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Externe und interne Anforderungen an ein effizientes Controlling sind gestiegen. Die Professionalität im Asset-Management muss durch praktikable und flexible Controlling-Lösungen unterstützt werden.

Veränderte Märkte – veränderte Anforderungen

Das aktuelle Marktumfeld stellt die Schifffahrt auf eine harte Probe. Nach der Schifffahrtskrise von[ds_preview] 2008 und 2009 waren auch die Jahre 2011 und 2012 von erheblichen Herausforderungen geprägt. Verschiedene Stimmen im Markt gehen davon aus, dass eine spürbare Erholung der Märk­te wohl erst 2013/2014 eintreten wird. Während dieser schwierigen Marktphase stehen die Reeder vor großen Veränderungen, die nicht nur technischer und ökologischer Natur sind, sondern auch strategische und operative Aspekte der Unternehmensführung beinhalten.

Im Zuge der teilweise restriktiven Vorgehensweise der schiffsfinanzierenden Banken ist nicht nur die Liquidität ein kostbares Gut geworden, welches wohlweislich ge­plant werden muss. Vielmehr ist es der Verbund aus Erfolgs-, Bilanz- und Finanzplanung, der ein ganzheitliches Bild zur Sicherung der Unternehmensziele liefert. Planungsansätze, welche durch Tabellenkalkulations-Programme gelöst werden, erweisen sich in der Handhabung zwar als extrem flexibel, doch diese Flexibilität hat naturgemäß auch ihre Schattenseiten.

Bei der Norddeutschen Vermögen führte Flottenwachstum, eine zunehmende Komplexität der Unternehmensstruktur, unterschiedliche Informationsbedürfnisse externer Partner sowie sich verkürzende Planungs- und Reporting-Intervalle letztendlich zu einem stetig ansteigenden und unüberschaubaren Datenvolumen, welches Inkonsistenzen innerhalb der Datenstruktur mit sich brachte. Datenvolumen und –konsistenz stellten das bisherige Tabellenkalkulationssystem auf den Prüfstand.Daher entschied sich die Unternehmensgruppe Ende 2010 für das Management und Controlling einen bestmöglichen Lösungsansatz für folgende Aufgaben zu suchen:

• Informationsversorgung

• Entscheidungsvorbereitung

• Lenkung

• Koordination

• Kontrolle und Steuerung

Dabei sollten allgemeine sowie branchenspezifische Anforderungen berücksichtigt werden (siehe Tab. 1).

Von der Insellösung zum ganzheitlichen Ansatz

Eine entsprechende Umsetzung gewährleistet optimalerweise ein System, welches die operativen Aufgaben der Planung und Budgetierung, Analyse und Reporting sowie der Konsolidierung durch einen ganzheitlichen Ansatz löst. Die dazugehörige Teildisziplin einer integrierten Finanz- und Erfolgsplanung bietet dabei die Durchführung einer Erfolgs-, Bilanz-, Finanz- und Liquiditätsplanung, in dem die Teilbereiche Gewinn- und Verlustrechnung, Finanzplan und Planbilanz mitein­ander verbunden sind. Eine integrierte Finanz- und Erfolgsplanung berücksichtigt dynamisch die Interdependenzen der einzelnen Teilbereiche, sodass ein in sich geschlossenes und konsistentes System besteht.

Die drei Phasen der integrierten Finanzplanung im Überblick

Phase 1: Voreinstellungen und Parametereingaben

• Erfassung von Werten in der Eröffnungsbilanz als Basis für die weiteren Planungsschritte

• Festlegung von Planparametern: Steuersätze, Kreditlinien, Zinssätze usw.

• Hinterlegen von Zahlungszielen

• Datenintegration zum Finanzbuchhaltungssystem

Phase 2: Planung

• Plandaten fließen in den »Erfolgsplan« (Ertrags- und Aufwandsplanung) ein: Umsatzerlöse, Bestandsveränderungen, sonstige betriebliche Erträge, Material­- und Personalaufwand, sonstige betriebliche Aufwendungen, außerordentliche Erträge und Aufwendungen, Zinsaufwendungen und -erträge usw.

• Bilanzpositionen werden erfasst und neu berechnet: Pensionsrückstellungen, Steuerrückstellungen, sonstige Rückstellungen, ausstehende Einlagen, aktive und passive Rechnungsabgrenzung, Bankkonten, gezeichnetes Kapital und -rücklagen, Gewinn- und Verlustvortrag usw.

• Eine detaillierte Kredit- und Investitionsplanung wird aufgestellt. Investitionsobjekte beinhalten Zahlungsschlüssel und Abschreibungsregeln. Kreditobjekte beinhalten Tilgungs- und Zinszahlungsvereinbarungen.

• Individuelle Parameter werden eingegeben: für Verbindlichkeiten, Forderungen, Rückstellungen, Bankbeständen usw.

Phase 3: Ausgabe von Berichten

• Je nach Anforderung stehen verschiedene Berichte zur Auswahl: Erfolgsplan (Gewinn- und Verlustrechnung), Planbilanz, Bilanz, Bewegungsbilanz, indirekter und direkter Cash-flow (Kapitalrückflussrechnung), Kennzahlenberichte, grafische Berichte und Kennzahlensysteme.

Zielsetzung bei der Projektumsetzung war u.a., für den Seebereich ein fachspezifisches Planungsmodell zu erstellen. Dieses wurde mit dem Fachbereich abgestimmt, mit der Software Corporate Planner modelliert und als vereinheitlichtes mehrstufiges Deckungsbeitragsschema für den Fachbereich zur Verfügung gestellt. Die Planung einzelner Schifffahrtsgesellschaften erfolgt einheitlich über die Eingabe folgender spezifischer Parametereingaben, wie z. B.:

• Charterraten pro Tag in $

• Off-Hire und Werftzeiten

• Kommissionen, Bereederungsgebühren

• Reisekosten, Schiffsbetriebskosten, Schiffsverwaltungskosten

• Wechselkurse

Die Planungsdaten der einzelnen Schifffahrtsgesellschaften, inklusive aller relevanten Informationen, sind aus dem Kredit-

Management innerhalb einer gesonderten Datenbank der integrierten Erfolgs- und Finanzplanung vorgeschaltet. An dieser Stelle wurde nicht nur ein umfangreiches Reporting eingerichtet, welches den Anforderungen externer und interner Bereiche entspricht. Dem Controlling stehen hier ebenfalls umfangreiche Analyse-Instrumente zur Verfügung.

Nach erfolgter Planung der einzelnen Gesellschaften fließen sämtliche relevanten Informationen innerhalb der Konzernplanung in den Seebereich ein.

Konsistenz, Transparenz und Planungstechniken

Die Beschaffung von Fremd- und Eigenkapital ist ein steiniger Weg geworden, gleichgültig ob es um die Optimierung der finanziellen Ausrichtung oder um finanzielle Restrukturierung geht. Seitens der Reeder­schaft bedarf es neuer Denkmuster zur Überwindung der bestehenden Hürden. Die Bereitschaft einer Reederei, sich gegenüber alternativen Kapitalquellen zu öffnen, ist hier eine interessante Option geworden. Doch sowohl schiffsfinanzierende Banken als auch institutionelle Eigenkapitalgeber (Mezzanine-Fonds, Family Offices, Pensionskassen, Private Equity) fordern nicht nur ein professionelles Asset-Management. Kürzere Berichtsintervalle, Flexibilität, Datentransparenz und eine hohe Informationsdichte sind zur Voraussetzung geworden. Nicht nur um neue Kapitalquellen zu erschließen, sondern auch um traditionelle Kapitalquellen zu erhalten.

»Krisenbedingte Herausforderungen für Reedereien und Schiffseigner liegen unter anderem darin, durch integrierte Planungsmodelle laufend höchste Transparenz zu gewähren, um ein verlässliches Frühwarnsystem zu etablieren und potenziellen Eigen- und Fremdkapitalgebern eine fundierte Basis für eine Investitionsentscheidung bieten zu können«, bewertet auch Bernd Richter, Partner und EMEIA Head of Shipping bei Ernst & Young in Hamburg, die Situation in der Schifffahrtsbranche.

Diese Herausforderungen auf dem Weg zu einem professionelleren Controlling im maritimen Sektor gilt es in der nahen Zukunft zu bewältigen.


Dipl.-Kffr. Regina Schwarz, Dipl.-Kfm (FH) Oliver Zimmer