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Ein neuer Mustervertrag der BIMCO regelt den Einsatz von privaten Sicherheitskräften auf Schiffen. Der rechtliche Rahmen im Kampf gegen Piraterie verbessert sich dadurch für die Reeder deutlich, schreibt Rechtsanwalt Christoph Hasche
Als im Jahr 2011 klar wurde, dass man der akuten Gefahr von Piraterie an Bord von Schiffen am effektivsten dadurch[ds_preview] begegnet, private Sicherheitsfirmen mit an Bord zu nehmen, machte es sich der Verband BIMCO zur Aufgabe, einen Mustervertrag zur Anstellung von sogenannten PMSCs (Private Military and Security Companies) zu entwerfen.

Nun hat nach nur drei Monaten Detailarbeit eine Expertengruppe die Vertragsform »Guardcon« erarbeitet. Dies ist außerordentlich begrüßenswert, da der Vertrag die beiden von der BIMCO verfolgten Ziele weitgehend erreicht: Rechts­klarheit bei der Beauftragung privater Sicherheitsfirmen und Qualitätssicherung. Die Rechtslage beim Einsatz bewaffneter Sicherheitskräfte musste bisher – gerade auch weil Vorschriften aus so vielen verschiedenen Jurisdiktionen zu berücksichtigen sind – als unklar und damit als unbefriedigend eingeschätzt werden. Der Guardcon-Vertrag versucht, den Reeder und den Kapitän aus der zivil- und strafrechtlichen Haftung herauszuhalten, sollte es bei der Piratenabwehr zu ungeplanten Zwischenfällen und Schäden kommen.

Die Verantwortung für den konkreten Einsatz musste daher konsequenterweise auf die Fachleute, d. h. das Sicherheitspersonal übertragen werden. Dies ist jedoch nicht uneingeschränkt möglich, weil die SOLAS-Bestimmungen unabdingbar vorsehen, dass die oberste Entscheidungsbefugnis und letzte Verantwortung an Bord beim Kapitän liegt.

Zwei verschiedene Einsatzphasen

Der Einsatz und die jeweilige Verantwortung an Bord sind in zwei Phasen zu unterteilen. Die erste Phase beginnt mit dem Abschluss des Vertrages, umfasst das Anbordkommen der Sicherheitsteams und dauert bis kurz vor einer konkreten Gefahrensituation. Während dieser Phase hilft und berät die Sicherheitsfirma den Kapitän und die Mannschaft bezüglich passiver Abwehrmaßnahmen, wie etwa dem Ausbringen von Nato-Draht, oder der Umsetzung der Best Management Practices (BMP 4). Dies ist vergleichbar mit Lotsen, deren Beratung ebenfalls nicht zu einer Reduzierung der Verantwortung des Kapitäns führt.

In dieser Phase befindet sich das Schiff häufig noch nicht in internationalen Gewässern, sodass restriktives Küstenstaatenrecht Anwendung finden könnte, welches die Möglichkeit zur Gewaltausübung oder zum Waffeneinsatz einschränken könnte.

»Guardcon ist ein Vertragsmuster, das der Reederschaft ein hohes Maß an Sicherheit bietet.

Jeder Vertrag über die Beschäftigung privater Sicherheitskräfte wird sich hieran messen lassen müssen«

Die zweite Phase beginnt nur unter der Bedingung eines bevorstehenden Angriffs, d. h. »in the event of any actual perceived or threatened act of piracy«. In diesem Moment teilt der Teamleader des Sicherheitsdienstes dem Kapitän bzw. Wachoffizier mit, dass er die in Anlage B des Guardcon- Vertrages festgelegten »Rules for the Use of Force« in Kraft setzen möchte.

Es ist also der Sicherheitsdienst und nicht der Kapitän, der bestimmt, dass es zu Gewaltanwendungen kommen kann. Damit verlagert sich die Verantwortung auf das Sicherheitspersonal, das von nun an die alleinige Verantwortung für den Einsatz von Waffen und die Anwendung von Gewalt trägt. Das soll eine Mittäterschaft des Kapitäns an einer möglicherweise strafbaren Handlung verhindern.

Reduzierte Haftungsrisiken

Zwar verbleibt dem Kapitän das Recht, jederzeit zu befehlen, das Feuer einzu­stellen. Er trägt auch durchgehend die letzte Verantwortung für die Navigation des Schif­fes. Mit den konkreten Abwehrmaßnahmen haben der Kapitän und die Besatzung jedoch nichts zu tun. Sie können die Sicherheitskräfte auch nicht zur Anwendung von Gewalt bewegen. All dies reduziert naturgemäß die Haftungsrisiken. Dagegen bleibt unter dem Vertrag jedes Mitglied des Sicherheitsteams für seine eigenen Handlungen und Entscheidungen selbst verantwortlich. Auch das Notwehrrecht jedes einzelnen Guards kann vom Kapitän nicht eingeschränkt werden. In den »Rules for the Use of Force« sollen die verschiedenen Maßnahmen je nach Gefährdungsstufe festgelegt werden. Eine zentrale Rolle spielt die Vorgabe, dass das jeweils gefahrloseste Mittel zum Einsatz kommt und die nächste Eskalationsstufe nur beschritten werden darf, wenn sich die vorherigen Maßnahmen als unzureichend erwiesen haben. Nach einem Piratenangriff gelten dann wieder die Regelungen der gewaltfreien Beratung und Unterstützung durch die Sicherheitsfachleute sowie umfangreiche Berichts- und Protokollpflichten. Zahlreiche weitere Klauseln des Vertragsmusters verfolgen den Zweck, einen hohen Qualitätsstandard für Sicherheitsdienste festzulegen, so z. B. umfassende Pflichten bei Auswahl und Ausbildung der ­Guards. Der Qualitätssicherung dient auch die Vorschrift, dass in der Regel vier Sicherheitsleute an Bord sein müssen und der Sicherheitsdienst eine Haftpflichtversicherung über 5 Mio. $ abgeschlossen haben muss. Die Haftung der Vertragsparteien ist nach dem Prinzip »Knock for Knock« ausgestaltet.

Fazit: Guardcon ist ein Vertragsmuster, das der Reederschaft ein hohes Maß an Sicherheit bietet. Jeder Vertrag über die Beschäftigung privater Sicherheitskräfte wird sich hieran messen lassen müssen.

Anmerkung der Redaktion: Eine ausführlichere Erläuterung des Guardcon-Vertrags finden Sie online unter www.hansa-online.de/guardcon als Download.

Christoph Hasche