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Über aktuelle Rechtsprechungen des Bundesfinanzhofes und des Schleswig-

Holsteinischen Finanzgerichts zum Thema Unterschiedsbetrag berichtet Klaus Voß
Im Verfahren vor dem Bundesfinanz­hof (BFH) mit dem Aktenzeichen IV B 8/12 ging es um die Teilwertermittlung eines[ds_preview] Seehandelsschiffes. Hört man das Wort Teilwert in der Seeschifffahrt, denkt man an den festzustellenden Unterschiedsbetrag beim Übergang zur Tonnagegewinn­ermittlung. So auch in diesem Verfahren, dem die Entscheidung des Niedersächsi­schen Finanzgerichts vom 13. Dezember 2011 (Az: 8 K 177/07) vorausging, die leider nicht veröffentlicht wurde.

Worum stritten die Parteien des Rechtstreits? Nun, es ging um die Frage, ob bei der Ermittlung des Teil­werts eines Handelsschiffes im Wege von Sachverständigengutachten der für den Steuerpflichtigen güns­tigere Wert anzunehmen sei, nachdem das Finanzgericht nicht dem von der Klägerin vorgelegten Gut­achten, sondern dem vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten gefolgt war. Das von Klägerseite eingeholte Gut­achten war offensichtlich für diesen günstiger. Zu berücksichtigen sei nach Ansicht der Klägerin in diesem Fall

die sogenannte Bandbreitenrechtsprechung, wonach sich der Wert am unteren Rand der Bandbreite möglicher Werte zu orientieren habe, also nach dem tieferen Wert laut Sachverständigengutachten der Klägerin.

Dem folgte der Bundesfinanzhof nicht. Es sei in der Rechtsprechung des BFH geklärt, dass der Teil­wert nicht nach einer Bandbreite zu bestimmen ist. Weiterhin wandte die Klägerin sich gegen die Wertermittlung als solche. Auch die diesbezüglichen Argumen­te verwarf das Gericht, da es sich im Kern um eine (vermeintlich) unzutreffende Tatsachenwürdigung durch das Finanzgericht handele, die mit der Revison vor dem Bundesfinanzhof in der Regel nicht erfolgreich geltend gemacht werden kann. Für die Beratungspraxis empfiehlt sich daher, Einwendungen gegen die Teilwertermittlung schon im Klageverfahren vorzubringen, da diese als Tatsachenfeststellung nicht reversibel sind.

In einem weiteren Verfahren vor dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht mit dem Aktenzeichen 2 V 176/12 ging es ebenfalls um die Ermittlung des Unterschiedsbetrags. Das Schiff, um das es sich handelte, wurde auf Dollar-Basis erworben. Unter Außerachtlassung von Einzelheiten war es im Kern ein klassischer Fall. Es wurde beantragt, rückwirkend den Gewinn nach der Tonnage zu ermitteln. Zum Ende des vorangegangenen Jahres musste nunmehr der Unterschiedsbetrag ermittelt werden. Das Besondere dieses Falles war nun u. a., dass ein Kommanditist um die Mitte dieses ers­ten Jahres der Tonnagegewinnermittlung seinen Anteil an einen fremden Dritten veräußerte. Der Verkäufer weigerte sich allerdings vor Gericht, die Kaufpreisermittlung offenzulegen. Nun bestand die Möglichkeit, anhand des Verkaufs durch Hoch-

rechnung einen Teilwert zu ermitteln. Die Finanzverwaltung folgte diesen Berechnungen nicht, sondern ermittelte den Teilwert anhand der Formel: ursprüngliche Anschaffungskosten in Euro, geteilt durch eine Nutzungsdauer von 25 Jahren abzüglich Schrottwert.

Nach Auffassung des Finanzgerichts ist zur Ermittlung des Teilwerts auf die allgemeinen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes zurückzugreifen. Eine pauschale Ermittlung in der Weise, dass von den ursprünglichen Anschaffungskosten eine Abschreibung unter Berücksichtigung einer 25-jährigen Nutzungsdauer abgezogen wird und ein Schrottwert unberücksichtigt bleibt, ist nach Ansicht des Finanzgerichts sachgerecht. Bei in Fremdwährung erworbenen Wirtschaftsgütern sind die his­torischen Anschaffungskosten nach Kursen des Anschaffungszeitpunkts zu bestimmen. Konkret führt das Gericht aus: Die Teilwertermittlung von Handelsschiffen gestalte sich als außerordentlich schwierig, da es in der Regel an vergleichbaren Schiffen fehle, aus denen Ableitungen vorgenommen werden könnten (Voß in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG § 5a EStG Anm. 71 m. w. N. aus der Rechtsprechung).

Auch die aus der BFH-Rechtsprechung entwickelten Teilwertvermutun­gen, die hier grundsätzlich ebenfalls anwendbar wären, führten in diesem Fall zu keinem Ergebnis. Letztendlich bliebe nur eine gutachterliche Stellungnahme (Weiland a. a. O.). Das BMF (Erlass vom 31. Oktober 2008, Bundessteuerblatt – BStBl – I 2008, 956 Tz. 21) beanstandet es in diesem Zusammenhang nicht, wenn der Teilwert in der Weise ermittelt wird, dass von den ursprünglichen Anschaffungskos­ten AfA nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG unter Berücksichtigung einer 25-jährigen Nutzungsdauer abgezogen werden und dabei ein Schrottwert unberücksichtigt bleibt. Der Senat hält diese pauschale Ermittlung, die so auch von der A KG selbst beantragt worden war, für sachgerecht.

Die weitere Begründung des Finanzgerichts lautete wie folgt: »Entgegen der Ansicht des Antragstellers lässt sich aus seinem im Juli 2007 erfolgten Anteilsverkauf kein anderer, niedrigerer Teilwert des Seeschiffes ableiten. Es ist bereits zweifelhaft, ob aus der Veräußerung der Beteiligung an der A KG direkte Rückschlüsse auf den Wert des Seeschiffes gezogen werden können (so allerdings BFH-Urteil vom 12. August 1987 II R 225/84, BStBl II 1987, 703). Jedenfalls hat das Finanzamt zu Recht geltend gemacht, dass der Antragsteller die Wertermittlung, die der Vereinbarung über den Kaufpreis zugrunde lag, nicht offengelegt hat. Insofern ist nicht ersichtlich, ob und ggf. welche weiteren Aspekte in die Kaufpreisbildung eingeflossen sind. Dem Antragsteller ist schließ­lich auch nicht darin zu folgen, dass bei der Ermittlung des Teilwertansatzes zunächst die Anschaffungskosten in Dollar bis zum Feststellungszeitpunkt fortgeschrieben und erst dann in Euro umzurechnen sind. Denn bei einer Ermittlung des Teilwerts unter

Berücksichtigung einer gleichmäßigen Verteilung der Anschaffungskosten auf die Nutzungsdauer ist von den historischen An­schaf­fungskosten auszugehen, die bei in Fremdwährung erworbenen Wirtschaftsgütern nach den Kursen des Anschaffungszeitpunkts zu bestimmen sind (Schmidt/Kulosa, EStG, § 6 R Nr. 22). Eine Vermischung der vereinfachten Teilwertermittlung mit einer davon abweichenden jährlichen Währungsumrechnung widerspricht dem Charakter einer Vereinfachungsregel.«

Schlussbemerkung

Die Notwendigkeit der Ermittlung des Unterschiedsbetrags ist keineswegs infolge der in den letzten Jahren erfolgten Änderungen (Übergang zur Tonnagegewinnermittlung im Jahr der Indienststellung) abgeschlossen. Ein Unterschiedsbetrag muss auch heute noch ermittelt werden, wenn Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zugeführt werden.

Der Markt ist zwar überwiegend durch Einschiffsgesellschaften gekennzeichnet, aber eben nur überwiegend. Man könnte in diesem Zusammenhang in Anlehnung an die allgemeine steuerrechtliche Terminologie von einer Tonnagesteuerverstrickung sprechen.

Klaus Voß