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Jeder Werkstoff, der im Schiffbau verwendet wird, und jedes Feuerlöschmittel müssen nach international geltenden Vorschriften auf ihre aktiven und passiven Brandschutzeigenschaften geprüft und zugelassen sein. Das Brandprüflabor ist eines von dreien in Deutschland
Auf Seeschiffen, aber auch auf Offshore-Anlagen, insbesondere solchen mit vielen Menschen an Bord, spielt der Brandschutz eine besondere Rolle[ds_preview]. Alle Brand­schutzvorschriften haben in erster Linie zum Ziel, die Evakuierung der Menschen zu gewährleisten. Hierbei ist zu berück­sichtigen, dass sich unter Umständen sehr viele Personen an Bord befinden, die mit den örtlichen Gegebenheiten wenig vertraut sind und im Gefahrenfall womöglich panisch reagieren. Außerdem setzt sich der zu rettende Personenkreis sehr inhomogen zusammen: ältere Menschen, Kinder und Menschen mit körperlichen Einschränkungen gehören meist dazu. Hinzu kommen Verständigungsprobleme, denn nicht alle Personen sind der jeweiligen Bordsprache ausreichend mächtig. Daher muss der passive Brandschutz speziell auf die Evaku-

ierung ausgerichtet sein, dagegen spielt der Sachwert­schutz im Brandschutzkonzept ei-

ne eher untergeordnete Rolle.

In der Spezifik eines Seeschiffes liegt außerdem, dass Löschversuche nur mit der vorhandenen Besatzung durchgeführt werden können. Eine Feuerwehr wie an Land, die rettet und löscht, gibt es nicht. Daher müssen die oft international zusammen­gesetzten und häufig wechselnden Besatzungen neben ihren üblichen Bordaufgaben für solche Gefahrenfälle sehr gut trainiert werden. In der Regel umfasst das allerdings nur »Trockenübungen« zur Taktik und zum Erreichen einer gewissen Routine. Löschmittel für Seeschiffe werden spe­ziell entwickelt, da Löschmittel üblicherweise mit Süßwasser verwendet werden, auf den Schiffen aber Salzwasser genutzt wird.

Passiver Brandschutz

Das Brandprüflabor MPA Dresden prüft Einrichtungen zum passiven und aktiven Brandschutz. Unter den passiven Brandschutz fällt die Prüfung von Werkstoffen. Wie in Gebäuden an Land werden beim Innenausbau von Schiffen immer mehr

moderne Funktionalwerkstoffe verwendet. Diese müssen über Nachweise zum Brandverhalten gemäß den Vorgaben des Internationalen Codes für die Anwendung von Brandprüfverfahren und den Brandprüfverfahren selbst verfügen.

Bei Prüfung von Werkstoffen wird unterschieden zwischen einzelnen Bauteilen – z. B. Trennflächen, Polstermöbel oder Bettzeug – und einzelnen Eigenschaften, wie beispielsweise der Nichtbrennbarkeit, dem Feuerwiderstand oder der Rauch- und Toxizitätsprüfung.

Jedes einzelne Produkt muss bezüglich des Brandschutzes eine auf dem Gesamt­sicherheitskonzept des Schiffes basierte Risikoklasse abdecken. Hier spielen Faktoren wie die Zahl der Personen auf dem Schiff oder der Einbauort der Werkstoffe eine große Rolle. Daher muss das Brandverhalten durch speziell für diese Art von Prüfungen anerkannte Prüflabore nachgewiesen werden. Die derart geprüften Produkte werden dann durch die deutsche Zulassungsstelle mittels Zulassung zur Verwendung freigegeben.

Die Prüflabore arbeiten auf der Basis internationaler Regularien. Der International Code for Application of Fire Test Procedures 2010 (2010 FTP Code) wurde auf der 88. Sitzung des Maritime Safety Committee am 7. Februar 2011 angenommen. Seit dem 1. Juli 2012 werden IMO-Prüfungen in der MPA Dresden nur noch auf Grundlage des 2010 FTP Codes durchgeführt. Darin sind die Prüfverfahren, Prüfkörper und Prüfaufbauten, die notwendig sind, um das Brandverhalten von Konstruktionen und Materialien im Bereich des Schiffbaus bewerten und zulassen zu können, ausführlich beschrieben.

Dies beginnt mit der Bestimmung der Nichtbrennbarkeit von Materialien auf der Basis der ISO 1182:2010, geht über die Bestimmung der Leistungsfähigkeit (Klasse A, B und F) von raumabschließenden Trennflächen (Schotten, Decks, Verkleidungen, Türen), die Prüfung der Oberflächen-Entflammbarkeit (ISO 5658-2) bis hin zur Ermittlung der Entzündbarkeit von Polstermöbeln und Bettzeug.

Sinnvoll ist, vor der Prüfung von Konstruktionen und Materialien die Vertreter der zulassenden Stellen zu konsultieren bzw. zu informieren; teilweise wird dies im 2010 FTP Code für Zulassungsprüfungen sogar gefordert (wie etwa bei der Prüfung von Trennflächen).

Neben Zulassungsprüfungen führt das Unternehmen aus Dresden auch Entwicklungs- und Vergleichsprüfungen (orientierende Prüfungen) durch, erstellt und setzt individuelle Prüfszenarien um. Charakteris­tisch hierbei ist das Prüfen von alternativen Ausführungen des Probekörpers. Sollen solche Prüfungen an Trennflächen durchgeführt werden, kann von den vorgeschriebenen Abmessungen abgewichen werden und ein kleinerer Brandraum (Ofen) benutzt werden. In Dresden verfügt man über einen Kleinbrandversuchsstand. In diesem Kleinbrandofen (»1-m-Ofen«) können praxisnahe Einbausituationen – vertikal und horizontal – nachgebildet werden und aufgrund der Größe des Probekörpers (1 x 1 m) Abschätzungen zum Verhalten des Testmaterials im Großbrandversuch vorgenommen werden. Ergebnisse aus Temperaturmessungen und Videoaufzeichnungen sind nicht nur für Produktentwicklungen wichtig, sondern können auch belastbare Informationen für gutachterliche Bewertungen liefern.

Aktiver Brandschutz

Der aktive Brandschutz umfasst alle Brandabwehrmittel, die »aktiv« zur Feuerbekämpfung eingesetzt werden können. Dazu gehören unter anderem Schaummittel, die auf Schiffen in erheblichen Mengen bevorratet werden. Auch für diese Schaummittel gibt die IMO Richtlinien vor. Sie betreffen die Löschleistung sowie die Prüfbedingungen und Überwachung von Schaummittelkonzentraten für fest eingebaute Feuerlöschsysteme und tragbare Schaum-Applikatoren zur Erzeugung verschiedener Schaumarten: Mittelschaum (Prüfung nach IMO MSC. Circ. 798:1997), Leichtschaum (IMO MSC. Circ. 670:1995) und Schwerschaum (IMO MSC.1 Circ.1312: 2009, Corr.1:2011). Die Richtlinien gelten für die Anwendung auf Schiffen allgemein, in Maschinenräumen, Tankern, Chemie- und Öltankern.

Die Prüfungen der Schaummittel unterteilen sich in Typprüfun­gen von Schaummittelkonzentraten und regelmäßige Überprüfungen von an Bord gelagerten Schaummittelkonzentraten. Die MPA kann alle nach den IMO-Richtlinien geforderten Tests für Schaummittel durchführen und stellt entsprechende Konformitätszertifikate aus. Die nach Typprüfung ausgestellten Zertifikate sind Voraussetzung für den Nachweis der Eignung von Schaummitteln zur Verwendung als Feuerlöschmittel auf Schiffen. Der Unterschied zur EN 1568, die die Prüfung von Schaummittelkonzentraten im Allgemeinen beschreibt, liegt in der Anwendung von künstlichem Meerwasser anstelle von Leitungswasser.