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Die German Renewables Shipbrokers vermitteln Spezialschiffe für den Bau und Betrieb von Offshore-Windparks. Mitinhaber Philippe Schönefeld hat der HANSA berichtet, wie sich der Markt aktuell darstellt
Herr Schönefeld, warum braucht die Schifffahrtsbranche Makler wie Sie, die sich ausschließlich auf die Vermittlung von Spezialtonnage für die[ds_preview] Offshore-Windindustrie konzentrieren?

Philippe Schönefeld: Das wird, um nur ein Beispiel zu nennen, schon an der Menge der Crew Transfer Vessels (CTVs) ersichtlich: Da fällt mittlerweile nahezu jede Woche ein Schiff von den Helgen, in Großbritannien insbesondere, und der Markt wird für die Charterer mehr und mehr unübersichtlich. Wir sind gut in der Branche vernetzt und können dadurch den Mehrwert bieten, dass wir unsere Datenbanken mit den entsprechenden Schiffen und ihren Verfügbarkeiten pflegen. Dadurch können wir innerhalb von Stunden sagen, welches Schiff wo und zu welchem Preis einzuchartern ist. Etwas anders ist die Lage momentan bei den Installationsschiffen, wo der Markt noch recht kompakt und durchschaubar ist – da gehen die Charterer auch mal direkt auf die Reeder zu.

Was unterscheidet Geschäfte in der Offshore-Windenergie vom klassischen Schifffahrtsgeschäft?

Schönefeld: Wenn wir das in Vergleich setzen zur Container- oder Bulktonnage, dann haben wir im Offshore-­Bereich sehr kurz laufende Charterzeiträume. Das geht teilweise von einem Tag bis zu sechs Wochen, manchmal auch bis zu zwei, drei, vier Monaten. In der Regel ist das aber nicht vergleichbar mit der kommer­ziellen Schifffahrt, wo wir zuletzt Charterverträge über mehrere Jahre gesehen haben. Das Geschäft ist schnelllebiger, und darüber hinaus müssen wir natürlich auf die Offshore-Spezifika der Schiffe eingehen: Standardisierungen wie bei den Containerschiffen gibt es hier nicht, da bringt jedes Schiff seine Besonderheiten mit. Auch die Anfragen der Charterer sind wesentlich detaillierter und weit­reichender.

Vor einigen Jahren hieß es, der Ausbau der Offshore-Windenergie werde durch einen Engpass bei den Errichterschiffen gebremst Wie stellt sich die Lage heute dar?

Schönefeld: Das hat sich entspannt. Aktuell sind knapp 30 Installationsschiffe auf dem Markt oder kurz davor, sieben weitere werden momentan auf Werften weltweit gebaut und bis 2014 zugeliefert. Bei diesen Neubauten sind durchweg große Krankapazitäten vorgesehen, um riesige Windenergie­anlagen zu errichten. Es ist ganz klar zu erkennen, dass die Reeder verstanden haben, dass die Jack-ups in Wassertiefen von mindestens 45 m einsetzbar sein und die entsprechende Beinlänge vorhalten müssen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der eingetretenen Verzögerungen beim Bau von vielen Windparks könnte es kurzzeitig sogar zu Überkapazitäten in diesem Bereich kommen.

Kann man also sagen, dass die Reeder ihre Hausaufgaben gemacht haben?

Schönefeld: Bei der Installationstonnage definitiv ja. Dafür sehen wir jetzt einen Engpass bei den Serviceschiffen, die den Windpark in der Installationsphase und auch später in der Betriebsphase unterstützen – CTVs, Versorger, Taucherbasisschiffe, Verkehrssicherungsschiffe und so weiter. Im deutschen Markt haben wir beispielsweise exklusive Schlepper momentan gut 25 Schiffe, die speziell auf den Offshore-Windmarkt zugeschnitten sind. Ein einzelner Windpark mit 80 Anlagen saugt aber schon allein in der Installationsphase 20 bis 30 Schiffe auf. Über den Daumen gepeilt kann man deswegen sagen: Ein Windpark, und die deutsche Servicetonnage ist für mindestens ein Jahr beschäftigt. Unser Rat ist es darum, die benötigte Tonnage frühzeitig abzusichern: Serviceschiffe mindestens ein Jahr im Voraus, Errichterschiffe mindestens zwei Jahre vor Baubeginn.

Warum werden denn nicht viel mehr Serviceschiffe bestellt?

Schönefeld: Die Frage ist absolut berechtigt, wir sehen das als einen sehr interessanten Markt an. Da spielen mehrere Dinge mit hinein: Wir haben natürlich nach wie vor die Problematik mit Fremdkapital, sprich die Reeder haben Schwierigkeiten, das notwendige Fremdkapital von den Banken zu bekommen. Ferner ist man im deutschen Markt immer noch ein Stück weit dem KG-Modell verhaftet, das Charterzeiträume von mehreren Jahren voraussetzt. Das ist jedoch im Offshore-Bereich nicht möglich. Wir haben keine Fünfjahrescharter, wir haben auch nahezu keine Jahrescharter – es spielt sich alles in Monatsbereichen ab. Man kann

das KG-Modell darum für diese Tonnage schlecht bis gar nicht nutzen, sodass die Reeder das Ganze allein zu stemmen haben.

Sehen Sie den Öl- und Gasmarkt eher als nützlichen »Reservemarkt« an, auf dem sich die Windindustrie bedienen kann, oder als Konkurrenz, die letztlich die Charterraten in die Höhe treibt?

Öl und Gas ist einfach höherpreisiger, da können ganz andere Charter­raten bezahlt werden. Wenn sich da von einem Tag auf den anderen die Raten verdoppeln, dann kann der Öl- und Gasmarkt das zahlen – der Windmarkt nicht. Floriert Öl und Gas, können und werden Schiffe abwandern. Die vergangenen Jahre haben wir davon profitiert, dass Spezialtonnage zu moderaten Raten in Offshore-Windprojekten eingesetzt werden konnte, aber wir sehen hier ganz klar ein Risiko für den Windmarkt.

Noch steht die Offshore-Windindustrie am Anfang und testet unterschiedliche Logistikkonzepte. Welche werden sich langfristig durchsetzen?

Schönefeld: Wir sehen bisher relativ wenige Feederkonzepte, vermuten aber, dass sie mit der Weiterentwicklung der Logistikkette zukünftig mehr Nutzen finden werden. Noch gibt es auf See die Schwierigkeit, Bauteile von Bargen zu übernehmen – bei Wellengang kann man dabei sehr schnell etwas zerstören. Aber mit der Weiterentwicklung sehen wir schon das Feederkonzept vorne: Unseres Erachtens sind die großen Installationsschiffe einfach zu teuer, um sie auch für das An- und Abliefern zu nutzen. Die müssen als Hauptwerkzeug draußen bleiben und entsprechend gefüttert werden, aber da sind noch einige Herausforderungen zu bewältigen.

Wagen Sie noch einen weiteren Blick in

die Zukunft? Wie sieht es in fünf Jahren in der Offshore-Windbranche insgesamt, auf dem dazugehörigen Schiffsmarkt und bei den German Renewables Shipbrokers aus?

Schönefeld: In den nächsten fünf bis zehn Jahren sind viele Hausaufgaben zu erledigen. Auf der Reederseite muss nach unserer Sicht mehr Servicetonnage in den Markt gebracht werden, und es werden sicherlich nach und nach weitere Installationsschiffe bestellt, weil eben die Anforderungen steigen werden. Windenergieanlagen werden noch größer dimensioniert, entsprechend muss mehr Krankapazität vorgehalten werden. Wir werden natürlich auch unterschiedliche Betriebskonzepte sehen – da wird man sich anschauen müssen, wie sich das dann verhält. Insgesamt sehen wir trotz der aktuellen Verzögerungen optimistisch in die Zukunft und wollen der Branche helfen, den begonnenen Weg erfolgreich weiterzugehen.


Anne-Katrin Wehrmann