Print Friendly, PDF & Email

Bei Neubauten von deutschen Werften treten besonders bei Anwendung ausländischer Rechtsordnungen gelegentlich Unklarheiten bezüglich der Eigentumsverhältnisse auf. Die deutsche Rechtsprechung wird häufig vernachlässigt, was für Eigner wie auch für Werften erhebliche Folgen haben kann.

1. Einleitung

Schiffsneubauten haben meist ein hohes Auftragsvolumen und Auftraggeber wollen für geleistete Anzahlungen abgesichert sein. Anzahlungsgarantien in[ds_preview] Form von Bank­garantien stellen eine Variante der Absicherung dar, aber hier sind die Möglichkeiten mancher Werften limitiert. Daher tritt die Übertragung des Eigentums an dem Neubau als wichtige Sicherungsvariante hinzu. Umso erstaunlicher ist es, dass die eigentumsrechtliche Zuordnung von Neubauten über eine manchmal mehrjährige Bauzeit bis zur Ablieferung in Bauverträgen mitunter nicht präzise geregelt ist. Eine wirksame Übertragung des Eigentums an einem Schiff im Bau ist von elementarer Bedeutung, allerdings mehr für den Eigner als für die Werft.

Unklarheiten bei der eigentumsrechtli­chen Zuordnung ergeben sich insbesondere dann, wenn sich die Vertragsparteien im Bauvertrag auf die Anwendung einer ausländischen Rechtsordnung einigen, während sich die Bauwerft in Deutschland befindet. Beim Entwurf und der Verhandlung bleiben dann häufig zwingende Vorschriften des deutschen Sachenrechts, nach denen sich insbesondere die Übertragung des Eigentums sowie die Bestellung von Schiffsbauwerkshypotheken richten, unberücksich­tigt. Schiffsbauwerkshypotheken wiederum spielen eine wichtige Rolle bei der ebenfalls zu bedenkenden Absicherung der Werft für ihre zukünftigen Zahlungsansprüche aus dem Bauvertrag gegen den Eigner.

2. Wirksame Eigentumsübertragung

2.1. Bauvertragliche Bestimmungen

Schiffbauverträge werden häufig unter Zu­grundelegung englischen Rechts geschlossen. Solche Verträge befassen sich regelmäßig nur in kurzen Klauseln mit der Übertragung des Eigentums an dem Schiffsbauwerk. Dies hängt damit zusammen, dass hierbei nach englischem Recht weniger gesetzliche Vorgaben zu berücksichtigen sind und es stattdessen in erster Linie darauf ankommt, was die Parteien im Bauvertrag zu der Eigentumsübertragung vereinbaren. So finden sich etwa in Neubauverträgen zur Übertragung des Eigentums Formulierun­gen wie die folgende: »Property in the Vessel and the components and equipment intended for the Vessel shall pass to the Owner upon payment of the third instalment.«

Mit einer derartigen Bestimmung, die nach englischem Recht zu einer wirksamen Eigentumsübertragung führen kann, wären die nach deutschem Sachenrecht zu berücksichtigenden Grundsätze und Voraussetzungen für eine wirksame Übertragung des Eigentums indes nicht erfüllt – mit der Folge, dass das Eigentum am Neubau weiterhin (und entgegen der Vorstellung des Bestellers) bei der Werft verbleibt.

Dies wird den Parteien des Bauvertrages allerdings erst dann bewusst, wenn es vor Ablieferung des Schiffes einmal auf diese Frage ankommen sollte, d. h. insbesondere dann, wenn es zu Streitigkeiten kommt, gegebenenfalls sogar zu einer Beendigung des Bauvertrages, oder in der Insolvenz der Bauwerft.

2.2. Lex rei sitae

Immer, auch wenn ein Neubauvertrag die Anwendung einer ausländischen Rechtsordnung vorsieht, sind die in Deutschland geltenden Bestimmungen für eine wirksame Eigentumsübertragung zu berücksichtigen, wenn sich die Bauwerft in Deutschland befindet. Dies folgt aus einem Grundsatz des deutschen internationalen Privatrechts: Lex rei sitae. Dieser Grundsatz ist in Artikel 43 Abs. 1 EGBGB verankert und lautet wie folgt: »Rechte an einer Sache unterliegen dem Recht des Staates, in dem sich die Sache befindet.«

Dies bedeutet, dass immer und unabhängig von der vereinbarten Rechtsordnung das Recht des Ortes, an dem sich die Sache befindet, für deren sachenrechtliche Zuordnung und damit für die Entstehung und die Übertragung dinglicher Rechte, d.h. insbesondere für die Entstehung und Übertragung des Eigentums, gilt. Ebenfalls von diesem Grundsatz erfasst werden sogenann-

te beschränkt dinglichen Rechte, d. h. gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Pfandrechte wie insbesondere die Schiffsbauwerkshypothek. Der Lex-rei-sitae-Grundsatz ist zwingend und kann daher nicht durch vertragliche Bestimmungen abbedungen werden.

2.3. Zwingende Bestimmungen des deutschen Rechts

Anders als im englischen Recht ist es bei einer Eigentumsübertragung nach deutschem Recht so, dass die Parteien sowohl mit den vertraglichen Regelungen als auch bei der tatsächlichen Umsetzung des Vertrages die gesetzlichen Anforderungen erfüllen müssen, die das deutsche Sachenrecht vorgibt. Hierbei ist eine Besonderheit des deutschen Rechts unbedingt zu beachten: das Abstraktionsprinzip. Nach dem Abstraktionsprinzip erfolgt die Übereignung einer Sache (dingliches Erfüllungsgeschäft) unabhängig von dem der Übereignung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag oder Werkvertrag). Es handelt sich also um zwei strikt voneinan­der zu trennende Rechtsgeschäfte. Der Vorteil des Abstraktionsprinzips ist die daraus resultierende Rechtssicherheit für den Erwerber. Voraussetzung für eine wirksame Eigentumsübertragung nach deutschem Sachenrecht ist die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang sowie die tatsächliche Übergabe der Sache.

Da sich ein Schiff in der Bauphase im Besitz der Werft befindet und somit bis zur Fertigstellung keine Verschaffung des unmittelbaren Besitzes und damit keine tatsächliche Übergabe an den Eigner erfolgt, muss anstelle der für die Übereignung erforderlichen tatsächlichen Übergabe ein Übergabesurrogat zwischen den Vertragspartei­en vereinbart werden.

Dies kann in der Weise erfolgen, dass die Werft dem Eigner den Besitz mittelt anstatt ihm den unmittelbaren Besitz zu verschaffen (Besitzmittlungsverhältnis). Das Gesetz bietet den Parteien verschiedene Möglichkeiten, ein solches Besitzmittlungsverhältnis zu begründen. Es reicht bereits aus, wenn sich die Vertragsparteien darüber einig sind, dass die Sache bis zur tatsächlichen Übergabe unentgeltlich durch den Veräußerer für den Erwerber verwahrt werden soll (Verwahrungsvertrag als Besitzmittlungsverhältnis).

Sowohl die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang als auch die Vereinbarung des Besitzmittlungsverhältnisses müssen den gesetzlichen Anforderungen genügen und dementsprechend präzise in dem Neubauvertrag formuliert werden, um einen wirksamen Eigentumsübergang sicherzustellen.

Darüber hinaus gilt es einen weiteren Grundsatz des deutschen Sachenrechts zu beachten: den Bestimmtheitsgrundsatz. Danach setzt eine wirksame Eigentumsübertragung voraus, dass die zu übereignende Sache hinreichend bestimmt bezeichnet wird, und zwar so, dass für einen fiktiven Dritten (den Rechtsverkehr) erkennbar wird, an welcher Sache das Eigentum auf wen übergeht.

Für das Schiffsbauwerk selbst, das mit seiner Baunummer bezeichnet wird, ist dies kein Problem. Problematisch ist die Einhaltung des Bestimmtheitsgrundsatzes aber im Hinblick etwa auf Equipment, das für den Neubau beschafft und auf dem Gelände der Bauwerft gelagert wird. Dies gilt insbeson­dere dann, wenn die Übereignung Zubehörteile erfassen soll, die unter Eigentumsvor­behalt oder erst zukünftig von Subunternehmern an die Bauwerft geliefert werden (sogenannte antizipierte Übereignung).

Um auch für solche Zubehörteile den Bestimmtheitsgrundsatz zu wahren, ist es erforderlich, eine Regelung in den Vertragstext aufzunehmen und faktisch umzusetzen, die sicherstellt, dass künftig hinzukommendes Equipment hinreichend als Eigentum des Eigners bestimmt werden kann. Hierzu wird regelmäßig vereinbart, dass alle für den Neubau bestimmten Zubehörteile bei Ankunft auf der Werft mit der Baunummer des Schiffes gekennzeichnet und in einem zuvor bestimmten, deutlich abgegrenzten Raum in den Hallen der Werft gelagert werden. Auch die Aufnahme auf der Werft angelieferter Teile in ein Protokoll ist ratsam

Nur wenn der Bauvertrag sämtliche der vorgenannten Anforderungen des deutschen Sachenrechts erfüllt und diese Anforderungen auch bei der Umsetzung des Vertrages berücksichtigt werden, ist eine wirksame Übertragung des Eigentums an dem Schiffsneubau sowie an den zu dem Neubau gehörenden Teilen auf den Eigner zu dem zwischen den Vertragsparteien gewünschten Zeitpunkt sichergestellt. Anderenfalls bleibt die Eigentumssituation unklar mit der häufigen Folge, dass das Eigentum an dem Schiff entgegen der in dem Vertrag vorgesehenen Regelung bei der Werft bleibt.

2.4. Schiffs(bau)register

In Deutschland ist es möglich, Schiffsneubauten bereits in der Bauphase, und zwar ab der Kiellegung, in das Schiffsbauregister des Bauortes eintragen zu lassen. Eine solche Eintragung führt aber nicht dazu, dass Unklarheiten im Hinblick auf die Eigentums­situation beseitigt werden. Bei bereits fertiggestellten Schiffen, die in das Schiffsregister eingetragen sind, ist dies anders. Das Eigentum an solchen Schiffen kann nach deutschem Recht nur durch Einigung und Eintragung in das Schiffsregister übertragen werden. Die Eintragung in das Register ersetzt dabei die ansonsten für eine Übereignung erforderliche Übergabe der Sache.

Dies gilt allerdings nicht für Schiffsbauwerke. Hier kann zwar eine Eintragung in das Schiffsbauregister erfolgen, eine Verpflichtung zur Eintragung von Schiffsbauwerken in das Schiffsbauregister besteht aber nicht. Die freiwillige Anmeldung zur Eintragung erfolgt einzig zu dem Zweck, zusammen mit der Eintragung des Eigentums eine Schiffshypothek eintragen zu lassen, und ist auch nur zu diesem Zweck zulässig.

Die Eintragung in das Schiffsbauregister hat keine konstitutive Wirkung für die Eigentumsentstehung bzw. -übertragung, d. h. mit einer (falschen) Eintragung des Eigentums zugunsten des künftigen Eigners wird nicht tatsächlich auch das Eigentum am Schiffsbauwerk auf diesen übertragen. Es kann daher sein, dass in der von der Werft gegenüber dem Register abzugebenden Eintragungs­bewilligung der Eigner als Eigentümer bezeichnet wird, obwohl das Eigentum man­-

gels hinreichender vertraglicher Regelungen noch gar nicht auf ihn übergegangen ist und es auf diese Weise zu einer mit der tatsächlichen Rechtslage nicht übereinstimmenden Registereintragung kommt.

2.5. Absicherung der Werft

Wird das Eigentum in der Bauphase auf den Eigner übertragen, kommt es aber auch für die Werft darauf an, für künftige Zahlungsansprüche aus dem Bauvertrag hinreichend abgesichert zu sein. Auch hierzu enthalten Bauverträge regelmäßig zu knappe und unbestimmte Regelungen.

In Bauverträgen nach englischem Recht ist häufig ein »Builders’ Lien« vorgesehen. Hierbei handelt es sich lediglich um ein Zurückbehaltungsrecht. Das Recht der Werft, das Schiffbauwerk zu verwerten und sich aus dem Erlös zu befriedigen, folgt aus dem Zurückbehaltungsrecht nicht. Sofern die Werft vom Eigner keine Zahlungsgarantien erhält, ist die Schiffsbauwerkshypothek das einzig werthaltige Sicherungsmittel für künftige Baupreisforderungen. Nach § 648 Abs. 2 BGB hat die Bauwerft einen Anspruch gegen den Eigner auf Einräumung einer Schiffsbauwerkshypothek. Für diesen schuldrecht­lichen Anspruch gilt allerdings der Lex-rei-sitae-Grundsatz nicht – mit der Folge, dass ein gesetzlicher Anspruch auf Einräumung einer Hypothek bei Verträgen, welche englischem Recht unterliegen, nicht besteht. Ebenso präzise wie die Eigentumsübertragung muss daher in Bauverträgen auch die Bestellung einer Schiffsbauwerkshypothek zugunsten der Werft geregelt werden.

3. Auswirkungen und Fazit

Wird ein Neubauprojekt vertragsgemäß abgewickelt, bleiben eigentumsrechtliche Unklarheiten in der Bauphase in der Regel unentdeckt und ohne Konsequenzen, da mit Ablieferung des Schiffes konkludent auch die dingliche Einigung und gleichzeitig auch die tatsächliche Übergabe vollzogen werden. Damit liegen die Voraussetzungen für einen wirksamen Eigentumsübergang nach deutschem Recht in diesem Zeitpunkt vor.

Die Nichtberücksichtigung des deutschen Rechts kann aber dann vielschichtige Konsequenzen haben, wenn es in der Bauphase zu Problemen zwischen Werft und Eigner kommt, so etwa bei einer Beendigung des Bauvertrages durch eine der Parteien mit einer anschließenden Auseinandersetzung darüber, wer Eigentümer des Schiffsbauwerks ist. Ist der Eigner bereits im Schiffsbauregister als Eigentümer eingetragen, obwohl das Schiff tatsächlich noch im Eigentum der Werft steht, besteht u. U. die Möglichkeit, dass der Eigner das Schiff bereits weiter veräußert und der Erwerber aufgrund der (falschen) Registereintragung gutgläubig und wirksam Eigentum an dem Neubau erwirbt.

Für den Eigner kann eine zu seinen Las­ten unklare Eigentumssituation u. a. erhebliche Folgen haben, wenn es zu einer Insolvenz der Werft in der Bauphase kommt. Das einem Eigentümer in einem solchen Fall zustehende Aussonderungsrecht kann der Eigner (mangels Eigentum) dann nicht geltend machen – mit der Folge, dass der Neubau Vermögensbestandteil der Insolvenzmasse wird, anstatt dem Eigner im Wege der Aussonderung übergeben zu werden.

Weitere Konsequenzen können sich auch in Zusammenhang mit im Schiffsbauregister eingetragenen Hypotheken ergeben, insbesondere für die Gläubiger der gesicherten Forderungen, aber auch für die Werft als tatsächliche (aber nicht eingetragene) Eigentümerin des belasteten Schiffes.

Um diesen Unsicherheiten und den damit verbundenen Folgen von vornherein zu begegnen, muss bereits bei der Verhandlung und Gestaltung der Bauverträge für Schiffe auf deutschen Werften genauestens auf die Einhaltung der nicht abdingbaren Vorschriften des deutschen Sachenrechts geachtet werden. Deren Einhaltung und Umsetzung ist eng mit dem Projektmanagement ab­zustimmen und von diesem während der Bauphase, insbesondere in Bezug auf hinzu­kommendes und auf der Werft gelagertes Equipment, sicherzustellen. So können zeit- und kostenintensive streitige Auseinandersetzungen vermieden werden.

Autoren:

Dr. Michael Baumhauer m.baumhauer@taylorwessing.com

Dr. Dino Duderstadt D.Duderstadt@taylorwessing.com

Michael Baumhauer, Dino Duderstadt