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Die Not in der Schifffahrt wächst immer noch und es wird nach jedem rettenden Strohhalm gegriffen. Das Deutsche Frachtschiff-Kontor könnte für Not leidende Schiffe eine Überlebenschance bieten und einen Ausverkauf der hiesigen Flotte verhindern

Die deutschen Banken, die sich stark im Bereich der Schiffsfinanzierung engagiert haben, stehen unter erheblichem Druck, weil eine große Zahl[ds_preview] ihrer Finanzierungen in der Schifffahrt Not leidend geworden sind. Die Ursachen dafür sind hinlänglich bekannt. Die Kredite sind in Abwicklungsbanken ausgelagert worden, doch ist die Belastung durch diese Kredite erheblich, da es sich um wirklich große Volumina handelt.

Da die Banken gezwungen sind, diesen Portfolio­bereich abzubauen, wird nach immer neuen Möglichkeiten gesucht, das Problem zu lösen. Für gewöhnlich löst es sich durch die Verwertung der betroffenen Schiffe im freien Verkauf am Markt, durch Notverkäufe vor Eintritt der Insolvenzkriterien oder durch die Insolvenz der Schiffsgesellschaft mit zwangsweiser Verwertung durch einen Insolvenzverwalter. Dieser Weg ist natürlich der denkbar schlechteste, weil er einerseits durch zusätzliche Gebühren der Insolvenzverwaltung sehr teuer ist, andererseits ist er für die beteiligten Gesellschafter der schmerzhafteste.

Aufgrund der aktuellen Marktverhältnisse werden beim Verkauf eines Schiffes zurzeit sehr geringe Preise erzielt, da nur eine begrenzte Nachfrage nach Schiffstonnage besteht. Die Folge einer Zwangsverwertung durch Insolvenz ist in der Regel, dass durch die Verwertung nicht genügend Liquidität erzielt wird, um sämtliche offenen Schulden der Gesellschaft zu decken. In der Konsequenz untersucht der Insolvenzverwalter alle Möglichkeiten, weitere Liquidität zu generieren.

Spätestens in diesem Moment beginnt es für die Gesellschafter einer solchen Gesellschaft schmerzhaft zu werden. Sie müssen nicht nur den Verlust ihres eingesetzten Kapitals hinnehmen, sondern auch, dass frühere Liquiditätsauszahlungen, die in der Vergangenheit ausgeschüttet wurden, vom Insolvenzverwalter gemäß § 172 Abs. 4 HGB zurückgefordert werden, soweit diese Auszahlungen nicht durch Gewinne aus dem Schiffsbetrieb gedeckt waren. Dies ist in den meisten Fällen gegeben, weil vorhandene freie Liquidität der Gesellschaft ausgekehrt wurde und dies eine Entnahme auf das Eigenkapital der Gesellschafter war.

Durch diese Entnahmen ist das Kapitalkonto der Gesellschafter unter den Nennbetrag gesunken und die Haftung für diese Beträge lebt auf, weil die Beträge gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft als nicht geleis­tet gelten. Die Folgen sind ein totaler Kapitalverlust und die Rückzahlung erhaltener Liquiditätsauszahlungen.

»Aus risikobehafteten werden wieder werthaltige Kredite«

Diesbezüglich bietet die Deutsche Frachtschiff-Kontor GmbH & Co. KG einen Lö­sungs­ansatz, der die Anleger zumindest vor der Rückzahlungsverpflichtung erhaltener Liquiditätsauszahlungen schützen kann. Die Gründungsgesellschafter des Frachtschiff-Kontors sind die Reedereien F. Laeisz, Norddeutsche Reederei H. Schuldt und Rick­mers Reederei sowie der Rechtsanwalt und Sanierungsspezialist Jan Duken. Das Ziel der Gesellschaft ist es, die eingangs erwähnten Probleme zu lösen und den Banken eine Alternative zu bieten, problembehaftete Finanzierungen aus dem Risikoportfolio herauszuführen und so die Zwangsverwertung der Schiffe und den damit verbundenen Abschreibungsverlust zu umgehen.

Zu diesem Zweck kauft das Frachtschiff-Kontor sanierungsbedürftige und -fähige Schiffe mit Krediten an, die durch diejenige Bank finanziert werden, die diese Schiffs­finanzierung bisher in ihrem Risikoport­folio gehalten hat. Dadurch werden aus risikobehafteten wieder werthaltige Kredite. Die Schiffe gehen in das Management jeweils jener Reederei in diesem Zusammenschluss, die für den erworbenen Schiffstyp die höchste Managementkompetenz besitzt. Durch die Neufinanzierung des Ankaufs der Schiffe bieten sich für die Bank ganz andere Finanzierungsmöglichkeiten für den Neukredit, weil die Risikokriterien – die vorher in Form von Tilgungs- und/oder Zinsstundungen oder Fremdwährungsproblemen beim Altkredit bestanden haben und keinen Handlungsspielraum für weitere Zugeständnisse mehr zuließen – komplett entfallen sind.

Für die Altanleger ist der Kapitalverlust der Einlage zwar nach wie vor schmerzhaft, aber das Risiko der Rückzahlung von Liquiditätsauszahlungen entfällt durch den Verkauf des Schiffes an das Frachtschiff-Kontor. Darüber hinaus eröffnet der neue Eigner sogar von Fall zu Fall die Möglichkeit, den Altgesellschaftern einen Besserungsschein auszuloben, der sie im Fall

einer späteren positiven Verwertung des Schiffes am Erfolg beteiligt. Dies ist allerdings noch Zukunftsmusik, weil sich der Markt für den Eintritt eines solchen Falles in den nächsten Jahren deutlich erholen muss, damit entsprechende Gewinne aus der Verwertung des Schiffes entstehen.

Die Gesellschafter des Frachtschiff-Kontors sind indes keine barmherzigen Samariter. Es geht um profitorientiertes Handeln. Aber die Erträge aus der Bereederung der neu erworbenen Schiffe im Zusammenwirken mit den sicherlich günstig kalkulierten Rahmenbedingungen für die Kredite werden es vermutlich ermöglichen, dass der Kapitaldienst der Schiffe geleistet werden kann. Die Grundvoraussetzung hierfür ist, die Schiffe beschäftigt zu halten. Im Verbund der drei beteilig­ten Reedereien ist sicherlich ein ausreichend schlagkräftiges Management vorhanden, damit dies gelingt. Dies könnte den Erfolg des Konzeptes sichern.

Gleichwohl wirft das Sanierungsmodell Fragen auf, die sich erst im Zeitablauf der nächsten zwei oder drei Jahre beantworten lassen. Bisher hat das Frachtschiff-Kontor vier Schiffe erworben, die aus dem Portfolio der Abbaubank der HSH Nordbank kommen. Daher wird eine dieser Fragen sicherlich sein, ob das Unternehmen auch für Schiffe offen ist, die von anderen Banken finanziert wurden und die gleichen Probleme aufweisen, die auch die vier von der HSH Nordbank finanzierten hatten. Dies ist vor dem beruflichen Hintergrund des Gründungsgesellschafters Jan Duken ein Punkt, der zumindest angesprochen werden sollte. Duken war bis kurz vor der Gründung des Frachtschiff-Kontors Prokurist bei der HSH Nordbank. Es stellt sich die Frage, weshalb jemand einen solchen Job aufgibt, um Gesellschafter einer Firma zu werden, deren Wirkungszeitraum nach eigenem Bekunden auf eine Laufzeit von vier bis fünf Jahren ausgerichtet ist.

»Es wäre schön, wenn sich die neu geschaffene Sanierungsplattform als Hilfsmittel für alle schiffsfinanzierenden Banken erwiese«

Sollte sich jedoch im Zeitablauf erweisen, dass das Frachtschiff-Kontor als Sanierungsplattform bankenunabhängig für eine Vielzahl sanierungsfähiger Schiffe offen ist, dann wäre dieses Fragezeichen aus dem Wege geräumt. Man hätte die Gewissheit, dass das Frachtschiff-Kontor nicht dazu dient, faule Kredite der HSH Nordbank in werthaltige Kredite umzuwandeln.

Sicherlich wäre es schön, wenn sich diese neu geschaffene Sanierungsplattform als Hilfsmittel für alle schiffsfinanzierenden Banken erwiese. Die Idee des Frachtschiff-Kontors bietet darüber hinaus aber einen weiteren beachtlichen Vorteil, denn sie trägt dazu bei, dass die deutsche Flotte erhalten bleibt und kein Ausverkauf ins Ausland stattfindet. Insofern wäre es wünschenswert, wenn diese Idee Nachahmer fände!

Autor: Michael Rathmann

Anlageberater und Schifffahrtsexperte

www.mira-anlagen.de

Michael Rathmann