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Die Auflösung des Unterschiedsbetrags eines in Deutschland beschränkt steuerpflichtigen Kommanditisten führt zur inländischen Besteuerung.
Der Sachverhalt ist einfach und ­schnell erzählt. Wir haben eine Kommanditistin, die in Belgien wohnt und an einer Schifffahrtsgesellschaft mit[ds_preview] Sitz in Hamburg beteiligt ist. Diese Gesellschaft verfügt weder über Grundvermögen noch über sonstige ausländische Betriebsstätten. Die in Belgien wohnhafte Kommanditistin übertrug 90 % ihrer Beteiligung an ihren Ehemann und die restlichen 10 % an eine Holding-KG. Interessant an diesem Fall ist, dass für die Kommanditistin und nachfolgend Klägerin vor dem Finanzgericht Hamburg ein Unterschiedsbetrag gesondert festgestellt worden war. Die Frage war nun, ob der als Veräußerung zu erfassende Übertragungsakt der Kommanditisten an ihrem Ehemann und die Holding-KG zur Auf­lösung des Unterschiedsvertrages bei der Kommanditistin führen würde, und wenn ja, ob Deutschland als Geschäftsleitungs­staat der Schiffsgesellschaft oder Belgien als Wohnsitzstaat der Kommanditistin das Besteuerungsrecht an den daraus resultierenden Gewinnen zusteht.

Nach Ansicht des Finanzgerichts Hamburg – Aktenzeichen: 2 K 221/11 – führt die Auflösung und Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages nach nationalem Recht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu einem beschränkt steuerpflichtigen laufenden Gewinn, nicht aber zu einem Veräußerungsgewinn, der in Deutschland steuerpflichtig ist. Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Belgien als Wohnsitzstaat der Kommanditistin steht einer inländischen Besteuerung nach Ansicht des Finanzgerichts nicht entgegen.

Wie sollte der Fall auch anders zu entscheiden sein? Schließlich vermittelt die inländische Personengesellschaft dem in Belgien ansässigen Gesellschafter ein inländisches betriebliches Engagement. Die Unterschiedsbeträge wurden durch ein deutsches Finanzamt beim Gesellschafter gesondert festgestellt. Wenn sowohl der belgische als auch der deutsche Staat die in Hamburg ansässige Kommanditgesellschaft als steuerrechtlich transparente Mitunternehmerschaft betrachten, verursacht dies keine Probleme. Nicht die Kommanditgesellschaft ist steuerpflichtig, sondern die Gesellschafter sind es. Sie allein sind dazu berufen, sich auf die Bestimmung eines Doppelbesteuerungsabkommens zu beziehen und Ansprüche hieraus abzuleiten.

Das Problem dieses Falles besteht darin, dass die deutsche Kommanditgesellschaft nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Belgien als eine Gesellschaft betrachtet wird, die als in Deutschland ansässig fingiert wird. Verkürzt kann man sagen, dass nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Belgien eine deutsche Kommanditgesellschaft quasi wie eine Kapitalgesellschaft zu behandeln ist. In diesem Fall hätte Belgien als Wohnsitz- und Ansässigkeitsstaat ein Besteuerungsrecht an der Veräußerung der abkommensrechtlichen Kapitalgesellschaftsanteile. Diese Ansicht vertritt zwar nicht das Finanzgericht Hamburg, jedoch ein ehemaliger Vorsitzender des Ersten Senats des Bundesfinanzhofs. Unter anderem deshalb muss nun der Bundesfinanzhof über diese Frage entscheiden.

Anmerkungen: Die Frage ist von erheblichem Interesse, zumal wenn Deutschland und der andere betroffene Staat abkommensrechtlich die Personengesellschaft als ansässige Personen betrachten. Vor dem Hintergrund des zu entscheidenden Falles dürfte insbesondere von Bedeutung sein, dass Belgien mangels Kenntnis von Unterschiedsbeträgen nach seinem nationalen Steuerrecht bei Zuweisung des Besteuerungsrechtes nach Belgien diese Unterschiedsbeträge möglicherweise nicht besteuern würde. So genannte weiße Einkünfte könnten entstehen: Deutschland darf aufgrund des Doppelbesteuerungs­abkommens nicht versteuern und Belgien besteuert nicht aufgrund seines nationalen Steuerrechts. Die Entscheidung wird mit Interesse erwartet, zumal sie – je nach Ausgang – in ähnlich gelagerten Fällen Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen würde.
Klaus Voß