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Seit der Wiederbesiedlung nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Tourismus Helgolands wichtigster Wirtschaftsfaktor. Die Offshore-Windindustrie könnte neuen Auftrieb bringen, wie der siebte Teil der HANSA-Serie beschreibt.

Der Tourismus ist »mit Abstand das wichtigste Standbein der Insel«, sagt Helgolands Tourismusdirektor Klaus Furtmeier: Das werde sich auch nach[ds_preview] Einzug der Offshore-Windindustrie nicht ändern. Aktuell hängen nach Schätzungen der Gemeinde etwa sieben von zehn Ar­beits­plätzen sowie 80 % der Einnahmen direkt oder indirekt an diesem Wirtschaftszweig. In der Gastronomie und Hotellerie ist das ohnehin so, aber auch im Handwerk und in anderen Branchen

Die Hochzeiten der Gästeanstürme in­des liegen schon eine ganze Weile zurück. Gleich nach Beginn der Wiederbesiedlung Helgolands im Jahr 1952 hatte sich der Tourismus zum Wirtschaftsfaktor Nummer eins entwickelt, vor allem bei Tagesgästen war die Insel nicht zuletzt wegen ihrer Zoll- und Steuerbefreiung ein beliebtes Ausflugsziel. Im Rekordjahr 1971 wurden mehr als 800.000 Touristen gezählt, kurz nach der deutschen Wiedervereinigung wurde noch einmal die Marke von 700.000 Besuchern übertroffen. Seither sind die Zahlen deutlich nach unten gegangen. Im vergangenen Jahr kamen 316.241 Touristen auf die Insel, wobei die Tendenz seit 2010 immerhin wieder steigend ist.

Neues Schiff soll mehr Wintergäste bringen

Während die Zahl der Tagesgäste voriges Jahr erstmals seit langem wieder leicht anstieg, zeigt sich bei den Übernachtungs­gästen bereits seit mehreren Jahren ein positiver Trend: Zwischen 2006 und 2012 ist ihre Zahl von 45.335 auf 70.837 angewachsen, was einer Verdoppelung des Anteils an den Gesamtgästezahlen auf nunmehr gut 20 % entspricht. Damit zeigen die Bemühungen der Gemeinde, verstärkt auf nachhaltigen und hochwertigen Tourismus zu setzen, bereits deutliche Erfolge. »Wir wollen einer anspruchsvolleren Klientel künftig noch mehr Möglichkeiten bieten und noch spannendere Pauschalangebote für themenbezogene Urlaubsreisen schaffen«, erläutert Klaus Furtmeier. Damit verbunden ist die Hoffnung, perspektivisch wieder 400.000 Gäste pro Jahr auf der Insel empfangen zu können. Eine nicht unerhebliche Rolle wird dabei auch das neue hochseetaugliche Schiff spielen, das die Reederei Cassen Eils ab Mai 2015 ganzjährig auf der Strecke Cuxhaven–Helgoland einsetzen will (s. HANSA 5/2013).

»Im ersten Quartal dieses Jahres hatten wir bei den Gästezahlen einen Anstieg von 22,4 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als wetterbedingt häufiger Schiffsverbindungen ausgefallen sind«, rechnet der Tourismusdirektor vor. »Das zeigt, was für ein Potenzial der Winter hat, wenn das Schiff tatsächlich regelmäßig fahren kann.«

Wie sich die Ansiedlung der Offshore-Windindustrie auf der Insel konkret auf den Tourismus auswirken wird, lässt sich noch nicht abschließend sagen. Furtmeier zeigt sich allerdings überzeugt, dass die Auswirkungen auf keinen Fall negativ sein werden – auch wenn nach seiner Schätzung etwa 10 % der aktuell gut 2.800 Betten nicht mehr für Urlauber zur Verfügung stehen werden, weil sie durch Offshore-Mitarbeiter belegt sind. Doch Abhilfe ist in Sicht: Ein Hotelneubau, mobile Hafenquartiere sowie sechs bis zehn zusätzliche Ferienbungalows auf der vorgelagerten Düne sind bereits in Planung, mit weiteren Hotelentwicklern und Investoren ist man im Gespräch.

»Es wird auch in Zukunft genügend Urlaubsbetten auf Helgoland geben«, betont Furtmeier. Wenn es zudem gelinge, die Inselgäste durch eine aktive Informationspolitik, Ausstellungen, Führungen durch den Südhafen oder Schiffstouren zu den Windparks für die Offshore-Windenergie zu interessieren, könne der Tourismus am Ende sogar von der neuen Branche profitieren, hofft er.

Zu diesem Ergebnis kommt im Übrigen auch eine aktuelle Studie der Stiftung Offshore-Windenergie zu genau diesem Thema. Dort heißt es, dass Offshore-Windparks als Touristenattraktionen dienen können und in regionale Tourismuskonzepte ein­bezogen werden sollten. Den Gemeinden biete sich dadurch die Möglichkeit, sich innerhalb der konkurrenzbetonten Tourismusindustrie von Mitbewerbern zu differenzieren und einen Nischenmarkt zu finden. Helgoland wird in der Studie explizit als positives Beispiel genannt.

Nicht nur der Tourismus kann von der Offshore-Windindustrie profitieren: Auch andere Wirtschaftsakteure erhoffen sich für die Zukunft neue Geschäftsfelder und Einnahmequellen. Einige von ihnen werden im nächsten Teil der Serie exemplarisch vor­gestellt.


Anne-Katrin Wehrmann