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Die Aktivität auf den Scrapping-Märkten geht unverändert weiter und wird sich in diesem Jahr voraussichtlich noch verstärken. Umweltfreundliches Abwracken wird dabei eine gewichtigere Rolle spielen.
Die Zahl der Abwrackungen hat sich 2012, sowohl in Bezug auf die absolute Zahl als auch auf die Zahl verschrotteter[ds_preview] Tonnage, im Vergleich zum Vorjahr wieder deutlich erhöht. Nach Angaben des in London beheimateten Schiffsmaklers Seasure Shipping wurden im vergangenen Jahr in allen Branchen insgesamt knapp 1.000 Schiffe abgebrochen – mehr als die Hälfte davon waren Bulkcarrier. Athenian Shipping gibt die Zahl vernichteter Tonnage aller Schiffstypen mit insgesamt 55,1 Mio. t (2011: 40 Mio. t) an.

Hauptgrund für die gestiegenen Akti­vitäten auf den Scrapping-Märkten ist die weiterhin anhaltende Krise in der Schifffahrt und die damit verbundenen Über­kapazitäten, vor allem im Container- und

im Bulker-Segment. Der sich Anfang 2012 andeutende Trend, vermehrt Schiffe jüngeren Alters abzuwracken, setzte sich auch über das Jahr verteilt fort bzw. verstärkte sich sogar noch.

Für das Jahr 2013 rechnen Experten mit ähnlichen, wenn nicht sogar mit noch mehr Aktivitäten in der Verschrottungsbranche und prognostizieren zugleich, dass sich der Trend, jüngere Schiffe abzubrechen, verstärken wird.

Containerschifffe

Insbesondere Containerschiffe sind weiterhin von dem übersättigten Markt betroffen, sodass es nach wie vor besonders in diesem Segement massive Überkapazitäten gibt. So ist die Zahl verschrotteter Schiffe weiterhin hoch. Über die genauen Zahlen gibt es unterschiedliche Angaben. Nach Informationen von Seasure Shipping wurden im vergangenen Jahr insgesamt 168 Containerschiffe verschrottet (Abb. 1). Clarksons gibt die Zahl mit 178 Schiffen bei einer Stellplatzkapazität von 332.380 TEU an. Nur im Jahr 2009 (379.426 TEU) lag die Anzahl der abgewrackten Containerstellplätze noch höher. Die Analysten von Dynamar zählten im vergangenen Jahr sogar 189 abgewrackte Containerschiffe.

Die meisten Abbrüche gab es bei Einheiten zwischen 1.000 TEU und 2.499 TEU. Nach Angabe von Lloyd’s List Intelligence wurden im vergangenen Jahr annähernd doppelt so viele Schiffe (82) dieser Größe verschrottet, wie Neubauten auf den Markt kamen (43). Die Zahl der Abwrackungen dieser Klasse war damit so hoch wie in den vergangenen drei Jahren nicht mehr.

Das Durchschnittsalter der abgebroche­nen Schiffe lag laut Dynamar bei 25 Jahren und damit ein Jahr unter dem Vorjahreswert. Es gibt zwar nach wie vor einige ältere Schiffe auf den Weltmeeren, aber zahlreiche Einheiten, die erst in der Mitte der 1990er-Jahre gebaut wurden, sind bereits im vergangenen Jahr in den Schrott gegangen (Abb. 2). Die jüngsten Schiffe, die 2012 abgewrackt wurden, waren die als Containerschiffsfregatten bezeichneten »Ocean« und »Soraya« mit einer Kapazität von je 1.350 TEU. Die 1999 bzw. 2000 in China gebauten 217 m langen Fahrzeuge zeichneten sich vor allem durch ihre hohe Geschwindigkeit von 25 kn aus. Insgesamt ließ die Reederei Norasia zwischen 1998 und 2000 zehn Einheiten dieses Typs bauen, je fünf in China und bei HDW in Deutschland, die bis auf die beiden oben genannten noch in Fahrt sind.

Ihre Geschwindigkeit wurde diesen Schiffen in Zeiten der Krise gewissermaßen zum Verhängnis, da sie aufgrund der eingebauten Maschine nur unter voller Leistung fahren konnten und somit regelrechte »Kraftstofffresser« waren. Deshalb lag es nahe, die verhältnismäßig jungen Schiffe abzuwracken.

Ähnliches lässt sich über viele übrige älte­re Schiffe sagen. Aufgrund überholter Technik, gerade was ihren Kraftstoffverbrauch betrifft, können solche Schiffe heute zumeist nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden. Slow Steaming beispielsweise ist mit den veralteten Maschinen zum größten Teil gar nicht möglich, sodass auch diese Schiffe nahezu mit Maximalgeschwindigkeit fahren, was sich bei den gestiegenen Treibstoffpreisen negativ auf die Kosten auswirkt.

Hinzu kommen gestiegene Umweltanforderungen, denen ältere Einheiten oft ebensowenig gerecht werden. Um diese Anforderungen zu erfüllen, müssten sie aufwendig nachgerüstet werden, was erhebliche zusätzliche Kosten mit sich brächte. Folglich trennen sich Reeder früher von solchen ineffizienten Schiffen.

Große Ablieferungswelle

Die enormen Überkapazitäten resultieren vor allem daraus, dass im vergangenen Jahr viele Neubauten in Fahrt gekommen sind, die noch vor der Krise bestellt wurden. Clark­sons gibt die Zahl der im Jahr 2012 abgelieferten Containerschiffe mit 207 und die Gesamtkapazität mit 1,26 Mio. TEU (2011: 1,21 Mio. TEU) an. Unter den in Fahrt gekommenen Schiffen waren 78 mit Kapazitäten von jeweils 8.000 TEU und mehr.

Der Trend zu größeren Schiffen mit steigenden Stellplatzkapazitäten setzt sich fort. Neue Einheiten sind heutzutage in der Lage, bis zu 16.000 TEU zu transportieren. Was heute in puncto Kapazität von einem Schiff geleistet werden kann, dafür hätte es früher mindestens drei bzw. sogar vier Schiffe der Panamax-Klasse benötigt.

Die schwierige wirtschaftliche Lage verstärkt den Effekt, zu viele Stellplätze bzw. Schiffe für zu wenig zu transportierende Güter zu haben, zusätzlich. Die Zahl der Neubaubestellungen ist zwar deutlich zurückgegangen, aber einige Reedereien – beispielsweise Evergreen, APL oder Yang Ming – entschlossen sich dennoch im vergangenen Jahr, neue Schiffe mit Stellplatzkapazitäten von mehr als 13.000 TEU zu ordern, um für die Zeit nach der Krise gerüstet zu sein. Wenn diese Schiffe in Fahrt kommen – das erste von APL soll noch in diesem Jahr abgeliefert werden – werden erneut ältere Einheiten verschrottet werden (müssen), um die Überkapazitäten zu re­duzieren.

Gleiches ist zu erwarten, wenn zur Jahresmitte die Schiffe der Triple-E-Klasse von Maersk (18.000 TEU) in Fahrt gehen werden, die dann mit Abstand die größten ihrer Art sein werden.

Die Vorteile modernerer Schiffe liegen auf der Hand: weniger laufende Kosten durch umweltfreundlichere Antriebe, verbessertes Design, gestiegene Kapazität etc.

Bulkcarrier

Die Bulker-Branche ist nach wie vor die Sparte, in der die meisten Schiffe in den Schrott gehen. Laut Seasure Shipping waren es hier im vergangenen Jahr insgesamt 527 (Abb. 3, S. 47). Am häufigsten werden Einheiten der Handysize-Klasse abgewrackt, gefolgt von der Panamax-Klasse – hier gibt es die größten Überkapazitäten.

Insbesondere im Januar steigt die Zahl abgelieferter Schiffe erfahrungsgemäß stark an. Grund hierfür ist, dass viele Reeder die eigentlich für Dezember geplanten Ablieferungen um einem Monat hinauszögern, damit die Schiffe mit Baujahr 2013 ange­geben werden. Nach Informationen von »Hellenic Shipping News Worldwide« wurden beispielsweise im Dezember 2011 nur 19 Schiffe der Panamax-Klasse abgeliefert. Im Januar 2012 waren es mit 39 rund doppelt so viele. Ähnliches ist in diesem Jahr zu erwarten – und auch in den kommenden Monaten wird es viele Ablieferungen geben. Dadurch entstehen in der Bulker-Branche weitere Überkapazitäten, weshalb auch hier zahlreiche Schiffsabwrackungen zu erwarten sind.

Bei den Bulkern sind die in den Schrott gehenden Schiffe im Durchschnitt älter als die für den Abbruch bestimmten Containerschiffe, auch wenn sich einige Reedereien inzwischen durchaus früher von ihren alten Schiffen trennen, als das vor der Krise der Fall war.

MOL will bis zu 20 Caper verschrotten

Im Juni vergangenen Jahres kam die Meldung auf, dass die japanische Großreederei Mitsui O. S. K. Lines (MOL) zehn bis 20 Bulker der Capesize-Klasse, die 15 Jahre oder älter sind, abbrechen lassen will (Abb. 4). Fünf davon sollen bereits Ende März in den Schrott gehen, weitere Scrappings sind zudem in Planung, hieß es. Bisher verschrottete die Reederei nur Schiffe mit einem Alter von mindestens 23 Jahren.

Als Maßnahme gegen die Überkapazitä­ten wollen die Japaner darüber hinaus rund zehn Schiffe für sechs bis zwölf Monate aus dem Markt nehmen. Dem Vernehmen nach hat das Schifffahrtsunternehmen bereits Überlegungen angestellt, welche Schiffe abgebrochen und welche vorübergehend aufgelegt werden sollen. Für die Auflieger sucht MOL nun nach Plätzen für das sogenannte Cold Lay-up. Was für die Containerbranche gilt, ist gleichermaßen über die Sparte der Massengutfrachter zu sagen. Auch hier ist eine Modernisierung der Flotte zu sehen. Die genannten Effizienzvorteile neuer Schiffe gelten natürlich auch in diesem Segment.

Sonstige Schiffstypen

Mit der Container- und Bulker-Branche sind nur zwei Sektoren angesprochen, in denen Schiffe abgebrochen werden. Tanker sind die dritte bedeutende Sparte. Hier gibt es zwar nicht so viele Überkapazitäten, aber viele Tanker früherer Tage genügen heute auch nicht mehr den gestiegenen Anforderungen. Dies gilt vor allem für Einhüllen-Tanker, die bestimmte Häfen aus Sicherheitsgründen nicht mehr anlaufen dürfen.

Zwei weitere Schiffstypen sind konven­tionelle Stückgutfrachter und Kühlschiffe. Beide Typen haben die Gemeinsamkeit, dass sie nach und nach von anderen Einheiten, wie Containerschiffen oder Multi-Purpose-Schiffen, ersetzt werden.

Trend zum Green Recycling

Bezüglich der Abwrackregionen dominierte 2012 vor allem Indien. Alang verzeichnete nach Angaben von »Hellenic Shipping News Worldwide« im vergangenen Jahr mit mehr als 500 abgebrochenen Schiffen eine neue Rekordzahl. Chittagong (Bangladesch) und Gadani Beach (Pakistan) sind ebenfalls Regionen, in denen Schiffe verschrottet werden.

Es ist aber zu beobachten, dass Reeder, die ihre Schiffe abwracken wollen, hierfür zunehmend die Türkei und vor allem China als Abbruch­orte wählen. Der Grund für diese Entwicklung sind die verbesserten und umweltschonenderen Abwrackbedingungen dort. Während in Alang, Chittagong und Gadani Beach die Schiffe weiter einfach auf den Strand gefahren und von den Arbeitern beim sogenannten Beaching – zumeist unter unmenschlichen Bedingungen und ohne Rücksicht auf die Umwelt – zerlegt werden, gibt es in China und der Türkei beim sogenannten Green Recycling zunehmend Möglichkeiten, die Schiffe deutlich weniger umweltschädigend und unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen für die Werftarbeiter abwracken zu lassen.

Auch wenn die Hong Kong International Convention nach wie vor noch nicht ratifiziert ist und die Reeder daher in der Wahl der Abbruchmethode und damit verbunden der Orte nicht eingeschränkt sind, so entscheiden sich doch immer mehr Reeder für die »grünere« und sichere Abbruchvariante.

Ausblick

Da die Krise in der Schifffahrt weiterhin allgegenwärtig ist, gehen Experten nicht davon aus, dass sich die Lage auf den Abwrackmärkten entspannen wird. Sie glauben vielmehr, dass es 2013 noch mehr Verschrottungen geben wird. Ein wesentlicher Grund dafür sind die in diesem Jahr zu erwartenden Schiffsablieferungen sowie Umwelt- und Kostenaspekte, denen ältere Schiffe nicht mehr gerecht werden. Bezüglich der Abbruchmethode findet in der Branche zurzeit offensichtlich ein Umdenken zum Green Recycling statt. Dieser Trend dürfte sich im laufenden Jahr fort­setzen.