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Rund 450 Teilnehmer haben den Offshore Dialogue zu einer der bestbesuchten Veranstaltungen im Rahmenprogramm der SMM gemacht. Die Herausforderungen des Öl- und Gas- sowie des Windmarktes wurden diskutiert.

Bei der zweiten Auflage des SMM Offshore Dialogues nach der Premiere 2010 haben am dritten Messetag der diesjährigen SMM 450[ds_preview] Experten über die Herausforderungen und Chancen des internationalen Offshore-Marktes diskutiert. Während es im ersten Teil des Workshops, den Hamburg Messe und Congress mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) veranstaltete, um die Öl- und Gas-Branche ging, stand im zweiten Teil die Offshore-Windenergie im Mittelpunkt. Die Menschheit werde noch eine Weile auf Öl und Gas angewiesen bleiben, machte Dr. Manfred Schubert, Leiter der Unterabteilung Industrie im BMWi, in seiner Begrüßung deutlich. Für eine sichere und umweltfreundliche Förderung von Vorkommen in immer größeren Wassertiefen müssten geeignete Technologien entwickelt werden: Hier hätten deutsche Unternehmen bereits ­­gute Lösungen erarbeitet, wie bei der SMM einmal mehr eindrucksvoll zu sehen sei. Zusammen mit der Offshore-Windenergie biete der Öl- und Gasmarkt für den Schiffbau und für die maritime Industrie viele Chancen, so Schubert.

Deutliches Wachstum bei der Tiefseeförderung

Bei den weltweiten Investitionsausgaben (Capex) zur Förderung von Öl und Gas rechnen Experten für die kommenden Jahre mit deutlichen Wachstumsraten, und das vor allem in Tiefseegebieten. Der aktuelle World Deepwater Market Report der Marktforscher von Douglas Westwood prognostiziert hier ein Wachstum von 90 % für den Zeitraum 2012 bis 2016 im Vergleich zur vorausgegangenen Fünfjahresperiode. »Das sind gute Nachrichten«, stellte Christoph Daum, Geschäftsführer des Maschinenbauers Menck und Leiter des ersten Workshop-Abschnitts, fest. Die herausfordernden Bedingungen auf hoher See seien ein ideales Umfeld für eine innovative Industrie, wie es sie in Deutschland bereits gebe: So habe Menck sein Tiefwassersystem mittlerweile so weit entwickelt, dass die hydraulischen Hämmer des Unternehmens Pfähle zur Verankerung von Plattformen in mehr als 2.000 m Wassertiefe in den Meeresboden rammen könnten. Mit zunehmenden Wassertiefen werden auch der Druck und die Temperaturen beim Bohren extremer. Angesichts der dadurch entstehenden besonderen Gefahren ergeben sich neue Anforderungen an die eingesetzten Technologien, wie Tobias Rosenbaum von GL Noble Denton ausführte: Eine der wesentlichen ­Herausforderungen sei es daher, leichtere und autonomere Unterwasserroboter zu entwickeln, die bei ihren Einsätzen besser zu steuern und zugleich sicher seien. »Wir als Industrie brauchen Innovationen«, betonte Rosenbaum. Eine gute Unterstützung zur Verwaltung und Instandhaltung von Öl- und Gasanlagen bei möglichst geringen Kosten und Risiken seien sogenannte RBI-Tools (Risk Based Inspection) wie die von GL Noble Denton entwickelte Software Galiom. Aus seiner Sicht sei die Anwendung solcher Programme die vielversprechendste Lösung, um Ölkatastrophen wie jene nach der Explosion der Bohrplattform »Deepwater Horizon« im Golf von Mexiko künftig zu verhindern.

Sollte es eines Tages doch wieder irgendwo zum unkontrollierten Austritt größerer Ölmengen kommen, könnte der Subsea Oil and Gas Skimmer (SOGS) von Bornemann Schlimmeres verhindern. Der Pumpenspezialist aus Obernkirchen hatte das schiffbasierte Notfallsystem nach den Erfahrungen von »Deepwater Horizon« entwickelt: Im Einsatzfall wird der mit einem Gehäuse versehene SOGS von einem Schiff aus abgelassen und über der ­Leckage positioniert, wo er das austretende Öl-Gas-Gemisch aufsaugt und über eine Multiphasenpumpe zum Schiff befördert. Zwei solcher Pumpen habe man kürzlich für die Neuausrüstung des Eisbrechers »Arc­tic Challenger« zugeliefert, berichtete Stefan Ladig aus der Abteilung Subsea von Bornemann. Shell will das Schiff demnächst bei Bohrungen vor der Küste Alaskas einsetzen, wo es im Fall eines Lecks eine Ölpest verhindern soll.

Windbranche blickt optimistisch in die Zukunft

Investitionen in Höhe von 1 Mrd. € an der deutschen Küste und von 10 Mrd. € in die aktuellen Windparkprojekte, dazu bislang 10.000 geschaffene Arbeitsplätze: Das sind einige der Zahlen auf der Habenseite beim Ausbau der Offshore-Windenergie in Deutschland. Zusammen mit den positiven Betriebsergebnissen des Testparks »Alpha Ventus«, der bisher mehr Strom liefert als erwartet, ist der Ausblick vielversprechend: Darin war sich Andreas Wagner, Geschäftsführer der Stiftung Offshore-Windenergie, im zweiten Teil des Offshore Dialogues mit den übrigen Referenten einig. Dennoch stehe die Branche derzeit vor verschiedenen Herausforderungen. »Insbesondere durch unzureichende politische Rahmenbedingungen hinsichtlich der Netzanbindung sind Verunsicherungen und Verzögerungen entstanden«, machte Wagner deutlich. Würden Maßnahmen wie die geplanten gesetzlichen Regelungen zu Haftungsfragen sowie ein Netzentwicklungsplan nun zügig umgesetzt, sei es aber nach wie vor möglich, bis zum Anfang des kommenden Jahrzehnts eine installierte Leistung von 10 GW zu erreichen.

Auch Session-Chairman Thorsten Herdan, Geschäftsführer des VDMA-Fachverbands Power Systems, zeigte sich optimistisch. Der Offshore-Windmarkt biete ein hervorragendes Wachstums-potenzial für die deutsche Industrie – auch wenn zuletzt oft zu hören und zu lesen gewesen sei, mit welchen Schwierigkeiten die Branche zu kämpfen habe. »Davon sollten wir uns lösen und stattdessen zu einer ›Yes-we-can‹-Einstellung wechseln«, forderte Herdan das Publikum auf.

Verschiedene Möglichkeiten zur Kostensenkung

Hans Kahle, Geschäftsführer der RWE Innogy Offshore Logis­tics Company (OLC), berichtete anschließend von den Erfahrungen seines Unternehmens bei der Konstruktion und beim Bau von Offshore-Windparks und der dazugehörigen Installationsschiffe. »Wir haben gelernt, dass wir das Know-how und das Equipment an einem Ort bündeln müssen, wenn wir erfolgreich sein wollen«, erläuterte er. Mit der Gründung von OLC habe sich RWE bei der Logistik bewusst gegen die Zusammenarbeit mit externen Partnern entschieden. »Wir nehmen die Lernkurve in Kauf, bekommen dafür aber Erfahrung, Flexibilität und Unabhängigkeit. Das wird sich langfristig bezahlt machen«, so Kahle. Die Notwendigkeit zur Kostensenkung stellte Michael Hannibal, CEO Offshore von Siemens Wind Power, in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Siemens sei hier durch die Entwicklung der neuen 6-MW-Turbine, die vergleichsweise leicht und sehr wartungsfreundlich sei, ein gutes Stück weitergekommen. Auch die Beteiligung am dänischen Windkraftdienstleis­ter A2Sea habe durch verringerte Installationszeiten deutlich zur Kostenreduzierung beigetragen. Dass die deutschen Werften für Aufträge aus der Offshore-Windindustrie gut vorbereitet seien, beteuerte Karsten Fach von Abeking & Rasmussen in der abschließenden Podiumsdiskussion. Allerdings sei der Regulierungsaspekt für den Schiffbau derzeit problematisch, da es noch immer keine international gültigen Standards gebe. »Wir brauchen jetzt schnell eine Harmonisierung in Europa, damit da draußen keine Substandardschiffe unterwegs sind«, forderte Fach.
Anne-Katrin Wehrmann