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Im Interview mit der HANSA spricht Werner Möbius über Umweltschutzvorschriften, technische Innovationen und unterschiedliche Fahrzeugtypen im Nassbaggerbau
Herr Möbius, Sie sind einer der Pioniere des Baggerwesens. Welche verschiedenen Baggertypen gibt es im Wasserbau?

Werner Möbius: Eine herausragende Rolle spielen heute Hopperbagger. Diese nehmen über Schleppköpfe ein Boden-Wasser-Gemisch auf und fördern es in den Laderaum. In Abhängigkeit von den Bodenverhältnissen, den Gemisch-Fördermengen der Pumpen und der Laderaumgröße können relativ kurze Ladezeiten erreicht werden. Hopperbagger können das Baggergut über größere Entfernungen transportieren, an der Einbau­stelle entweder verklappen oder verspülen. Die Wirtschaftlichkeit von Hoppereinsätzen wird durch verschiedene Umstände beeinflusst. Größtmögliche Hopper und Leistungen sind nicht immer von Vorteil, eher sollten sinnvolle Einsatzzeiten und Auslastungsgrade erreicht werden. Entscheidend sind die Kosten aus Einrichtung, Vorhaltung, Betrieb und Personal! Die Vorhaltekosten werden maßgeblich von Anschaffungskosten und Auslastung des Hoppers, die Betriebskos­ten maßgeblich von dem Brennstoffverbrauch bestimmt. Einsätze von Hoppern sind meist auf mit Jetwasser lösbare schluffige, sandige oder kiesige Böden bzw. Sedimente begrenzt.

Mit welchen Nassbaggergeräten wird bei festen, schwer lösbaren Böden gearbeitet?

Möbius: Immer noch mit Eimerkettenbaggern, die schon beim Bau des Nord-Ostsee-Kanals eingesetzt wurden. Da die Instandhaltung der Bagger sehr aufwendig und erfahrenes Personal rar ist, werden wohl bald keine mehr eingesetzt. Bei deren Einsatz wird im Übrigen der aufzunehmende Boden weitgehend zerkleinert, somit können viele Feinteile verdriften und Gewässer belasten.

Überwiegend werden hierfür heute Dipper Dredger, also Tieflöffelbagger auf Stelzenpontons, eingesetzt. Die Baggerausrü­s­tung des Tieflöffelbaggers muss auf die Baggertiefe und Lösefestigkeit von Boden oder Fels, und insbesondere auf die geplante Leis­tung abgestimmt werden. Tieflöffelbagger haben heute Leistungen von 800 bis 2.000 kW. Sie sind überwiegend mit GPS-gestützten Computern für profilgenaues Baggern von Sohlen und Böschungen ausgestattet. Die Stelzenpontons haben heute einen eigenen Fahrantrieb für zügiges Versetzen und Positionieren. Das Ladevermögen der zuzuordnenden Klappschute muss auf die geplante Baggerleistung, Transportentfernungen, Fahrwassertiefen etc. abgestimmt werden. Verschiedentlich werden Seilbagger auf Pontons oder Schiffen für Nassbaggerungen von leicht lösbaren Böden wie Sand oder Schlick eingesetzt.

Ein weiterer Typ sind Spüler, insbesondere Schneidkopfbagger. Bindige und steife Böden erfordern eine Cutter-Einrichtung. Die Schneidkopfleistung wird der Festigkeit des Bodens und der geplanten Bag­gerleistung angepasst. Sie beträgt 500 bis 1.500 kW. Es gibt einige Großgeräte mit Schneidkopfleistungen bis 6.000 kW, die in der Lage sind, sehr feste Mergelböden und auch Fels zu lösen und zu fördern. Das gelöste Material wird per Pumpe angesaugt und gelangt über Schwimm- und Landleitungen in den Auffüllbereich.

Welche technischen Innovationen gibt es bei Schiffen bzw. beim Equipment?

Möbius: Bei den neuen Hopperbaggern »Werner Möbius« und »Eke Möbius«, wurden über 1.000 t Eigengewicht eingespart. Das erhöht die Wirtschaftlichkeit. Diese Bagger haben diesel-elektrische Aggregate, die automatisch gesteuert werden. Ein Hopperbagger hat den größten Leistungsbedarf, wenn er baggert. Ist er beladen, reduziert das Powermanagement die Aggregate und der Brennstoffverbrauch sinkt.

Die Aggregate haben noch einen weiteren Vorteil: Ein Hopperbagger wird normalerweise mit zwei Antriebsmaschinen betrieben. Fällt die Hauptantriebsmaschine aus, kann der Bagger nicht weiterarbeiten. Beim Ausfall eines Aggregates indes kann er sei­ne Arbeit fortsetzen. Zudem werden die Schrauben bei den neuen Schiffen nicht über Verstellpropeller betrieben, sondern elektrisch gesteuert, was den Wirkungsgrad erheblich verbessert. Auch bei Schuten gibt es Innovationen. Das vom Dipper Dredger gelöste Material kann ohne nennenswerten Wasseranteil in die Schuten gegeben werden. Dadurch wird das Gewässer geschont und die Effektivität beim Transport erhöht sich. Bei einem geringeren Wasseranteil werden deutlich weniger Schadstoffe mobilisiert und verteilt.

Welche Umwelteinflüsse müssen beim Baggern beachtet werden?

Möbius: Beim Beladen von Schuten und beim Transport wäre es wünschenswert, das Wasser abzuziehen. So werden an der Ausladestelle Suspensionen, die Schwebstoffe, Feinteile und Schadstoffe beinhalten, vermieden – dafür wird eine mehr oder we­niger stabile Masse ausgeladen. Eine Zukunftsaufgabe ist es, diese Masse in ihrer Konsis­tenz stabil unter Wasser in Hafen­becken einzubauen. Dazu habe ich schon Vorschläge gemacht – und das funktioniert.

In Hamburg gibt es zudem das Problem, dass der Sauerstoffgehalt der Elbe in den Sommermonaten dramatisch absinkt. Deshalb darf zu dieser Zeit nicht gebaggert werden. Es muss darauf geachtet werden, dass möglichst wenig Schwebstoffe ins Gewässer zurückgelangen. Diese zersetzen sich und minimieren so den Sauerstoffgehalt.

Gibt es Unterschiede in der Rechtslage bei deutschen Bauprojekten im Vergleich zu europäischen?

Möbius: In Deutschland will man alle Eventualitäten berücksichtigen und mögliche Rechtsstreitigkeiten vermeiden. Allein das Planungsverfahren dauert deshalb sehr lange. Zudem verlängern Klagen das Vorgehen. In den Niederlanden, Dänemark oder Belgien kommt das nicht vor. Wenn dort der Entschluss zum Bau gefällt wird, wird gebaut und nicht mehr diskutiert.

Die Gesichtspunkte des Naturschutzes müssen natürlich mit einbezogen werden, sowohl in Deutschland, wie auch in anderen Ländern. Es darf aber nicht dazu führen, dass wichtige Projekte blockiert werden. Ich meine, wir hätten sehr viele Möglichkeiten, dem Anliegen des Umweltschutzes gerecht zu werden. Zahlreiche Projekte sind immer mit Abstimmung des Umweltschutzes gelaufen, wobei darauf Wert gelegt wurde, die Uferzonen und Randgebiete so zu gestalten, dass sich die Natur optimal selbst entwickeln kann.

Umweltverträglichkeitsprüfungen oder die Schaffung von Ausgleichsflächen gibt es auch in anderen Ländern.

Möbius: Richtig, das erfordern allein schon die EU-Bestimmungen. In den genannten Ländern steht aber das Projekt im Vordergrund. Es wird darüber gesprochen, wie möglichst umweltverträglich gebaut werden soll, und nicht ob. All das wird in relativ kurzer Zeit entschieden.

In Deutschland kann der Einzelne ganze Projekte blockieren – und das darf nicht sein. Dass man allen Gesichtspunkten, also auch dem Umweltschutz, Rechnung trägt, ist für mich logisch und notwendig, aber es muss zu einer Entscheidung kommen, die der Allgemeinheit zugutekommt.

In vielen technischen Bereichen fehlt es an Nachwuchs. Gilt das auch für Ihre Branche?

Möbius: Leider ja. Das Bauwesen ist nicht mehr von so großem Interesse und hat darüber hinaus mit Imageproblemen zu kämp­fen. Junge Menschen suchen ihre Herausforderung heute eher im Maschinenbau und im Informatik-Bereich. Das Bauwesen wird zudem nicht in dem Maße vermittelt, wie es sein müsste. Das möchte ich durch mein Engagement bei der TU Hamburg-Harburg ändern. Dort halte ich Vorträge, die das Interesse junger Menschen wecken sollen.

Thomas Wägener