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Das Verfahren einer »wertschonenden Verwertung« wurde von einem Banker während

einer Podiumsdiskussion auf dem HANSA-Forum 2012 erwähnt und löste Reaktionen zwischen Fassungslosigkeit und Erheiterung aus.
Als der Vertreter der Commerzbank während des HANSA-Forums 2012 ankündigte, das Schiffsportfolio der Bank »wertscho­nend« zu verwerten, gab[ds_preview] es im Auditorium ganz unterschiedliche Reaktionen zwischen Fassungslosigkeit und Erheiterung, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte. Nachdem ich diesen Begriff hörte, war meine erste Assoziation dazu aus einem ganz anderen Bereich. Bislang war mir der Begriff wertschonend geläufig durch mein Hobby Kochen! Man kennt die wertscho­nende Zubereitung von Speisen, damit die hierbei verwendeten Lebensmittel schmackhaft blei­ben und eine optimale Nährstoff­zufuhr in Bezug auf Vitamine und Mineral­stoffe gesichert wird. Sehr lecker ist auch das Einlegen von Gemüse nach italienischer Art in Olivenöl. Aber die wertschonende Ver­wertung von Schiffen passt in diese Begriff­lichkeit nicht hinein!

Die Reaktionen der auf dem Podium anwesenden Bankenvertreter auf diese Aussage waren absolut emotionslos, und keiner widersprach. Heute, fast drei Monate nach dem HANSA-Forum und um einige traurige Erfahrungen mit den Banken weiter, wissen wir auch warum: Wertschonende Verwertung wird von allen Banken gleichermaßen betrieben. Im Klartext heißt das für die Schifffahrt, dass die Banken, die über 15 Jahre sehr üppig von der Entwicklung der Schifffahrt profitiert haben, diesem Heils- und Geldbringer den Rücken zukehren und sich ohne Rücksicht auf Verluste von den vorhandenen Portfolien trennen. Die Redensart »Don’t bite the hand that feeds you!« ist außer Kraft gesetzt, weil der eine Part dieser Redensart zu satt geworden ist.

Man konnte in den letzten Jahren interessante Facetten der Schiffsfinanzierung sehen. Es gab Finanzierungen von Schiffen, bei denen man sich die berechtigte Frage stellen musste, weshalb so etwas finanziert wurde. Aber getreu dem Motto »Wir finanzieren alles, was annähernd schwimmfähig ist«, wurde von vielen Banken gnadenlos Geld in die Schifffahrt gebuttert. Damit nicht genug, in der begleitenden Finanzierung wurden Yen-Finanzierungen und Zinsswaps im Yen mit bedingtem Kapital­tausch angeboten, als seien es die wahren Heilsbringer. Natürlich sind viele darauf eingestiegen, weil man sich die Banker gewogen halten wollte, die Idee kam ja schließlich von dort. Aber darauf angesprochen, scheinen die Banker heute von einer partiellen Amnesie befallen zu sein.

Die extreme Aufwertung des Yen ab 2007 hat bei vielen Schiffen zu besonderen Problemen geführt, weil die 105-%-Klausel in nahezu allen Fällen gebrochen wurde. Die Folgen waren für die Schiffsgesellschaften verheerend, weil Margenerhöhungen und Zwangskonvertierungen durch Tilgungs­leistungen auf die Yen-Darlehen von den Banken gefordert wurden. Wo diese »Strafmaßnahmen« nicht reichten und den Forderungen der Banken aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit infolge wirtschaftlicher Not nicht entsprochen werden konnte, wurde wertschonende Verwertung betrieben. Anders ausgedrückt: Die Schiffe wurden verschleudert! Gern wurden und werden diese Schiffe an griechische Inves­toren verkauft, nicht selten mit einer hohen Fremdfinanzierung obendrauf – vielleicht ein besonderes Zeichen von Perfidität. Und die Banken halten an ihren Plänen der wertschonenden Verwertung fest, obwohl in der Vergangenheit schon Lenin feststellen musste, dass Plan kein Dogma ist!

Ende der Yen-Aufwertung in Sicht

In den Rahmenbedingungen der Schiffsfinanzierung haben einige Parameter angefangen, sich zu ändern, zumindest was den japanischen Yen betrifft. Sicherlich hörte man in den vergangenen Jahren, dass die Entwicklung des Yen mit seiner Aufwertung den wirtschaftlichen Interessen Japans zuwiderläuft, dennoch wurde der Yen immer weiter aufgewertet. Diese Phase zog sich von Juni 2007 bis August 2012 hin und belastete den Wechselkurs in dieser Zeit von rund 124 Yen pro US-Dollar auf 76 Yen pro US-Dollar. Ab diesem Zeitpunkt lockerte die Bank of Japan zusehends ihre Geldpolitik. Die bis dahin im Amt befindliche Regierung hatte sämtliches Vertrauen verspielt und Neuwahlen zeichneten sich ab.

In der Folge ist bei den Parlamentswahlen in Japan Mitte Dezember 2012 die liberale Partei des neuen Ministerpräsidenten Shinzo Abe als haushoher Sieger hervorgegangen, mit nicht zu übersehenden Folgen für die Entwicklung des Yen. Innerhalb von nur drei Monaten ist der Yen gegenüber dem US-Dollar um rund 18,5 % abgewertet worden, und ein Ende dieser Bewegung ist noch nicht in Sicht. Ministerpräsident Abe will Japan, wie auf dem Parteitag Anfang Januar 2013 angekündigt, rasch aus Deflation und Rezession führen – finanziert durch die Notenpresse der Bank of Japan. Sein Ziel sind ein Wirtschaftswachstum von 3 % pro Jahr und eine Inflationsrate von 2 %. Damit sollen nicht nur der inländische Konsum angetrieben und die eigene Währung geschwächt werden, sondern auch Japans Schuldenberg von 240 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zurückgeführt werden. Wenn Abe dieses Programm über die nächsten Jahre durchhält, könnte der Schuldenberg bei einem nominalen Wachstum von 5 % (3 % Wachstum BIP und 2 % Inflation) zügig abgebaut werden, ohne dass das Land einen Yen seiner Schulden zurückgezahlt hätte.

Die Notenbank hat mit der Erhöhung des laufenden Anleihekaufprogramms auf gut 100 Bill. Yen (ca. 830 Mrd. €) den ersten Schritt in Richtung einer aggressiven Geldpolitik unternommen. Ab Januar 2014 sollen unbegrenzt Anleihen angekauft werden. Auf der Sitzung der Bank of Japan am 22. Januar 2013 wurde die Erhöhung des Inflationszieles beraten und auf 2% beschlossen. Ein weiter fallender Yen ist eine Grundvoraussetzung für die Gesundung der japanischen Wirtschaft, denn das würde den Spielraum der vom Export abhängigen Unternehmen für Investitionen erhöhen und helfen, die Strukturprobleme der Wirtschaft anzupacken.

Der Anfang ist in Japan gemacht worden und könnte eine historische Trendwende in der Entwicklung des Yen sein, weil er erstmals seit fast sechs Jahren deutlich aus dem Aufwärtstrend gegenüber den wichtigsten Weltwährungen ausgebrochen ist. Eine Entwicklung des Yen von 100 zum US-Dollar erscheint im Jahresverlauf möglich – und das sollte bei den hiesigen Banken im Zusammenhang mit Yen-Finanzierungen zu einem Umdenkungsprozess führen.

Man kann also nur hoffen, dass diese Entwicklungen von den Banken auch gesehen werden und eine Abkehr von der derzeiti­gen Verhaltensweise in der Schiffsfinanzierung stattfindet. Damit wäre der Schifffahrt geholfen und ich könnte mich bei der wertschonenden Verwertung wieder der Assoziation eines guten Essens widmen.

Michael Rathmann