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Über das Konzept der Reederei A-Rosa Flussschiff zur Ressourcenschonung an Bord

der neuen Kabinenschiffe berichtet Hans-Jürgen Reuß

Abgesehen von der Hauptantriebsanlage – so sie diesel-elektrisch ausge­führt ist – sind die Klimaanlagen von Kabinenschiffen die größten Stromverbraucher an[ds_preview] Bord. So liegt es nahe, alle Details dieser Anlagen genau zu prüfen, ob und in welchem Maße sich mithilfe einer anderen Einbindung in eine Gesamtanlage Einsparungen verwirklichen lassen. Diesen Ansatz zur Energieeffizienz und zur Schonung der Umwelt hat Dirk Sobotka, Direktor für strategische Entwicklungen bei A-Rosa Flussschiff in Rostock, für die Gestaltung technischer Anlagen auf den A-Rosa-Schiffen vorgegeben.

Realisiert werden derartige Maßnahmen nicht nur bei Neubauten, sondern, soweit möglich, über eine Nachrüstung auf bereits im Einsatz befindlichen Schiffen. Das ist vielfach keine Frage des Wollens oder der verfügbaren Mittel zur Investition, sondern eine Raumfrage, die nachträglich nicht zu lösen ist. Verständlicherweise lautet Sobotkas Credo: »Jeder nicht verbrannte Liter Kraftstoff ist die beste Emissionsminderung«. So geht er von den Verbrauchern aus und das beginnt bei allem, was zu Belas­tungen der Klimaanlagen und dem damit verbundenen Stromverbrauch führt.

Auf der »A-Rosa Silva« hat die Reederei erstmals statt der bislang üblichen Halogen-lampen stromsparende LED-Leuchtmittel eingeführt. Die Kabinen von Fahrgäs­ten und Mannschaft sowie die Gänge wurden ausschließlich mit 7-W-LED-Leuchten statt 35-W-Halogenleuchten ausgestattet. Würden alle Leuchten gleichzeitig brennen, entspräche dies einer Leistungsminderung gegenüber vergleichbaren Schiffen um 36 kW. Die Funktion der Leuchtmittel wird zentral überwacht. In den öffentlichen Bereichen hat man allerdings noch auf die Verwendung von LED-Leuchtmitteln verzichtet. Offenbar weisen diese Defizite bei den Farbtemperaturen auf, die für die Gestaltung der Bereiche nicht akzeptiert werden. Außer Stromsparen haben die LED-Leuchten noch zwei weitere Vorteile: Sie entwickeln weniger Wärme und haben etwa die achtfache Lebensdauer.

Ein weiterer Punkt hinsichtlich Stromsparen betrifft die Zuschaltung der Fahrgastkabinen: Klimaanlage und Stromversorgung der Kabine werden erst aktiviert, wenn der Gast am Empfang eingebucht ist. Darüber hinaus trägt auch die Regelung der Klimaanlagen der öffentlichen Bereiche zur Reduzierung des Stromverbrauchs bei. Deren Ventilatoren sind drehzahlgeregelt in Abhängigkeit des CO2-Gehaltes der Raumluft.

Auf der »A-Rosa Silva« gibt es außerdem noch eine Innovation zur Wärmerückgewinnung – jedenfalls soweit es Binnenschiffe betrifft: Die warme Abluft der Kabinen wird nicht mit der Sanitärluft direkt nach außen geführt, sondern auf ein sogenanntes Wärmerad geleitet, das als Wärmetauscher arbeitet. Dieses Rad dient der direkten Wärmerückgewinnung aus der Abluft von Räumen, indem es die Frischluft erwärmt.

Abluft und Zuluft durchströmen das Rad in entgegengesetzter Richtung, dabei nehmen die wärmespeichernden Wände der Kanäle im Rad Wärme von der Abluft auf, kühlen diese also ab, und geben sie an die kalte Zuluft wieder ab. Besondere Einrichtungen verhindern einen Umlufteffekt. Das Rad benötigt Energie für den Antrieb und die Ventilatoren des Systems erfordern etwas mehr Energie als sonst üblich. Dieser Mehraufwand an Energie wird mehr als ausgeglichen von der Wärmerückgewinnung. Selbstverständlich können in das System noch Wärmetauscher eingebaut werden, die bei extremen Außentemperaturen für ausreichende Heizung oder Kühlung sorgen.

Wärmerückgewinnung aus Kühlwasser und Abgas der Motoren

Laufen in den heißen Sommermonaten die beiden Bordaggregate der »A-Rosa Silva« auf Hochtouren, um ausreichend Strom für den Betrieb der Klimaanlagen zu erzeugen, dann reicht die Wärme des Kühlwassers der beiden Motoren für die Warmwasserbereitung des Schiffes völlig aus. Wird in den Übergangszeiten weniger Energie von den Klimaanlagen gefordert, geht zwangsläufig das Wärmepotenzial des Kühlwassers zurück. Da der Warmwasserverbrauch aber unabhängig von den Jahreszeiten ist, könnte ein Wärmedefizit auftreten, das zum Beispiel über Kessel auszugleichen wäre.

Hierzu läuft auf der »Silva« gegenwärtig ein Experiment mit Wärmetauschern in den Abgassträngen aller Motoren zur Wärmerückgewinnung. Ziel ist es, den einen noch vorhandenen Kessel (350 kW) vollständig zu ersetzen, indem ein Zweikreis-Wärmetauschersys­tem die Warmwasseraufbereitung übernimmt. Da mit dem Abgas eine wesentlich höhere Ausgangs­temperatur zur Verfügung steht als beim Kühlwasser, wären innovative Lösungen mit geeigneten Wärmetauschern ein erheblicher Fortschritt zur Energieeinsparung auf Kabinenschiffen. Dampf ist auf Binnenschiffen ein wenig beliebtes Medium. Insofern scheiden Maßnahmen zur Dampferzeugung und dem Betrieb zum Beispiel von Dampfmotoren, wie Voith sie in den Niederlanden herstellt, für die sekundäre Wärmenutzung aus.

Hauptantrieb und Stromerzeugung

Wenn Reedereien ganze Serien gleichartiger Schiffe bauen lassen, führt das auch bei Antrieb und Stromversorgung zu weitgehend baugleichen Ausführungen. Obwohl die »A-Rosa Silva« nicht zur Serie gehört, die mit der »A-Rosa Aqua« begann, stimmt die Antriebsanlage doch weitgehend mit der auf der »Aqua« eingeführten Technik überein. Als Hauptantrieb dienen vier diesel-mechanische Antriebe, deren Leistung über Ruderpropeller ins Wasser gebracht wird.

A-Rosa Flussschiff hat für die »Silva« wieder schnelllaufende Dieselmotoren von Volvo Penta gewählt, die von der Warnow-Werkstatt Paap + Sohn Schiffs- und Yachtservice in Rostock geliefert wurden. Für den Hauptantrieb erhielt das Schiff vier Motoren vom Typ D12 mit einer Leis

tung von je 331 kW bei einer Drehzahl von 1.800 min-1. Sie treiben jeweils einen Schottel-Twin-Propeller (zwei Propeller auf einer Welle) vom Typ STP200 direkt an. Auf eine Gelenkwelle konnte verzichtet werden. Als Manövrierhilfe und Notantrieb dient ein mittschiffs am Bug eingebauter Pump Jet des Typs­ SPJ82 von Schottel. Er wird über ein Wendegetriebe von Twin Disc von einem Motor des Typs D16 mit einer Leistung von 405 kW bei 1.800 min-1 angetrieben.

Für die Stromerzeugung an Bord stehen insgesamt drei Aggregate zur Verfügung: zwei Generatorsätze mit Stanfort-Generatoren, angetrieben von Motoren des Typs D16 mit einer Leistung von 450 kW bei einer Drehzahl von 1.500 min-1, sowie ein Generatorsatz, ebenfalls mit einem Stanfort-Generator, angetrieben von einem D9-Motor mit einer Leistung von 234 kW bei 1.500 min-1. Die beiden großen Aggregate sind hintereinander stehend im hinteren Maschinenraum zwischen den Backbord- und den Steuerbordmotoren untergebracht. Das kleine Aggregat dient als Hafenaggregat und befindet sich im Maschinenraum am Bug.

Die schnelllaufenden Motoren von Volvo Penta sind alle als Sechszylindermaschinen ausgeführt. Sie arbeiten mit einer Pumpe-Düse-Einspritzanlage und erfüllen alle die Emissionsgrenzwerte von ZKR Stufe 2.

Die Komponenten auf der Abgasseite

Abgesehen von den grundsätzlichen Bemühungen um einen äußerst niedrigen Kraftstoffverbrauch und entsprechend niedrige Emission, hat A-Rosa auch noch etwas für die Abgasnachbehandlung auf der »Silva« getan. Zwar gibt es auf dem Schiff keine Partikelfilter wie auf den neuen Schiffen von Viking River Cruises, doch wird zumindest ein großer Teil der Rußemission der Dieselmotoren von einem »POC« zurückgehalten. Der POC ist kein Filter, sondern ein Partikel-Oxidationskatalysator, mit dem die Partikelemission um bis zu 40 % gemindert werden kann. Darüber hinaus soll der POC nach Aussagen des Herstellers STT Emtec den Gehalt an unverbrannten Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid im Abgas um bis zu 90 % reduzieren. Beim POC handelt es sich um eine Nachverbrennung auf hohem Temperaturniveau. Hinter dem jeweiligen POC sind dann die schon erwähnten Wärmetauscher für die Wärmerückgewinnung aus dem Abgas angeordnet.

A-Rosa geht davon aus, dass mit der als dritter Komponente in der Reihe nachgeschalteten Einspritzung von Wasser in das Abgas eine weitere Reduzierung der Partikel verbunden ist. Dabei handelt es sich um ein Schalldämpfersystem von Halyard, bestehend aus der Wassereinspritzung, einem Abgassammler aus GFK und einem Wasserabscheider.

Hinsichtlich des Abgasgegendrucks bereitet diese Reihenschaltung der Komponenten offenbar keine Probleme. Einerseits sollen die einzelnen Widerstände vergleichsweise recht niedrig sein, andererseits liegen sie in der Summe deutlich unter dem von Volvo Penta zugelassenen Wert von 150 mbar.

Anfängliche Schwierigkeiten

Die anfänglichen Schwierigkeiten mit der »A-Rosa Aqua« wurden seinerzeit alle behoben. Insofern konnte das Antriebskonzept ohne Bedenken auf die »Silva« übertragen werden. Nach Änderungen am Rumpf und an der Antriebsanlage kam das Schiff auf die vertraglich festgelegte Geschwindigkeit. Die »Aqua« erhielt einen Wulstbug und an verschiedenen Stellen des Rumpfes wurden Leitbleche angebracht, um Wirbelbildung zu unterdrücken. Darüber hinaus wurden Kanten gerundet, um einen Strömungsabriss zu vermeiden. Insgesamt wurde das Unterwasserschiff hydrodynamisch deutlich verbessert, was auch dem Leistungsbedarf und damit den Emissionen zugute kam und weiterhin kommt.


Hans-Jürgen Reuß