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Seit Jahresbeginn gilt in Deutschland ein geändertes Flaggenrecht. Über die vom Verband Deutscher Reeder errichtete Stiftung »Schifffahrtsstandort Deutschland« fördern die Reeder zukünftig Ausbildung, Qualifikation und Fortbildung mit rund 20 Mio. € jährlich.
Ermöglicht wurde die Weiterentwicklung der gesetzlichen Vorschriften durch

den bislang größten Erfolg des Maritimen Bündnisses. Reeder, Politik und Sozialpartner haben[ds_preview] sich im vergangenen Jahr darauf geeinigt, Ausbildung und Beschäftigung am Standort Deutschland im Bereich der Seeschifffahrt zukünftig gemeinsam mit insgesamt rund 90 Mio. € jährlich zu fördern.

Die Bundesregierung stellt 2013 wieder 57,8 Mio € für die Schifffahrt bereit. Der Großteil davon wird – wie in den letzten Jahren – in Fördermaßnahmen zur Sen­kung der Lohnnebenkosten fließen. Die deutschen Reeder haben sich trotz der schweren Krise dazu bereit erklärt, einen eigenen Beitrag von rund 30 Mio. € jährlich aufzubringen. Davon stammen rund 10 Mio. € aus den erhöhten Gebühren für das zeitweise Ausflaggen von Schiffen. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) erhebt dafür seit dem 26. Juli 2012 bis zu 6.225 € jährlich pro Schiff.

Der Bundestag hat im Gesetzgebungsprozess deutlich gemacht, dass die deutschen Reeder auch in Zukunft international konkurrenzfähig bleiben müssen. Die Änderungen des Flaggenrechtsgesetzes und der Schiffsregisterordnung sehen daher auch weiterhin die Möglichkeit vor, dass deutsche Handelsschiffe unter anderen Flaggen fahren können, sofern die neuen Anforderungen des Flaggenrechtsgesetzes erfüllt werden. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass dem Standort Deutschland Nachteile entstehen, wenn aufgrund der Ausflaggung von Seeschiffen hoch qualifizierte Seeleute – und damit auch das Schifffahrts-Know-how – verloren gehen. Daher sollen ausflaggende Reeder einen Beitrag zur Kompensation dieser Nachteile leisten, entweder in Form von Ausbildung oder durch Zahlung eines Ablösebetrages. Bei der Ausflaggung nach § 7 Absatz 2 Flaggenrechtsgesetz (FlRG) verpflichtet sich das Schifffahrtsunternehmen, auf dem jeweiligen Schiff auszubilden. Diese sogenannte Primärverpflichtung ist nach acht Schiffsgrößenklassen gestaffelt. Pro Kalenderjahr der beantragten Ausflaggung umfasst der Verpflichtungszeitraum für die Ausbildung zwischen einem Monat (Schiffe bis 500 BRZ) und fünfeinhalb Monaten (Schiffe mit mehr als 80.000 BRZ). Bei einer Ausflaggung über typischerweise zwei ­Jahre müsste eine Reederei somit für ein ausgeflaggtes Schiff mit einer Größe von mehr als 80.000 BRZ mindestens elf Monate lang einen Ausbildungsplatz für Schiffsmechaniker, nautische oder technische Offiziersassistenten besetzt halten. Alternativ erteilt das BSH eine Ausflaggungsgenehmigung auch dann, wenn die Reederei für das jeweilige Schiff die Ausbildungsverpflichtung finanziell kompensiert (Antrag nach § 7 Abs. 3 FlRG). Die sogenannte Sekundärverpflichtung sieht die Entrichtung eines Ablösebetrages vor. Er ist laut Flaggenrechtsgesetz an eine vom VDR errichtete Einrichtung zu zahlen.

Der Gesetzgeber hat die Reederschaft damit beauftragt, die Erhebung der Ablösebeträge und die daraus gespeiste zukünftige Förderung privatwirtschaftlich zu regeln. Daher hat der VDR Anfang Dezember 2012 die gemeinnützige Stiftung »Schifffahrtsstandort Deutschland« mit Sitz in Hamburg gegründet. Sie ist am 5. Dezember als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts anerkannt worden. Die Gewerkschaft ver.di beteiligt sich finanziell und personell an der Stiftung – somit ist gewährleis­tet, dass die Arbeit der Stiftung von den Sozialpartnern gemeinsam getragen wird.

In Übereinstimmung mit dem neuen Flaggenrechtsgesetz erfüllt die Stiftung den Zweck, die nautische und technische Ausbildung, und die Qualifizierung und Fortbildung von Besatzungsmitgliedern zu fördern. Diese müssen auf Seeschiffen beschäftigt sein, die in deutschen Schiffsregistern eingetragen sind. Mit dem Jahresbeginn hat die Stiftung ihre Arbeit aufgenommen.

Die Reederei, die ein Schiff nach § 7 Abs. 3 FlRG unter Zahlung eines Ablösebetrages ausflaggen möchte, stellt dafür einen Antrag beim BSH (Abb. 1). Gleichzeitig informiert sie die Stiftung »Schifffahrtsstandort Deutschland« über die geplante Ausflaggung. Die Stiftung legt den fälligen Ablösebetrag fest und fordert ihn bei der Reederei an. Die Höhe richtet sich – wie auch die Ausbildungsverpflichtung – nach der Schiffsgröße und reicht in acht Stufen von 2.000 € (bis 500 BRZ) bis zu 16.169 € (ab 80.000 BRZ) pro Jahr der Ausflaggungsgenehmigung (s. Tabelle).

Nachdem die Zahlung auf dem Stiftungskonto eingegangen ist, schickt die Stiftung eine Zahlungsbescheinigung an die Reederei. Mit diesem Beleg weist die Reederei nun beim BSH nach, dass Sie den Ablösebetrag erbracht hat, damit das BSH die Ausflaggungsgenehmigung erteilen kann. Bereits seit dem 2. Januar gehen Ablösebeiträge auf das Konto der Stiftung ein. Das Konzept zur zukünftigen Gewährung von Unterstützungsleistungen für ausbildende Reedereien wird derzeit von der Stiftung erarbeitet. Die Stiftung wird nicht nur die Ausbildung zum Schiffsmechaniker sowie zum nautischen und technischen Offiziersassistenten fördern. Darüber hinaus sollen auch die Seefahrtzeiten zum Ausfahren der Befähigungszeugnisse von Nachwuchsoffizieren gefördert werden (das sog. Ausfahren der Patente).

In Kürze wird die Stiftung das genaue Förderregime festlegen und bereits ab Mitte des Jahres Unterstützungsleistungen gewähren. So kann sie ihrem Namen gerecht werden und die Ausbildung und das maritime Know-how am Schifffahrtsstandort Deutschland langfris­tig sichern.

Weitere Informationen zur Stiftung und Kontaktdaten finden Sie auf der neuen Internetseite unter www.stiftung-seeschifffahrt.de.


Christof Lauer