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Der vierte Teil der HANSA-Serie über Helgoland stellt die drei Offshore-Windparks

vor, die künftig von der Insel aus betreut werden sollen: »Meerwind Süd/Ost«,

»Nordsee Ost« und »Amrumbank West«.
Wenn die Offshore-Windparks im Helgoland-Cluster eines Tages ans Netz gehen, wird die Branche dem politischen Ziel von 10.000 MW[ds_preview] installierter Leistung bis 2020 einen Schritt näher gekommen sein: »Meerwind Süd/Ost« (80 x 3,6 MW) von WindMW, »Nordsee Ost« (48 x 6 MW) von RWE Innogy und »Amrumbank West« (80 x 3,6 MW) von Eon Climate & Renew­ables werden dann zusammen eine Leistung von insgesamt knapp 900 MW erzielen. Alle drei Unternehmen nutzen Helgoland in Zukunft als Service- und Reaktionshafen.

»Meerwind Süd/Ost«

Am weitesten fortgeschritten sind die Arbeiten beim Park »Meerwind Süd/Ost« 23 km nördlich der Nordseeinsel: Rund ein halbes Jahr nach Baubeginn im vergangenen Herbst ist gut die Hälfte der insgesamt 80 Fundamente gesetzt. Zur Installation der an der Cuxhavener Kaikante von Ambau gefertigten Hauptbauteile (Monopiles und Transition Pieces) sind die Errichterschiffe »Zaratan« und »Leviathan« des britischen Off-

shore-Dienstleisters Seajacks im Einsatz, die zwischen Cuxhaven und dem Baufeld pendeln. Stehen alle Fundamente, sollen möglichst noch dieses Jahr die 3,6-MW-Turbinen von Siemens und anschließend auch das parkinterne Umspannwerk installiert werden. Die Anbindung ans Festlandstromnetz wird dann aber wohl noch nicht fertig sein: Nordsee-Netzbetreiber Tennet musste bereits voriges Jahr deutliche Verzögerun­gen einräumen, weil die zur Umwandlung des produzierten Drehstroms in Gleichstrom benötigte Konverterplattform »HelWin alpha« nicht rechtzeitig fertig wird. Die Bremerhavener Errichter- und Betreiberfirma WindMW, an der zu 80 % der Finanzinves­tor Blackstone und zu 20 % die Windland Energieerzeugungs GmbH beteiligt sind, will den eigenen Zeitplan dennoch wie ge­plant umsetzen. »Die Schiffe sind gechartert und müssen bezahlt werden – eine Verlangsamung der Arbeiten oder gar ein vorübergehender Baustopp wäre daher sehr teuer«, erläutert Geschäftsführer Jens Assheuer.

Von Helgoland aus werden später in der Betriebsphase des Windparks die Techniker starten, um Wartungsarbeiten und Reparaturen vorzunehmen. Sobald die 3.800 m² große Pachtfläche an der Südkaje übernommen werden kann, will WindMW dort noch 2013 eine zweigeschossige Werk- und Lagerhalle inklusive Bürotrakt bauen. Um die Zeit bis zur Fertigstellung der Servicestation zu überbrücken, hat das Unternehmen in den vergangenen Wochen Container sowie eine Übergangslagerhalle im Bereich der Nordkaje errichtet, die vor allem von Projektpartner Siemens zur Montage der Turbinen genutzt werden. Zur Unterbringung von Mitarbeitern und Geschäftspartnern steht seit Jahresanfang das Designhotel »Atoll« zur Verfügung, das WindMW für die nächs­ten zehn Jahre komplett gebucht hat.

»Nordsee Ost«

Ebenfalls über die Plattform »HelWin alpha« und daher auch mit deutlicher Verzögerung wird RWE Innogys erster deutscher Offshore-Windpark »Nordsee Ost« an das Stromnetz angeschlossen. Laut RWE-Sprecher Konrad Böcker hat Tennet bisher kein konkretes Datum dafür mitgeteilt – er rechne allerdings damit, dass die Leitung nicht vor Mitte 2014 in Betrieb genommen wird. Böcker: »Wir waren deshalb gezwungen, den Bauplan zeitlich zu optimieren – denn spätestens, wenn die Windturbinen errichtet werden, benötigen wir den Netzanschluss. Ohne ihn würden die Anlagen in kürzester Zeit Schaden nehmen: Daher ist die synchrone Fertigstellung des Windparks und des Netzanschlusses so wichtig.«

Das firmeneigene Installationsschiff »Victoria Mathias« pendelt seit vorigem Herbst zwischen der 30 km nördlich von Helgoland gelegenen Baustelle und Bremerhaven, wo die insgesamt 48 bei Kvaerner in Norwegen produzierten Jacket-Fundamente an Bord genommen werden. Bis Mitte Februar waren sieben von ihnen auf dem Grund der Nordsee fixiert: Die restlichen sollen bis Ende 2013 folgen. Wann schließlich die dazugehörigen 6-MW-Turbinen von Repower installiert werden, hängt Böcker zufolge von der Netzanbindung ab.

Das für die Unterbringung der Mitarbeiter angemietete Wohnhaus im Helgoländer Mittelland, das die Schramm Group in den vergangenen Monaten zusammen mit einem weiteren Gebäude für die Repower-Monteure errichtet hatte, hat RWE Anfang Februar offiziell übernommen. Noch quartieren sich dort allerdings selten Gäste ein, da die Insel so richtig erst ab Beginn der Turbineninstallation als Stützpunkt für »Nordsee Ost« genutzt werden soll. Auf einer 3.300 m² großen Fläche an der Südkaje, die zwischen den von WindMW und Eon gepachteten Grundstücken liegt, soll so bald wie möglich ein zweigeschossiges Lager- und Bürogebäude entstehen: Von hier werden später Schiffe mit Servicepersonal, Werkzeug und Ersatzteilen zum Windpark aufbrechen. Eine ursprünglich angedachte Interimslösung mit Con­tainern auf dem Gelände des Wasser- und Schifffahrtsamtes Tönning wird angesichts der eingetretenen Verzögerungen nun voraussichtlich doch nicht benötigt.

»Amrumbank West«

Unterdessen befindet sich Eon Climate & Renewables in der finalen Vorbereitungsphase zum Bau des Windparks »Amrumbank West«, der ab Ende 2013 rund 35 km nördlich von Helgoland entstehen soll. Laut Tennet ist die Fertigstellung der Anbindung, die über die zweite Konverterplattform innerhalb des Helgoland-Clusters (»HelWin beta«) erfolgt, aktuell mit 15 Monaten Verspätung für das Frühjahr 2015 vorgesehen. Bis dahin soll auch der Park mit je 80 bei der niederländischen Sif Group produzierten Monopiles und 3,6-MW-Turbinen von Siemens komplett stehen. Da Tennet diesen Termin bereits 2010 bekannt gegeben habe, habe man den eigenen Zeitplan frühzeitig darauf abstimmen können, heißt es bei Eon.

Mit dem Dienstleister MPI Offshore aus England hat der Energieversorger langfris­tige Charterverträge für die Errichterschiffe »Adventure« und »Discovery« abgeschlossen, die nach ihren ersten Einsätzen in Großbritannien und Schweden die Installationsarbeiten in der Nordsee übernehmen werden. Als Basishafen dient das dänische Esbjerg, während die Fundamente von ei-

nem deutschen Standort aus verschifft werden sollen. Eine endgültige Entscheidung hierüber ist allerdings noch nicht gefallen.

Auf dem Südhafengelände der Insel plant Eon Climate & Renewables, ab Mai auf ei­nem 3.300 m² großen Grundstück ein Betriebsgebäude mit Lager- und Werkstattbereich sowie Büroräumen zu bauen, das bis Ende 2014 fertig sein soll. Während des Baus des Windparks wird die Insel eine eher untergeordnete Rolle spielen. »Unsere Mitarbei­ter bleiben die meiste Zeit auf einem Wohnschiff im Baufeld«, berichtet Projektmanager Marc Vahjen. »Erst wenn der Park in Betrieb ist, werden dauerhaft mindestens 15 Kollegen auf Helgoland sein – während der Wartungsperioden im Sommer sogar bis zu 35.«

Für Bau und Betrieb der drei Offshore-Windparks im Helgoland-Cluster haben die jeweiligen Unternehmen unterschiedliche Logistikkonzepte erarbeitet. Sie sollen im nächsten Teil der Serie vorgestellt werden.


Anne-Katrin Wehrmann