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Zum dritten Mal findet in Hamburg die Konferenz Maritime Security and Defense statt, zum zweiten Mal im Rahmen der SMM am 4. und 5. September auf dem Gelände der Hamburger Messe. Eine Vorschau von Eigel Wiese

Während sich Fachleute der maritimen Wirtschaft vom 4. bis 7. September in den Hallen des Hamburger Messegelän­des über effizientere[ds_preview] Antriebstechniken, die Finanzierung von Neubauten, den Stand der Offshore-Technik und viele weitere Themen rund um Schifffahrt und Schiffbau informieren, stehen am 4. und 5. September an gleicher Stelle auch Fragen der Absiche­rung von Schiffen, Seewegen und Hafenanlagen im Mittelpunkt des Kongresses Maritime Security and Defense (MS&D).

Veranstaltungsort ist der Konferenzraum »Marseille« nahe Halle B8 auf dem Gelände der Hamburger Messe. Als Schirmherr fungiert Vizeadmiral a. D. Hans-Joachim Stricker, der entsprechende praktische Erfahrung einbringt. Bis Juli 2010 war er Befehls-

haber der Flotte und hat in dieser Rolle die Entwicklung der Deutschen Marine maßgeblich mitbestimmt. Während der Vorbereitung der Veranstaltung sagte er: »Diese Konferenz deckt sämtliche Fragen ab, die unter Sicherheits- und Verteidigungsaspek­ten kurz- und mittelfris­tig den maritimen Bereich besonders berühren. Es geht um maritime Sicherheit ebenso wie den Kli­mawandel bis zur neuen Dynamik im Offshore-Sektor.«

Stricker führte weiter aus, das Spektrum der heutigen Marineeinsätze habe sich stark erweitert. Zu der klassischen Verteidigung seien viele Aufgaben aus dem Bereich der maritimen Sicherheit hinzugekommen, wie die Kontrolle von Wirtschaftszonen, Katastrophenhilfe – auch in weit entfernt gelegenen Gebieten – sowie die Piratenabwehr und Terrorismusbekämpfung auf See.

Der Kongress ist in drei Panels aufgeteilt. Das erste Panel beschäftigt sich am Dienstag, dem 4. September, mit der sich verändernden maritimen Umwelt. Commander Kjetil Berge vom internationalen Militärstab im NATO-Hauptquartier in Brüssel spricht über die Entwicklungen in diesem Bereich während der vergangenen Jahre. Weiter gibt er eine Vorausschau und zählt auf, welche Konsequenzen dies für Nationen und Organisationen haben wird.

Der Wandel des Klimas ist das Thema von Prof. Dr. Martin Visbeck vom Geomar- Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Er wird ausführen, welchen Einfluss die Veränderungen auf einzelne Regionen der Erde haben werden und welche Konsequenzen die Staaten daraus ziehen sollten.

Über die zukünftige Jagd nach Rohstof­fen, die technischen Möglichkeiten zur Erschließung, besonders in der Arktis, spricht ein namentlich noch nicht benannter Repräsentant von Petrobras, dem halbstaatlichen brasilianischen Mineralölkonzern.

Am Mittwoch, dem 5. September, stehen die beiden Panels »Sicherheit der maritimen Logistik« und »Zukunft der techni­schen maritimen Möglichkeiten« auf dem Programm.

Die Sicherheit der maritimen Logistik ist das Thema von Peter Sonnabend vom Unternehmen DHL Global Forwarding. Die Maßnahmen der Reedereien schildert Mathias Günther, Sicherheitsbeauftragter der Hamburg Süd. Frank Goerke vom Euro­pean Coast Guard Forum erläutert die Sicherheitsmaßnahmen aus Sicht der Küs­tenwache.

Im Themenblock der zukünftigen technischen maritimen Möglichkeiten referiert Kapitän zur See Dr. Jörg Hillmann von der Europäischen Verteidigungsagentur EDA in Brüssel zum Thema »Capability Development – What is needed and how?«. Die gleichzeitige Nutzung ziviler und militärischer Produkte für Verteidigungsaufgaben und das Zusammenwachsen des zivilen und militärischen Bereichs erläutert David Bricknell, Direktor für Systeme und maritime Produktstrategien bei Rolls-Royce.

Worum es dabei geht, präzisiert Schirmherr Hans-Joachim Stricker: »Die Einsatzgebiete der Seestreitkräfte haben sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt, zivile Sicherheit und militärische Verteidigung greifen notwendigerweise immer mehr ineinander.«

Wie Schiffe in Zukunft aussehen und technisch gestaltet sein können, beschreiben Peter Hauschildt von der TKMS-Tochter HDW und Dr. Wolfgang Sichermann von Blohm + Voss Naval, ebenfalls weiterhin zu Thyssen­Krupp Marine Systems gehörend.

Die Piraterie ist während dieser MS&D kein Schwerpunktthema, findet aber gleichwohl Beachtung. Dazu erklärt Schirmherr Stricker: »Das 21. Jahrhundert kann auch als maritimes Jahrhundert bezeichnet werden. Sichere Schifffahrtswege und Seegebiete sind für die Globalisierung und das Wohlergehen von Staaten unabdingbar.« Das Problem der Piraterie müsse weiterhin entschlossen angegangen werden. Dabei dürfe man aber die Gefahr asymmetrischer Bedrohungen, beispielsweise durch Terroristen, nicht aus den Augen verlieren. Hier seien besonders die Häfen zu schützen.

Nach Strickers Ansicht ist die Antipiraterie-Mission Atalanta, an der auch die Deutsche Marine beteiligt ist, zwar erfolgreich, eine endgültige Lösung stehe allerdings noch aus. Er sagte: »Klar ist aber auch, dass der Marineeinsatz nur die Symptome bekämpft und nicht die eigentlichen Ursachen des Phänomens Piraterie beseitigen kann.« Ein positives Signal, wie Seewege sicherer gemacht werden könnten, sei die Straße von Malakka. Dort habe die intensive Zusammenarbeit der Anrainerstaaten bei der Piratenabwehr die Sicherheit für die Seefahrt erheblich erhöht. Das Modell sei aber nicht ohne Weiteres auf die afrikani­sche Küste übertragbar.

Zwar zeigt das zur Internationalen Handelskammer (ICC) gehörende International Maritime Bureau (IMB) in seinem Report für 2011, der sämtliche Angriffe von Pira­ten und Terroristen auf die internatio­nale Schifffahrt weltweit erfasst, mit insgesamt 439 Piratenangriffen einen geringen Rückgang gegenüber 2010 (445 Attacken), aber die Küsten Somalias bleiben mit 54 % aller Angriffe ein Schwerpunkt der Piraterie. Für Kapitän Pottengal Mukundan, Direktor des IMB Piracy Reporting Centre, sind die aktuellen Zahlen dennoch ein Zeichen, dass die verschiedenen Maßnahmen gegen den Seeraub allmählich greifen. Auch dass immer mehr Reeder ihre Schiffe mit bewaffnetem privatem Sicherheitspersonal schützen, erhöhe die Abschreckung, sagte Mu-

kundan im Vorfeld der Tagung.

In Halle B 8 in der Nähe des Kongresssaals können Fachbesucher sich bei Herstellern über Technologien, Systeme und Ausrüstungen von Werften sowie über Systemlieferanten und andere Zulieferer informieren, die zur Verbesserung der Sicherheit beitragen. »Die Teilnehmer können hier gewissermaßen zwischen der Software des Kongresses und der Hardware pendeln«, bringt es Admiral Stricker auf den Punkt.

Er zeigte sich überzeugt davon, dass die Möglichkeiten zur internationalen und nationalen Kooperation noch lange nicht ausgeschöpft sind. Im Bereich Entwicklung und Ausrüstung müsse die Zusammen­arbeit insbesondere in Europa weiter verbessert werden. »Die MS&D bietet unter anderem eine hervorragende Plattform, um weitere Möglichkeiten der Kooperation auszuloten«, so Stricker.


Eigel Wiese