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Diese Frage und wie zukünftig Schiffsfinanzierungsformen, insbesondere mit Private-Equity-Fonds, aussehen könnten, wurde kontrovers auf dem Ship Finance Forum zum Auftakt der SMM diskutiert.

Deutsche Reeder drohen gegenüber der internationalen Konkurrenz zurückzufallen, wenn sie nicht einen Finanzierungs­ersatz für das KG-Modell finden. Eine[ds_preview] neue Kapitalquelle können Private-Equity-Fonds sein – allerdings sind viele Schifffahrts­unternehmen noch nicht bereit für diese Art von Investoren, warnten Experten auf dem Ship Finance Forum der »Financial Times Deutschland«, das Anfang September im Vorfeld der SMM stattfand.

»Jetzt ist die Zeit für Neubestellungen«, lautete die für manche der rund 120 Kon­ferenzteilnehmer überraschende Ansage von mehreren Rednern. Auch wenn die von Überkapazitäten gebeutelten Märkte anderes nahelegen, sollten Reeder über Neubestellungen nachdenken, sagte Dr. Dirk Lammerskötter, Leiter Schifffahrt bei HSH Corporate Finance, dem Beratungsarm der HSH Nordbank. Die Flotten deutscher Eigner seien im Durchschnitt stärker gealtert, weil nur wenige neue Schiffe bestellt wurden, so Lammerskötter. »Wenn man sich die Entwicklung der Märkte ansieht, sind einige ältere Schiffstypen und Designs nicht mehr wettbewerbsfähig.« Die Charterer forderten moderne und verbrauchs­ärmere Schiffe, von denen deutsche Eigner bislang nur wenige bestellt haben. Auf dem Chartermarkt sei bereits zu beobachten, dass Schiffe mit geringerem Verbrauch deutlich höhere Raten erzielen als andere. »Es besteht die Gefahr, dass sich ein Zwei-Klassen-Markt entwickelt. Die Frage ist, ob deutsche Reeder es sich leisten können, hier zurückzubleiben«, sagte Lammers­kötter.

Die Reduzierung der Neubestellungen von hiesigen Reedern zeigt bereits Wirkung. In der jüngsten Rangliste von Clarksons zur Flottenstärke sei Deutschland vom dritten auf den vierten Platz zurückgefallen, berichtete Clarksons-Geschäftsführer Martin Stopford.

Laeisz-Chef Nikolaus Schües lehnte Neubestellungen ab. Es sei für die Märkte am besten, wenn möglichst keine neuen Schiffe bestellt würden. »Die Zurückhaltung der Banken bei der Finanzierung neuer Schiffe ist ein Gottesgeschenk an die Branche«, sagte der Hamburger Reeder. »Sonst würde es noch länger dauern, bis die Märkte wieder im Gleichgewicht sind.«

Es sei trotz der Überkapazitäten unausweichlich, dass neue Schiffe bestellt würden, widersprach der ehemalige Chef der Reederei NOL und jetzige Geschäftsführer der Hamburger Rickmers Holding, Ron Widdows. Die derzeitigen Neubaupreise seien zu attraktiv, um sie nicht zu nutzen. »Neue Projekte werden auf den Markt kommen und es werden Schiffe gebaut, auch wenn einige das nicht gerne sehen.«

HSH-Mann Lammerskötter pflichtete ihm bei. »Die Werften bieten niedrige Preise und sehr attraktive Zahlungsbedingungen«, sagte er. Das gestörte Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf den Schiffsmärkten sei kein Argument gegen Neubestellungen. »Wenn man jetzt bestellt, kommt das Schiff zu einem Zeitpunkt, an dem die Märkte sich hoffentlich erholt haben.«

Um auf dem Neubaumarkt aber überhaupt wieder eine Rolle spielen zu können, braucht die Branche neue Finanzierungsquellen. Private-Equity-Fonds könnten eine größere Rolle spielen, wenn es gelingt, die Unterschiede in den Unternehmens­kulturen zwischen den angelsächsisch geprägten Investoren und den mittelständischen Reedereien zu überbrücken, so der Tenor. Dafür müsste sich vor allem die Reederseite auf weitreichende Veränderungen einlassen. Widdows, der von Bertram Rickmers auch wegen seiner guten Kontakte zu Investoren aus Asien und den USA eingestellt wurde, kritisierte die Branche scharf: Transparente Finanzberichterstattung und Controlling gehörten nicht zu den typischen Merkmalen deutscher Reeder. »Das muss sich ändern, wenn sie Zugang zu anderen Finanzierungsformen wollen«, sagte er.

Ein guter Ruf und eine traditionsreiche Unternehmensgeschichte seien nett, würden Investoren aus der Private-Equity-Branche aber nicht sonderlich beeindrucken. »Es geht um die Finanzkraft«, so Widdows. Die Reeder müssten sich darauf einstellen, dass die Zeiten großer Volumen leicht zugänglichen Kapitals für sie vorbei seien. »Die sind nicht für eine Weile weg, sondern für immer«, betonte er. Lammerskötter sagte dazu, dass Private-Equity-Investoren äußerst unterschiedlich seien. Während einige lediglich in bestehende Unternehmensstrukturen investieren, wollten andere ihr Geld am liebsten nur in Assets stecken, also Schiffe. Auch die Inves­titionssummen differierten. Doch generell würden Fonds nicht einzelne Schiffe finanzieren wollen, sondern größere Summen von 100 bis 150 Mio. $ auf einen Schlag, so Lammerskötter weiter.

Für alle Private-Equity-Fonds gilt, dass sie keine Partner auf Dauer sind. Nach einer gewissen Zeit suchen sie den Ausstieg. Die Renditeerwartungen sind generell hoch – 15 % oder mehr. »Manchmal ist der Private-Equity-Fonds aber nur ein Vehikel für Pensionsfonds, die einen etwas konservativeren Ansatz vertreten und mit geringeren, aber stabilen Einkünften zufrieden sind«, fügte er an. Die Renditeerwartungen der Inves­toren seien auch der Grund, dass es bislang nur eine überschaubare Anzahl von Deals gibt, so Lammerskötter.

Allgemein lassen sich Schifffahrtsunternehmen nicht so leicht auf höhere Renditen trimmen wie Firmen in anderen Branchen. Die möglichen Kosteneinsparungen sind geringer, das mindert die möglichen Renditen. Außerdem wird in der Schifffahrt bereits mit relativ hohen Fremdkapitalhebeln gearbeitet. Damit entfällt ein weiteres Instrument für schnelle Renditesteigerungen, so Lammerskötter weiter. Auch Moritz Mittelbach, der den Private-Equity-Fonds Northern Shipping Funds berät und zuvor lange für die Rickmers Holding gearbeitet hat, wies auf die kulturellen Unterschiede zwischen deutschen Reedern und US-Fonds hin. »Es ist sehr kompliziert, diese beiden Welten zusammenzubringen«, sagte er. Der Unterschied zwischen Private-Equity-Investoren und den KG-Anlegern, mit denen Reeder in der Vergangenheit zu tun hatten, sei riesig. »Es ist wichtig zu verstehen, dass Private-Equity-Fonds komplett andere Gesellschafter sind«, sagte Mittelbach. Trotz dieser Hindernisse sind viele Fonds an der Schifffahrt interessiert. »Eine Menge von Private-Equity-Unternehmen drängt in den Markt«, sagte Dagfinn Lunde, Vorstandsmitglied der auf Transportfinanzierung spezialisierten DVB Bank. Für die Banken sei die Zusammenarbeit mit den Fonds sehr angenehm. »Sie planen gut und arbeiten mit sehr professionellen Partnern zusammen«, so Lunde. »Wir sind froh, mit vielen Private-Equity-Firmen zusammenzuarbeiten.«

Für andere institutionelle Investoren wie etwa Versicherer sei es dagegen schwierig, in Reedereien oder Schiffe zu investieren, so die Meinung auf dem Ship Finance Forum. »Versicherer kommen nicht für Direkt­investitionen in Frage«, sagte HSH-Manager Lammerskötter. Zwar ist die Assekuranz aufgrund der Niedrigzinsen auf der Suche nach neuen Anlagemöglichkeiten, aber die strengen Kapitalanlagevorschriften machen es ihr nicht möglich, direkt in Schiffe zu investieren. »Dafür müssten andere Instrumente gefunden werden, seien es Anleihen oder Schuldscheindarlehen«, sagte er. Dr. Torsten Teichert, Chef des Emissionshauses Lloyd Fonds, brach eine Lanze für die Interessen der Anleger in Schiffsfonds: »Ich höre immer wieder die Frage, wo bekommen wir neues Eigenkapital her, aber keiner fragt, wie können wir mit dem alten Eigenkapital möglichst schonend umgehen.« Künftige Schiffsfonds würden aufgrund der bevorstehenden Umsetzung der AIFM-Richtlinie der EU ganz anders aussehen. »Das größte Problem wird sein, dass der Fremdkapitalhebel lediglich noch 30 % betragen darf«, so Teichert. Dazu komme, dass Fonds, die nur in ein Schiff investieren, erst ab einer Mindestanlagesumme von 50.000 € vertrieben werden dürften. »Kleinanleger können nur noch in Fonds mit mindestens drei Assets investieren«, erklärte Teichert weiter. Der Emissionshauschef erwartet, dass sich Private-Equity-Fonds zunehmend für Neubauten interessieren werden. »Es gibt eine Reihe von diesen Investoren, die glauben, dass es mehr Sinn hat, neue Schiffe zu kaufen anstatt in eine weitere Verhandlungsrunde mit den Banken zu gehen, die dann wieder ergebnislos verläuft«, sagte er. Teichert hat selbst Erfahrungen mit US-Investoren. Seit Januar hält AMA Capital 49,9 % der Lloyd-Fonds-Aktien.
Patrick Hagen