Wunsch und Wirklichkeit – wer zahlt die Zeche?

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»Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von denen, die wir schon vorher ausprobiert haben.« Diesem bitteren Statement von[ds_preview] Winston Churchill können viele aus vollem Herzen zustimmen.

Zur Demokratie gehört, dass politische Zielsetzungen – sei es im Bereich Klima- und Umweltschutz oder bei der Energiewende – von Volksvertretern bestimmt werden, die komplexe technische und wissenschaftliche Zusammenhänge mangels Ausbildung oder Lebenserfahrung teils nicht mehr durchschauen. Technische und wirtschaftliche Argumente werden im Zeitgeist der »Weltrettung« oft als Beharren auf Althergebrachtem diskreditiert.

Wenn der Plan dann nicht aufgeht, weil Physik und Natur sich nicht durch Parteitags­beschlüsse steuern lassen, zahlen die Zeche immer wieder die wirtschaftenden Anbieter und Nutzer – oft vor allem diejenigen, die sich auf neue Spielregeln frühzeitig vorbereiten.

Ein eklatantes Beispiel ist die Ballastwasseraufbereitung, die einen Schwerpunkt dieser HANSA-Ausgabe bildet (S. 42 ff). Im Februar 2004 wurde das IMO-Ballastwasser-Über­einkommen verabschiedet, als Ausdruck des politischen Willens von Mitgliedstaaten, die Verbreitung von marinen Organismen in fremden Lebens­räumen einzudämmen. Wer wollte sich gegen diese Absicht stellen?

In der Folge waren Entwickler von Verfahren zur Ballastwasserbehandlung begehrtes Ziel von Venture-Kapitalfonds, ein riesiger Markt war scheinbar rasch zu erschließen, Politiker betonten ihren festen Willen zur schnellen Umsetzung der neuen Regeln.

Außer Acht gelassen wurde dabei oft, dass der Nachweis schwierig ist, ob die teuren Anlagen die Grenzwerte tatsächlich zuverlässig einhalten – in allen Fahrtgebieten und unter allen Bedingungen. Nach Meinung vieler Insider stellen die IMO-G8-Richtlinien für die Verfahrenszulassung dies nicht sicher. Nicht zuletzt deshalb hat die amerikanische Küstenwache präzisere Regeln für den Nachweis erlassen, nun aber auch einen Stichtag für eine Ausrüstungspflicht für Schiffe in US-Gewässern. Dies bedeutet für Anlagenhersteller zwar einen Silberstreif am Horizont, neben der IMO-Zulassung aber auch ein weiteres Verfahren – für einige wohl mit ungewissem Ausgang. Zwei Hersteller haben ihre Anlagen bereits vom Markt genommen.

Schnelltests für die Hafenstaatkontrolle befinden sich noch in der Entwicklung – auch wenn wir in dieser Ausgabe über gute Fortschritte berichten können. Über ein in der Schifffahrtspraxis durchführbares Kontrollverfahren wird gestritten. Auch deshalb ist das Quorum für die Inkraftsetzung der IMO-Konvention weiterhin nicht erreicht; die im Februar erfolgte Einleitung der Ratifizierung durch Deutschland hat daran nichts geändert.

Die Hoffnung bleibt, dass im zehnten Jahr nach der Verabschiedung mehr Klarheit für alle Beteiligten geschaffen wird, nicht zuletzt durch den Alleingang der Amerikaner.


Michael vom Baur