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Beimengungen zu Schmierölen auf keramischer Basis sollen die Betriebskosten von Verbrennungsmotoren senken und die Emission von Schadstoffen verringern.
Am Markt stehen zahlreiche Additive auf keramischer Basis zur Verfügung, mit denen die Eigenschaften neuer und gebrauchter Schmier­öle für[ds_preview] Verbrennungs­motoren und für mechanische Getriebe verbessert werden sollen. Adressaten der Werbung für diese Stoffe sind überwiegend Endverbraucher, die Eigentümer eines ent­sprechenden Straßenfahrzeugs sind. Nun drängen derartige Additive auch verstärkt auf den Markt der Schiffsantriebe. Das ver­anlasste die HANSA zu einer entsprechen­den Recherche und einer ersten Bericht­erstattung.

Da Motorenhersteller üblicherweise nur die für ihre Motoren benötigten Betriebsstoffe spezifizieren, werden Additive, die diesen Stoffen beigemengt werden können, normalerweise davon nicht erfasst. Insofern ist bei neuen Motoren Vorsicht geboten, da bei Verwendung nicht spezifizierter Betriebsstoffe die Gewährleistung erlischt. Das gilt grundsätzlich für die hier zu besprechenden Additive. Auch die Aussage der Additivhersteller, dass ihre Stoffe mit allen marktgängigen Schmierölen mischbar seien, hilft nicht weiter. Denn mischbar heißt nicht gleichzeitig verträglich.

Hört man nun »Keramik« als Beimengung eines Schmieröls, dann drängt sich das Bild eines fein zermahlenen Blumentopfes auf, der selbst bei feinster Körnung nicht als Zusatz zu Schmiermitteln geeignet sein kann.

Worum geht es? Eine Produktinformation von Liqui Moly gibt einen ersten Aufschluss: Bei dem Produkt dieses Herstellers mit der Bezeichnung ­»Cera Tec« handelt es sich ­

um eine »Mikro­keramik-Festschmierstoff-Suspension auf Basis hexagonalen Bornitrids«. Bornitrid mit der chemischen Formel BN gibt es in drei verschiedenen Formen

mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften. Während es in der einen Form aufgrund seiner Härte als Schleifmittel verwendet wird, dient es in der anderen, der hexagonalen Form, als Schmiermittel. Die dritte Form ist nicht stabil. Das hexagonale BN ist ein Feststoff und in seiner Struktur und im Verhalten mit dem von Graphit vergleichbar. Aufgrund seiner Farbe wird es auch als »weißer Graphit« bezeichnet. Es gilt als hochtemperaturfest bis etwa 1.200 °C. Gefährlich sind allerdings deutlich darüber hinausgehende Temperaturen bei gleichzeitig hohem Druck. Dann ändert sich unter bestimmten Voraus­setzungen die Form und aus dem Schmierstoff wird ein Schleifmittel.

Das hexagonale BN kommt in Teilchengrößen, die bei Liqui Moly kleiner als 0,5 µm sind, in einer Mineralölsuspension zum Einsatz. Die geringe Teilchengröße soll ein Ausfiltern und Absetzen des BN verhindern. Hinsichtlich der Verwendung beschränkt sich das Unternehmen in der Produktinformation auf den Einsatz bei Per­sonenwagen- und Nutzfahrzeugmotoren, besonders bei sogenannten Aluminiummotoren.

Die Vorteile der Verwendung von Additiven auf BN-Basis beschreiben alle Hersteller ohne nennenswerte Unterschiede gleich: Verringerung der Reibung und Verschleißminderung, Vermeidung des direk­ten Kontaktes von Metall zu Metall. Daraus werden ein reduzierter Kraftstoffverbrauch und eine längere Lebensdauer der Motoren abgeleitet. Darüber hinaus soll die Laufruhe der Maschinen verbessert werden. Unabhängig von der Frage, um welches Additiv der hier beschriebenen Art es sich handelt und von welchem Hersteller es stammt, sind bislang dazu mit einer Ausnahme keine Tests unabhängiger Institute bekannt geworden. Liqui Moly bestätigte, dass Vergleichstests in Getrieben durchgeführt wurden, mit und ohne Cera Tec. Die Versuche verliefen nach Aussage eines unabhängigen Prüfers äußerst positiv für dieses Additiv. Dennoch empfiehlt das Unternehmen bei Motoren mit Graugussbauteilen konventionelle Additive.

Das Schweizer Additiv Bathan

Im vergangenen Jahr ist Motorenher­stellern und Reedereien von der Schweizer BVG Vertriebsgesellschaft das Additiv »Bathan« angeboten worden, ebenfalls unter anderem aus hexagonalem Bornitrid bestehend. Wie es offiziell heißt, sieht man bei der BVG nennenswerte Einsparpoten­ziale beim Kraftstoffverbrauch, die sich aufgrund unterschiedlicher Einsatzbedingungen der Motoren bzw. der von ihnen angetriebenen Maschinen nicht in einer griffigen Zahl darlegen lassen. Jedenfalls sollen bei Felderprobungen Einsparungen von bis zu 8 % erzielt worden sein. Anders ist die Situation beim Schmierölverbrauch: Dieser soll nach Aussage der BVG mit Bathan um 50 % gesenkt werden. Da Additive vergleichsweise teuer sind, würde eine Reduzierung der Schmierstoffkosten auf die Hälfte allerdings allein nicht ausreichen, um den Aufwand für Additive auszugleichen. Das sieht man auch bei der BVG so. Da wiegen wenige Prozente beim Kraftstoffverbrauch wesentlich schwerer. Nur sie müssen nachhaltig zu erzielen sein.

Über die Einsparungen bei den Betriebsstoffen hinaus soll die Partikelemission von Dieselmotoren mit Bathan um bis zu 70 % gesenkt werden können. Wie ein Stoff, der nicht am Verbrennungsprozess teilnimmt, sondern nur die Reibung zwischen metallischen Bauteilen mindert, den Ausstoß von Partikeln – im genannten Maß! – senken soll, ist nicht erkennbar. Berichten aus der Schweiz (der Redaktion liegen einige Schreiben vor) ist jedoch zu entnehmen, dass beim Betrieb der Dieselmotoren mit Bathan, selbst bei langen Laufzeiten im Teillastbereich, keine Probleme mehr mit den in der Schweiz ab 18 kW Motorleistung vorgeschriebenen Partikelfiltern auftreten. In einzelnen Fällen wird berichtet, dass »keine zusätzliche Regeneration« der Filter mehr erforderlich ist. Das spricht für eine Beeinflussung des Verbrennungsvorgangs, da in jenen Fällen offenbar gar nicht erst in dem Maße Partikel entstehen, wie dies ohne Zusatz der Fall war.

Um die Effekte des Additivs auch bei neuen Motoren nutzen zu können, hat die BVG in Zusammenarbeit mit der Schweizer Strubb Schmiertechnik AG ein Motorenschmieröl entwickelt, in dem das Additiv enthalten ist. Gemäß Datenblatt für das Öl liegen Freigaben namhafter Motoren- und Nutzfahrzeughersteller dafür vor. Zur Anwendung des Bathan-Additivs in der Schifffahrt ist von der BVG zu hören, dass es sowohl bei schnelllaufenden wie mittelschnelllaufenden Viertaktmotoren verwendet werden kann. Der Einsatz bei langsamlaufenden Zweitaktmotoren wird aber ausgeschlossen.

Rewitec kein Additiv?

Die Firmierung »Rewitec GmbH« leitet sich ab von »Reparatur- und Wiederherstellungstechnologie«. Am Sitz des Unternehmens in Lahnau hört man die Bezeichnung Additiv nicht gern im Zusammenhang mit dem eigenen Produkt, obwohl jeder chemische Zusatz zu einem Schmierstoff, oder auch zu einem Kraftstoff, in der Fachsprache, ohne Rücksicht auf seine spezifische Wirkung, als Additiv bezeichnet wird. Beschäftigt man sich etwas näher mit dem Produkt »Rewitec«, dann wird rasch verständlich, warum vermieden werden soll, in einen Topf mit den Additiven auf keramischer Basis geworfen zu werden.

Führt das Bornitrid der keramischen Additive stofflich zur Verbesserung der Schmierung in einem Motor, so haben die im Rewitec wirksamen Silikate eine völlig andere Aufgabe: Sie sollen die reibenden Flächen veredeln, vereinfacht gesagt glätten, um die Reibung zwischen den metallischen Bauteilen zu verringern. Der Schmierstoff wird nur als Transportmittel benutzt. Die Wirkung der Silikate tritt lediglich im Grenzfall der Mischreibung auf. Solange Temperatur und Druck an den reibenden Flächen im normalen Bereich bleiben, sind die Bestandteile des Rewitec außer Funk­tion. Werden sie aktiv, dann gehen sie eine chemische Verbindung mit den Metallen der reibenden Flächen ein und bilden nach Aussage des Unternehmens »schrittweise eine verschleißfeste Metallsilikat-Oberfläche«. Die neuen Oberflächen verursachen weniger Reibung als die alten und mindern so den Verschleiß. Das Kompetenzzentrum Tribologie der Hochschule Mannheim hat mit dem Produkt Rewitec an einem Zweischeibenprüfstand Untersuchungen zum Verschleiß durchgeführt. In einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse ist zu lesen: »Im Kurzzeittest senkt Rewitec gegenüber einem Standard-Mineralöl die Reibung um 23 % und die Temperatur um 8 %« und »gegenüber einem Hochleistungs-APO-Öl die Reibung um 18 % und die Temperatur um 4 %«. Zum Ergebnis aus dem »Langzeittest unter höherer Belastung« werden im Vergleich mit einem Hochleistungsöl 33 % weniger Reibung und 20 % niedrigere Temperatur genannt. Die Rauigkeit der reibenden Oberflächen hat sich danach auf die Hälfte verringert.

Feldversuche auf Schiffen liegen sowohl für die Binnen- wie für die Seeschifffahrt vor. Auf einem Tanker des Unternehmens Ascona Tankschiffahrt wurde 2006 eine Behandlung von Hauptmaschine und Bord­aggregatantrieb mit Rewitec durchgeführt. Der MAN-Motor vom Typ 28/32, mit einer Leistung von 588 kW, verbrauchte bei einer durchschnittlichen Auslastung von 90 % vorher 4,0 l Schmieröl pro Tag und nachher nur noch 2,5 l. Das Intervall für die Ein-

stellung der Ventile konnte von 400 auf 1.000 Betriebsstunden verlängert werden, bei gleichzeitig mehr als halbierter Nachstellung des Spiels. Rewitec behandelte 2008 mit Erfolg einen Zylinder der Hauptmaschine eines Frachtschiffes, das mit einem Sulzer-Zweitaktmotor der Baureihe RTA 62 U ausgerüstet war. Damit sollte der Laufbuchsenverschleiß verringert und eine deutliche Verlängerung der Standzeiten erreicht werden. Das während des Einsatzes von Rewitec geprüfte Zylinderöl zeigte am behandelten Zylinder im Vergleich zu den anderen Zylindern den geringsten Wert an Eisenteilen. Bei einer Inspektion des Motors nach 23.000 Betriebsstunden konnte der Wärtsilä-Service an der Laufbuchse nahezu keinen Verschleiß feststellen.

Rewitec nennt als wesentliche Vorteile seines Produktes beim Einsatz in Vier- wie Zweitaktmotoren – außer dem verringerten Schmierölverbrauch – geringere Reibung und Verschleiß an Kolben und Kolbenringen, Laufbuchsen und Hauptlagern. Die verfügbaren Ergebnisse von Feldversuchen beziehen sich allerdings nur auf vergleichsweise alte Motoren mit entsprechendem Verschleiß an den betreffenden Bauteilen. Wie das Unternehmen mitteilte, läuft gegenwärtig ein Versuch auf dem Containerschiff »Tokyo Express« von Hapag-Lloyd. Nachdem über einen längeren Zeitraum Verbrauchsmessungen an der Antriebsmaschine eines Bordaggregates, angetrieben von einem MAN-Motor der Baureihe 28/32, durchgeführt wurden, läuft dieser Viertaktmotor zurzeit mit dem Zusatz Rewitec. Wie es heißt, »zeigt der erste Zwischenbericht schon eine Reduzierung des Verbrauchs«. Sobald hierzu konkrete Ergebnisse vorliegen, wird die HANSA berichten.


Hans-Jürgen Reuß