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Die Konferenz Maritime Security & Defence in Hamburg beschäftigte sich mit Piraterieabwehr ebenso wie mit Offshore-Techniken, Sicherheit von Logistikketten und den Folgen der Klimaveränderung.

Das Thema Sicherheit und Verteidigung auf See war während des diesjährigen Fachkongresses Maritime Security & Defence (MS&D) im Rahmen der[ds_preview] SMM sehr weit gefasst. Während zuletzt im Jahr 2011 die Bekämpfung der Piraterie im Mittelpunkt der Vorträge ge­standen hatte, beschäftigten sie sich in diesem Jahr auch mit der Sicherheit von Hafenanlagen gegen Terrorismus, der Kontrolle von Wirtschaftszonen, den Auswirkungen des Klimawandels und der schnellen Entwicklung im Offshore-Bereich.

Mangelnde Sicherheit in der Logistikkette

Welche für Gefahren in der Seefahrt auch ohne Piraten lauern, beschrieb Peter Sonnabend von DHL Logistics. Er beklagte sich über mangelnden Informationsfluss innerhalb der Lieferketten. So seien zwar die Standorte von Containern jederzeit abrufbar, deren Inhalte aber nicht immer bekannt. Das könne auch das Transportieren von Ladung terroristischer Organisationen begünstigen oder zu schweren Unfällen führen. Als Beispiel führte Sonnabend den Brand auf dem Containerschiff »MSC Flaminia« an.

Das Schiff wird von der Niederelbe Schiffahrtsgesellschaft bereedert und ist an die MSC verchartert. Während einer Reise von den USA nach Antwerpen brach ein Feuer in einem der Laderäume aus. Bei den Löschversuchen kam der Erste Offizier ums Leben und ein Besatzungsmitglied erlag drei Monate später seinen Verletzungen. Ein weiterer Seemann wird immer noch vermisst.

Zur Ladeliste hieß es, sie sei den Havarieexperten zwar bekannt, dürfe aber nur mit Zustimmung der Reederei veröffent­licht werden. Es soll Diskrepanzen zwischen Ladungspapieren und Stauplänen gegeben haben. Zurzeit wird nach der Brandursache gesucht und die Container werden gelöscht. Solange es noch keine offiziellen Ergebnisse gibt, wird es viel Raum für Spekulationen geben. Sollte der Brand auf der »Flaminia« durch mangelnde oder falsche Deklarierung der Ladung verursacht worden sein, unterstreicht der Fall die Forderung Sonnabends zu besseren Kontrollen der Container­inhalte, um ähnliche Zwischenfälle für die Zukunft zu vermeiden. Technisch sei so etwas bereits heute möglich, ebenso wie die lückenlose Übermittlung dieser Listen.

Private Sicherheitskräfte in Piratengebieten

Wie sehr Piraterie eine Belastung für die weltweite Schifffahrt ist, stellte der Sicherheitsoffizier der Reederei Hamburg Süd, Mathias Günther, dar. Demzufolge entstehen bei seiner Reederei während einer Rundreise durch das pirateriegefährdete Gebiet im Indischen Ozean zusätzliche Kosten von etwa 100.000 €. Die Summe muss für Organisation und technische Absicherungen aufgewendet werden. Bislang brauchte Hamburg Süd kein Lösegeld zahlen, da alle Angriffe erfolgreich abgewehrt werden konnten.

Aus seiner Erfahrung bezeichnete Günther den Golf von Aden als derzeit gefährlichstes Fahrtgebiet, gefolgt von der westafrikanischen Küste. Die früher wegen ihrer Piratenattacken gefürchtete Straße von Malakka und das Südchinesische Meer dagegen seien inzwischen sicherer geworden. Zur Mission Atalanta vor der somalischen Küste sagte Günther: »Wir vertrauen den internationalen Marinen und den konzertierten Marineoperationen, mit denen die Welt­gemeinschaft seit einigen Jahren gegen die Piraten vorgeht. Die Mission hat allerdings zwei entscheidende Nachteile: Sie bekämpft die Piraten nicht an der Basis und deckt eine zu geringe Fläche ab.«

Weiter stellte Günther fest: »Das betroffene Gebiet ist einfach viel zu groß, als dass die derzeit eingesetzten Marinekräfte unser Schutzbedürfnis befriedigen könnten«. Daraus folgert nach seiner Sicht: »Die Zulassung privater Sicherheitskräfte auf deutschen Schiffen ist ein längst überfälliger Schritt, auch wenn wir diese Aufgabe lieber bei hoheitlichen Kräften gesehen hätten.« Dennoch müsse die Piraterie zwingend an deren Basis bekämpft werden, hierzu gehörten insbesondere die Hintermänner. Überdies müsse die internationale Politik auf Krisenherde wie die Piraterie viel schneller und effizienter reagieren. »Der Golf von Aden wurde nicht von heute auf morgen zum Hochrisikogebiet, die Aktivitäten der Piraten entwickelten sich über weit mehr als zwölf Jahre zu dem, was wir heute beobachten«, begründet Günther seine Kritik.

Über den Stand der Vorbereitung eines Europäischen Küstenwachforums berichtete Polizeidirektor Frank Goerke von der deutschen Bundespolizei. Er erläuterte den Stand der Diskussionen zwischen den beteiligten Nationen. Nur ein Beispiel: Wie soll ein Beamter der Europäischen Küstenwache ausgebildet werden? Aus seinen Worten, ebenso wie aus denen von Kapitän z. S. Dr. Hillmann von der Europäischen Verteidigungsagentur EDA in Brüssel, wurde deutlich, wie sehr die Abgrenzung zwischen militärischen und polizeilichen Aufgaben effektive Einsätze auf See behindern. Grundtenor: Die einen haben die notwendigen Einsatzmittel, aber nicht das Mandat, sie einzusetzen – die anderen haben das Mandat, aber nicht die Einsatzmittel.

Weitere Vorträge beschäftigten sich mit dem Schiff der Zukunft, der Veränderung schiffbarer Seegebiete aufgrund der Klimaerwärmung, der Terrorismusabwehr und Offshore-Technologien. Zu den rund 250 internationalen Teilnehmern des Kongresses gehörten neben anderen auch 14 Militärdelegationen aus Asien, Afrika, Europa und Südamerika.

In einem abschließenden Interview mit der HansA fasste der Vorsitzende der Sicherheitskonferenz, Vizeadmiral a. D. Hans-Joachim ­Stricker, ehemaliger Inspekteur der Deutschen Marine, zusammen, welche Erkenntnisse er aus der Veranstaltung gewonnen habe: »Wir müssen akzeptieren, dass wir außerhalb der Sichtweite und damit auch außerhalb des Bewusstseins der Menschen an Land sind, wenn wir uns auf See befinden. Unsere Aufgabe muss also sein, in unserem Land über die maritimen Angelegenheiten, Bedürfnisse und Notwendigkeiten besser zu informieren. Und wir benötigen maritime Strategien, um uns den Herausforderungen der Zukunft zu stellen. Eine dieser Herausforderungen ist die Veränderung der Umwelt. Andere Punkte sollten sein, die Möglichkeiten der Erschließung von Rohstoffen am Meeresboden im Auge zu behalten, um unsere nationalen Interessen wahren zu können. Außerdem ist die Sicherheit von Logistikketten zu verbessern und die Fähigkeiten unserer Deutschen Marine sind auf die zu erwartenden neuen Her­ausforderungen auszurichten.«


Eigel Wiese