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Es geht voran auf der »ersten Offshore-Serviceinsel der Welt«, wie sich Helgoland selbst gern bezeichnet. Teil 2 der HANSA-Serie beleuchtet den Ausbau der Insel zum Service- und Reaktionshafen.
Anfang Juli vorigen Jahres haben mit dem symbolischen ersten Spatenstich die Sanierungsarbeiten auf dem insgesamt gut 10 ha großen Südhafengelände Helgolands[ds_preview] begonnen. Ein halbes Jahr später steht die Baureifmachung der neu zu nutzenden Flächen kurz vor dem Abschluss: Voraus­sichtlich im März werden die drei Betreiber von Offshore-Windparks im Helgoland-Cluster ihre langjährig gepachteten Grundstücke an der Südkaje übernehmen können, um dort auf jeweils gut 3.000 m² ihre Werk- und Lagerhallen zu errichten. Sowohl RWE Innogy (»Nordsee Ost«) und WindMW (»Meerwind Süd/Ost«) als auch später Eon Climate & Renewables (»Amrumbank West«) werden die Insel als Service- und Reaktionshafen nutzen, um von dort ihre Windenergieanlagen zu betreiben und zu warten.

Flächen und Hafenanlagen vom Bund gekauft

Schon seit mehreren Jahren ist das Hafeninfrastrukturprojekt ein Thema auf Helgoland. Ursprünglich war es das vorrangige Ziel, den Frachtumschlag der Insel vom zentral gelegenen Binnenhafen in den Südhafen zu verlagern, um Anwohner und Gäs­te vor Lärmbelästigungen zu schützen. Da sich aber sowohl Süd- und Vorhafen (beide von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung als Schutz- und Sicherheitshafen ausgewiesen) als auch das anliegende Land im Eigentum des Bundes befanden, wurden Kaufverhandlungen fällig – und die erwiesen sich als langwierig.

Als es Anfang 2009 die ersten konkreten Anfragen aus der Offshore-Windbranche gab, kam neue Dynamik in die Gespräche. Der damalige Bürgermeister Frank Botter brachte die Verhandlungen schließlich Ende August 2010 und damit wenige Monate vor Ende seiner Amtszeit zu einem erfolgreichen Abschluss: Die Gemeinde übernahm vom Bund den Binnenhafen inklusive Kajen, einen Teil der Südkaje und etwa zwei Drittel des früher militärisch genutzten Südhafengeländes, auf dem sich unter anderem ein Hubschrauberlandeplatz der Bundeswehr, der Tonnenhof und drei Gebäude des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Tönning sowie die Kläranlage der Insel befinden. »Es ist spannend zu sehen, dass der Hafen jetzt endlich einer vernünftigen zivilen Nutzung zugeführt wird«, sagt Botter, der mittlerweile für die Schramm Group tätig ist und deren Büro auf Helgoland leitet. In seinem jetzigen Job könne er in die Praxis umsetzen, was er in den Jahren zuvor politisch eingefädelt habe: »Man bekommt nicht oft die Chance, innerhalb eines Entwicklungsprozesses die Seiten zu wechseln.« Eine seiner ersten Aufgaben in der neuen Funktion ist es, den Bau zweier Wohnhäuser im Mittelland zu koordinieren, die Schramm derzeit errichtet und die bereits langfristig an RWE Innogy sowie den Windparkzulieferer Repower Systems vermietet sind. Die beiden Gebäude, die insgesamt 30 Monteuren Unterkunft bieten werden, stehen kurz vor ihrer Fertigstellung und sollen im ersten Quartal 2013 bezogen werden.

»Historische Chance für Gemeinde«

Um alle notwendigen Maßnahmen des Hafenprojekts miteinander zu verknüpfen, haben die Gemeinde Helgoland und die Wirtschafts­förderungs- und Entwicklungsgesellschaft (WEP GmbH) des Kreises Pinneberg, zu dem die Insel gehört, im Jahr 2011 die Hafenprojektgesellschaft Helgoland (HGH mbH) ge­gründet. Sie soll das Projektmanagement sowie Planungs- und Steuerungsaufgaben übernehmen und außerdem die Hafen­flächen vermarkten. Geschäftsführer der HGH ist der gebürtige Insulaner Peter Singer: Er sieht in der Ansiedlung der Offshore-Industrie eine historische Chance für die Gemeinde, neben dem Tourismus und der Forschung ein

weiteres wirtschaftliches Standbein aufzubauen. »Die Infrastruktur hier wird zunehmend durch den Zuzug von Mitarbeitern der Offshore-Unternehmen geprägt«, meint Singer. »Durch die neuen Arbeitsplätze wird für die Insel auch ein volkswirtschaftlicher Gewinn entstehen.«

Der HGH-Chef zeigt sich optimistisch, dass die Herstellung des Baugrunds im Februar und die Erschließung des Hafengebiets im Mai dieses Jahres abgeschlossen werden. Anschließend sollen bis zum Sommer 2014 die Südkaje ertüchtigt und die erforderlichen Wassertiefen im Vorhafen geschaffen werden, damit die Windpark­betreiber dort ihr Material umschlagen und Personalwechsel vornehmen können. Zudem werden in unmittelbarer Nähe des vor­handenen Hubschrauberlandeplatzes Abstellflächen für die Helikopter der Unternehmen geschaffen. Als letzter Teil des Gesamtprojekts wird schließlich die Sanierung des Binnenhafens erfolgen.

RWE und WindMW, die bereits vor einigen Monaten mit dem Bau ihrer Offshore-Windparks begonnen haben, stellen aktuell Container beziehungsweise Übergangshallen am Südhafen auf, um die Insel möglichst bald als Planungs- und Servicestützpunkt nutzen zu können. Bei Eon hingegen lässt der Baubeginn von »Amrumbank West« noch auf sich warten. »Ich gehe deswegen davon aus, dass dort keine Interimslösung gebraucht wird«, erläutert Singer. »Wenn nächstes Jahr die Südkaje und die Hallen der drei Parkbetreiber fertig sind, würde das für Eon zeitlich gut passen.«

Hohe Belastung mit Kampfmitteln

Vor wenigen Wochen hat die Gemeinde auch die restlichen Flächen des Südhafengeländes vom Bund gekauft. Insgesamt sind für die Umsetzung des Hafeninfrastrukturprojekts knapp 30 Mio. € veranschlagt, von denen Schleswig-Holstein 11,5 Mio. € aus dem Zukunftsprogramm Wirtschaft übernimmt. Für den Bau der Suprastruktur sind die jeweiligen Unternehmen selbst zuständig. Ein guter Teil der Sanierungskosten ergibt sich dadurch, dass das Gelände stark mit Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg und den Jahren danach belastet ist. Es muss daher zunächst aufwendig von Altlas­ten befreit werden, bevor der Baugrund hergestellt und die Erschließung erfolgen können. Um die Kampfmittelräumung wird es im nächsten Teil der Helgoland-Serie in der HANSA gehen.


Anne-Katrin Wehrmann