen Kunden zu sprechen.

Außerdem gehen wir das nächste Mal auf die asiatische Seite Istanbuls, da sich die Werftgebiete Tuzla und Yalova dort befinden und der Weg von der europäischen Seite dorthin recht lang ist. Das neue Convention Center liegt direkt vor der Haustür der Werften.

Zwar ist auch die Türkei stark von der Schiffbaukrise getroffen worden. Trotzdem verzeichnet die Wirtschaft dort aber stetige Wachstumsraten. Außerdem ist es eine Brücke nach Asien. Wir haben traditionell gute Beziehungen, die sich nicht nur auf die Lieferung von U-Booten beschränken, sondern auch Kooperationen bei den Zulieferern beinhalten, die Werften arbeiten miteinander, wie auch die Ministerien.

In Ihrem zweiten Auslandsmarkt Indien ist die Schiffbauentwicklung zurzeit sehr verhalten, Auftragseingänge und Ablieferungen gehen deutlich zurück, die Wachstumshoffnungen auch vieler deutscher Zulieferer haben sich nicht erfüllt. Wie ist die Perspektive für die SMM India, die wieder im April 2013 ihre Tore öffnet?

Aufderheide: Beide Messen dort waren bisher in ihrer Entstehung und Durchführung erfolgreich. Unabhängig von einer bestimmten Branche ist Indien ein schlafender Gigant oder eine »Sleeping Beauty«. Die SMM India im April 2013 wird ein Teil der 50. National Maritime Week sein – eine Kooperation, die für uns ganz besonders ist.

Bergleiter: Indien ist immer noch ein vielversprechender Markt. Allein die Route zwischen Hamburg und Mumbai gehört zu den meistbefahrenen der Welt. Am Transportaufkommen sollte es in Zukunft nicht scheitern. Hinzu kommt, dass es ein sehr ambitioniertes staatliches Förderprogramm gibt. Es werden Milliarden in Infrastrukturmaßnahmen investiert. Damit aber die staatliche Verordnung signifikant helfen kann, ist eine klare Strategie für die maritime Industrie in Indien nötig. Dass die kommen wird, bin ich sicher.

Leider kämpfen die Inder auch mit Problemen wie der pünktlichen Ablieferung und der Qualität. Das Potenzial für uns liegt in der fehlenden Zulieferkette. Seitdem wir in Indien aktiv sind, haben sich die Besucherzahlen aus Indien auf der SMM Hamburg verdoppelt.

 

Karina Wieseler, Nikos Späth