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An den ersten Einsatz von Wechselmotoren auf Gastankern als Hauptantrieb zur vernünftigen Nutzung des verdunsteten Teils der Ladung erinnert

Der Betrieb von Dieselmotoren mit flüssigem oder gasförmigem Kraftstoff ist nicht neu – auch nicht für die Schifffahrt. Während des Zweiten[ds_preview] Weltkriegs wurden in Deutschland bereits von mehreren Moto­renherstellern auf der Basis von Dieselmotoren Gasmotoren für den Schiffsantrieb entwickelt. Bei Sulzer in Winterthur entstanden zur selben Zeit die ersten Großmotoren für den Wechselbetrieb mit Dieselkraftstoffen und Gas. Und Sulzer richtete rund 30 Jahre später auch das erste Schiff mit einem Wechselmotor aus – den LNG-Tanker »Venator«.

Die »Venator« war ihrer Zeit weit voraus. Sie erhielt einen Siebenzylindermotor mit einer maximalen Leistung von 20.300 PS bei einer Drehzahl von 122 min-1, die allerdings nur beim Betrieb mit Dieselkraftstoff bzw. einem Anteil von maximal 48 % Gas erreicht wurde. Um das Gas zuverlässig zu zünden, arbeitete der Motor im Gasbetrieb mit dem bekannten Zündstrahlverfahren.

Sulzer hatte Mitte der 1960er Jahre mit den Vorbereitungen begonnen, seine langsamlaufenden Zweitaktmotoren für den Betrieb mit Erdgas einzurichten. Die Entwicklung zielte auf den Antrieb von LNG-Tankern, um das während der Fahrt in den Ladetanks verdunstende Gas als Kraftstoff nutzen zu können, statt es mit zusätzlichem Energieaufwand wieder zu verflüssigen. Leider blieb es mit der 1972 in Dienst gestellten »Venator« bei einer einzelnen Anwendung.

Heute entspricht die Ausrüstung von LNG-Tankern mit Wechselmotoren dem Stand der Technik, obwohl unverändert zahlreiche Tanker von reinen Dieselmotoren angetrieben werden, die mit verhältnismäßig geringem Aufwand auf den Wechselbetrieb umgebaut werden könnten. Ein klares Indiz für fehlende Sensibilität in Sachen Umweltschutz. Das erste in Deutschland gebaute Schiff mit einem Wechselmotor als direktem mechanischen Hauptantrieb wird der von Anthony Veder bei der Meyer Werft bestellte und vollständig auf der Neptun Werft in Rostock gebaute LNG-Tanker mit einer Kapazität von 15.600 m3 werden, der im Dezember dieses Jahres abgeliefert werden soll. Das Schiff erhält als Hauptantrieb einen Achtzylinder-Wechselmotor von Wärtsilä aus der Baureihe 50 DF mit einer Leis­tung von 7.800 kW bei einer Drehzahl von 500 min-1. Der mittelschnelllaufende Viertaktmotor gibt seine Leistung über ein Getriebe auf einen Verstellpropeller ab.

Obwohl es sich um einen direkten mechanischen Antrieb des Propellers handelt, arbeitet der Motor nach Auskunft von Wärtsilä mit einer äußerst geringen Zündölmenge von nur 1 g/kWh des Volllastverbrauchs. Dasselbe gilt für die Motoren der beiden Bordaggregate. Sie werden von Wechselmotoren der Baureihe 20 DF angetrieben. Wie aus Fachkreisen zu hören war, erhielt Wärtsilä den Auftrag, da Anthony Veder auch die Motoren der Bordaggregate mit Erdgas betreiben will und außer Wärtsilä gegenwärtig kein anderes Unternehmen in der Lage ist, das gesamte Spektrum mit Viertakt-Wechselmotoren beliefern zu können.

Abgesehen von LNG-Tankern gibt es sowohl in der See- wie in der Binnenschifffahrt zurzeit nur einzelne Anwendungen von Wechselmotoren für Haupt- und Hilfsantriebe, die allerdings auch nur regional Bedeutung haben. Was fehlt, sind allgemein gültige Regelwerke für den Bau und den Betrieb von Schiffen mit Gasmotoren als Haupt- und Hilfsantriebe. Darüber können auch nicht die zweifellos erfolgreichen Arbeiten von Det Norske Veritas (DNV) und anderen Klassifikationsgesellschaften hinwegtäuschen. International gesehen liegt DNV dennoch an der Spitze mit der Ausarbeitung von Studien und Regelwerken für den Einsatz von Flüssigerdgas auf See und in den Häfen. Unter dem Druck der Rahmenbedingungen und der ausländischen Konkurrenz hat die Hamburger Hafen- und Schifffahrtsbehörde (HPA) vor wenigen Wochen erklärt, sie wolle die formalen Voraussetzungen schaffen, damit ab Anfang 2015 im Hamburger Hafen Flüssigerdgas als Kraftstoff von Schiffen aller Art verwendet und gebunkert werden kann. Die Realisierung des Einsatzes von sogenannten E-Power-Bargen schon im Jahr 2013 hielt man bei der HPA noch im Juni dieses Jahres allerdings für ausgeschlossen.
Hans-Jürgen Reuß