Print Friendly, PDF & Email

Ende November trafen sich die STG-Mitglieder in Hamburg zu ihrer alljährlichen Versammlung, deren Schwerpunkt dieses Mal Schiffe für den Offshore-Einsatz und für »besondere Aufgaben« waren.
Seit 1945 finden die STG-Hauptversammlungen im Wechsel in Berlin und Hamburg statt – mit wenigen Ausnahmen (1996 in Bremen, 1998[ds_preview] in Lübeck und 2011 in Rostock). Berlin ist der Gründungsort und Sitz dieser Gesellschaft, in Hamburg befinden sich die STG-Geschäftsstelle und die Firmenzentralen vieler Reedereien und Unternehmen im Offshore-Windbereich.

Schon bei den Titeln der insgesamt 17 Vorträge wird sichtbar, dass die Meerestechnik dieses Mal ein wichtiges Thema war. Das ist auch an der derzeitigen Beschäftigungslage der deutschen Werften abzu­lesen. Neben neuartigen und aufwendigen Plattfor­men zur Stromwandlung wird zudem ein Windanlagen-Errichterschiff gebaut. Die STG-Tagung begann für einige Teilnehmer bereits am Dienstag, dem 20. November 2012, mit einer Fachausschuss­sitzung (FA) bei Siemens. Am Mittwoch wurden je eine FA-Sitzung bei Det Norske Veritas (DNV) und bei Blohm+Voss Ship­yards durchgeführt. Zudem fand in der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) die 35. Georg-Weinblum-Gedächtnisvorlesung statt. Am Mittwoch­abend stand dann in der Elbkuppel des Hotels Hafen Hamburg der Begrüßungs­abend auf dem Programm. Dabei stimm­-

te Dr. Stephan Timmerman, Mitglied des Vorstandes von MAN Diesel & Turbo, die Teilnehmer und Gäste mit einem Abendvortrag auf die am Donnerstag folgende Versammlung ein.

Mitgliederversammlung und feierliche Eröffnung

Nach der Mitgliederversammlung am Donnerstagmorgen folgte die feierliche Eröffnung durch den STG-Vorsitzenden Dr. Hermann J. Klein. Es schlossen sich Grußworte an von dem – kurz darauf aus dem Amt verabschiedeten – Hauptgeschäfts­führer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM), Werner Lundt, dem Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Hauke Schlegel, und dem Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Dr. Martin Kröger.

Nach Ehrungen von langjährigen und verdienten STG-Mitgliedern erfolgten die Verleihungen des Georg-Weinblum-Preises und des Curt-Bartsch-Preises (Abb. 1). Musikalische Darbietun­gen von Dr. Ernst-August Weitendorf und Prof. Stefan Krüger gaben dieser Eröffnung einen feierlichen Rahmen. Im Festvortrag von Prof. Michael F. Jischa mit dem Titel »Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien« (Abb. 2) wurde den Teilnehmern unter anderem verdeutlicht, dass die Offshore-Windenergie weniger Risiko als Zukunftssicherung bedeutet.

Fachvorträge und Besichtigungen

Die folgenden drei Fachvorträge zur Offshore-Windenergie informierten die Teilnehmer mit einem großen Anteil studentischer Hörer über die Aktivitäten der Werften, Zuliefer- und Windparkindustrie. Bis 2020 ist in Europa die Installation von durchschnittlich 800 Offshore-Windturbinen pro Jahr geplant. Das bei der Sietas-Werft entstehende Windanlagen-Errichterschiff vom Typ 187 wurde von der Chefingenieurin Katharina Voigt vorgestellt. Die Anwendung dieser neuartigen Schiffstypen zum Aufbau von Offshore-Windparks legte anschließend Dr. Carsten Heymann von HGO InfraSea Solutions dar. Anhand von eindrucksvollen Grafiken präsentierte er einen Erfahrungsbericht über den ersten Einsatz des Errichterschiffes »Innovation« im Windpark »Global Tech 1«, 93 km nordwestlich der Insel Juist in der Nordsee. Guido Schulte von Nordic Yards in Wismar ging danach auf die technischen Herausforderungen dieses Zukunftsmarktes ein. Besonders die derzeit bei Nordic Yards gebauten Plattformen zur Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ), die in den Offshore-Windparks zur Wandlung des Drehstromes in Gleichstrom dienen, bieten Werften und der Zulieferindustrie Arbeit für mehrere Jahre. Das ist vor dem Hintergrund der Schifffahrtskrise ein willkommenes Geschäft mit großen Zukunftsaussichten, da in fünf bis zehn Jahren auch andere europäische Länder diese Technologie für küstenferne Windparks benötigen.

Im zweiten Vortragsblock dieses Tages wurden preisgekrönte Dissertationen und Abschlussarbeiten der Hochschulen vorgetragen. Nach Dr. Lars Arne Wagner, Träger des Curt-Bartsch-Preises, sprach Philipp Mucha, der den ersten Preis beim STG-Studentensprechtag erhielt. Dr. Arthur Stück, Träger des Georg-Weinblum-Preises, be­endete die Vortragsrunde des ersten Versammlungstages.

Es folgte eine Besichtigung von Blohm + Voss bzw. des Internationalen Maritimen Museums mit nachfolgendem Essen im ehemaligen Hauptzollamt. Hier berichteten Schiffbaustudenten über eine im September erfolgreich durchgeführte Exkursion von 20 Studierenden nach Norwegen, die weitgehend von der STG finanziert worden war.

Fachvorträge und Ausklang

Der Freitag begann mit dem Thema »Schiffe für besondere Aufgaben« und wurde von Vortragenden des Germanischen Lloyd, der Meyer Werft, Neptun Werft, RF Forschungsschifffahrt und Abeking & Rasmussen gestaltet. Zwei Referate widmeten sich dem diesel-elektrisch angetriebenen Forschungsschiff »Sonne«, dessen Bauvertrag im August 2011 auf der Neptun Werft unterzeichnet wurde. Es wird derzeit konstruiert, Mitte 2014 soll es erprobt und Ende 2014 übergeben werden. Das komplexe Zusammenspiel aus Entwurf, Hydrodynamik und Operation stellte Dr. Klaas Spethmann am Beispiel des weiterentwickelten SWATH-Konzeptes vor. Be-

sonders zum Andocken an andere Schiffe, Plattformen oder feste Bauwerke ergeben sich erhebliche Vorteile. Es folgten zwei Vorträge zu besonderen Problemen der Schiffsfestigkeit. Zum Schiffsentwurf für die Polarregionen wurden aktuelle Verfahren für die Auslegung der Materialstärke für die niederen Polar-Eisklassen gemäß den Klassevorschriften präsentiert. Die Betriebsfestigkeitsberechnung von Propulsionsanlagen unter Eislasten beschäftigte sich mit den neuen Bauvorschriften des Germanischen Lloyd.

Der letzte Vortragsblock beinhaltete je zwei Vorträge mit Themen der Meerestechnik und Schiffshydrodynamik. Jörg Asmussen von Hochtief Solutions erläuter­te die spezifischen Anforderungen eines Offshore-Windparks, beginnend bei den Gründungsstrukturen, den hohen dynamische Lasten der Masten und der Windturbinen. Er gab auch Auskunft zur Service-Logistik und den prozentualen Anteilen der anfallenden Gesamtkosten im Lebenszyklus von Offshore-Windparks. Moustafa Abdel-Maksoud, Professor an der TUHH, stellte die hydrodynamischen Eigenschaften und die Verankerung von Offshore-Windkraftanlagen mit selbstschwimmen­den Schwerkraftgründungen vor.

Cornelia Heinke von der SVA Potsdam hatte im Rahmen des Forschungsprojektes »Thruster für dynamische Positionierung« den optimalen Einsatz von Thrustern zur Verbesserung der Dynamischen Positionierung (DP) untersucht und präsentierte einige der wichtigsten Ergebnisse. Sie zeigte den Einfluss der Düsen- und Gondelneigung auf den Schub und stellte die Wechselwirkung vom Thruster und die Kimmform von Offshore-Plattformen dar.

Im letzten Beitrag behandelte Prof. Thomas Rung (TUHH) in dem Vortrag »Parametergestütze adjungierte Sensitivitätsanalyse zur Rumpfformoptimierung« einen neuen Ansatz zur parametrischen Form­beschreibung. Das Verfahren wurde gemeinsam mit Friendship Systems entwickelt und unter anderem an der Umströmung des Hinterschiffs eines völligen Massengut-

schiffes untersucht. Zur Überprüfung der numerischen Optimierung wurden bei der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt Schlepp- und Propulsionsversuche mit beiden Rumpfvarianten durchgeführt.

Zusammenfassung

Die Hauptversammlung der STG 2012 in Hamburg präsentierte sich mit interessanten Vorträgen, anregenden Diskussionen und anspruchsvollen Gesprächen am Rande. Im Schiffbau konzentriert sich derzeit vieles auf effizientere Alternativen beim Design und Betrieb von Schiffen und Offshore-Anlagen. Diese kurze Zusammenfassung soll Inte­-

r­esse wecken – die ausführlichen Vorträge stehen auf der Homepage der STG unter www.stg-online.org zur Verfügung.


Karl-Heinz Hochhaus