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Sérgio Machado, Vorsitzender der Reederei Transpetro, berichtet über die aktuelle Situation der Werftenbranche Brasiliens und des Flottenerneuerungsprogramms seines Unternehmens als wichtigstem Kunden der einheimischen Schiffbauindustrie

Herr Machado, vor fast zehn Jahren legte Transpetro sein Flottenerneuerungsprogramm auf, und ab 2005 folgten dann die ersten Bestellungen[ds_preview] bei Brasiliens Werften. Welchen Umfang hatte das sogenannte Promef-Programm anfänglich?

Sergio Machado: Die Erstauflage des Promef-Programms umfasste 14 Tanker vom Typ Suezmax, acht vom Typ Aframax und vier Tanker der Panamax-Klasse. Dazu kamen damals noch 23 Schiffe zum Transport von Flüssiggas, Bunkeröl und anderen Produkten. Zwei Jahre später begann die Schiffbauindustrie dann mit der Lieferung von Förderplattformen für Offshore-Öl an unsere Gruppe, wobei die ersten Bohrinseln noch von ausländischen Werften stammten.

Wie weit ist Promef bis jetzt gediehen?

Machado: Von den erwähnten insgesamt 49 Aufträgen gingen seinerzeit 22 an die EAS-Werft im Hafen von Suape bei Recife, zwölf an EISA mit ihrer Werft im Hafen von Rio, acht an STX-Promar in Niteroi, vier an Mauá und drei an Superpesa. Bisher wurden drei Tanker ausgeliefert: die »Celso Fur­tado« und soeben auch die »Sérgio Buarque de Holanda« durch Mauá sowie die »João Cândido« durch EAS.

Wie erklärt sich der schleppende Fortgang bei der Auslieferung von Neubauten?

Machado: Die Verzögerungen sind eine zwangsläufige Folge eines totalen Neubeginns der brasilianischen Schiffbauindus­trie, die schon einmal Platz vier der Weltrangliste nach dem Auftragsbestand hielt. Technische Pannen beim Start kommen im Übrigen in allen Ländern vor. Südkorea zum Beispiel, heute einer der größten Lieferanten der Welt, erlebte bei den zwei ers­ten fertiggestellten Schiffen die Verweigerung der Abnahme durch den betreffenden Reeder, weil sie nicht den technischen Spezifikationen des Kunden entsprachen.

Wie sieht es in dieser Hinsicht mit den an Transpetro gelieferten Tankern aus?

Machado: Die von uns bereits abgenommenen Tanker wurden durch internationale Klassifizierungsfirmen geprüft und entsprechen sämtlichen im Vertrag festgelegten Normen hinsichtlich Qualität, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit.

Gilt das auch für die »João Cândido«, welche ja wiederholt für negative Schlagzeilen sorgte?

Machado: Die Auslieferung dieses Tankers verzögerte sich in der Tat stark und es gab nach den Probefahrten kostspielige Reparaturarbeiten. Nachdem diese durchge-führt sind, zögere ich nicht, die »João Cândido« ein technisch ausgezeichnetes Schiff zu nennen. Die »Celso Furtado«, die im Rahmen des Promef-Programms als erster Tanker an uns ging, erklärte der Verband britischer Schiffbauingenieure sogar zum modellhaften Neubau. Nur am Rande möch-

te ich dabei erwähnen, dass der Local Content bei diesen beiden Schiffen und bei der »Sérgio Buarque de Holanda« mit 70–74 % über der gesetzlich vorgeschriebenen Quote von 65 % liegt – ein Beweis dafür, dass unsere Werftenindustrie technisch rasch wieder dazugelernt hat.

Hat Ihre Gruppe im Rahmen des Promef-Programms letzthin eigentlich auch noch Schiffe vom Ausland her bezogen?

Machado: Ja, obwohl das ursprünglich nicht beabsichtigt war. Unsere Muttergesellschaft Petrobras erhielt 2010 zehn Bohrsonden von nichtbrasilianischen Werften und dieses Jahr folgen weitere 14. Alle sind ohne Local Content – trotzdem gab es bei der ers­ten Lieferung insgesamt 542 Tage Verzögerung und bei der jetzigen sind schon Säumnisse zwischen 86 und 864 Tagen absehbar.

Kürzlich drohten Sie ja, Werften »bestrafen« zu wollen, wenn sie nicht termintreu lieferten.

Machado: Preisabschläge auf verspätete Fertigstellungen sind in unseren Lieferverträgen ohnehin vorgesehen. Das ist in unserer Branche weltweit normal und sollte eigentlich der beste Anreiz für die Werften sein, effizient zu arbeiten. Reicht dieses Mittel im Einzelfall nicht aus, müssen wir allerdings auch an drastischere Maßnahmen denken.

Lorenz Winter