Print Friendly, PDF & Email

Anfang Juni nahmen in Bremerhaven rund 800 Vertreter der Offshore-Windbranche an der »Windforce 2013« teil. Im Mittelpunkt der diesjährigen Fachkonferenz stand das

Thema Kostenreduzierung.
Wo und wie kann beim Bau und Betrieb von Offshore-Windparks in Zukunft gespart werden? Über diese Frage diskutierten die[ds_preview] rund 800 Teilnehmer der neunten »Windforce«-Konferenz Anfang Juni drei Tage lang in Bremerhaven. In rund 60 Vorträgen sprachen internationale Experten über Möglichkeiten der Kostenreduzierung, aber auch über Themen wie Netzanbindung, Finanzierung, Transport, Logistik und Umweltschutz. Die Schirmherrschaft für die Veranstaltung hatte Bundesumweltminister Peter Altmaier übernommen, der zwar nicht persönlich erschien, in seinem schriftlichen Grußwort aber die Bedeutung der Offshore-Windenergie betonte und sie als Schlüsselfaktor für den Erfolg der Energiewende bezeichnete. Nach den jüngsten Irritationen über eine mögliche »Strompreisbremse« und angesichts der aktuellen Verunsicherung der Branche über die Zukunft des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) werteten die Veranstalter von der Windenergie-Agentur WAB und der Offshore Wind Messe- und Veranstaltungs GmbH diese Aussage als wichtiges und positives Signal für die Zukunft.

»Preislich schon jetzt im Mittelfeld«

Durch verschiedene Äußerungen aus dem politischen Raum und von Verbraucherschützern war in der öffentlichen Wahrnehmung zuletzt der Eindruck entstanden, dass die Offshore-Windenergie ein Kostentreiber sei und zu einem guten Teil für den Anstieg der Stromkosten verantwortlich gemacht werden könne. Dem widersprach WAB-Geschäftsführer Ronny Meyer vehement. Obwohl die Lernkurve gerade erst begonnen habe, liege man preislich schon jetzt im Mittelfeld der erneuerbaren Energien. »Uns hängt immer die Zahl 19 Ct/kWh nach«, stellte Meyer fest. Diese Vergütung werde allerdings nur im optionalen Stauchungsmodell und dann auch nur für acht Jahre gezahlt. Für den restlichen Förderzeitraum von zwölf Jahren falle die durch das EEG garantierte Ein­speisevergütung auf 3,5 Ct/kWh zurück. »Auf die gesamte Förderdauer von 20 Jahren gerechnet beträgt die Vergütung für Offshore-Windenergie durchschnittlich 10 Ct/kWh – das ist weniger als zum Beispiel für Photovoltaik.«

Künftig solle die Stromerzeugung durch Meereswindparks noch günstiger werden, kündigte der WAB-Chef an: Es werde bereits daran gearbeitet, Wege zur Steigerung der Effizienz und zur Senkung der Kosten zu finden sowie Einsparpotenziale in der Produktionskette zu heben. Dies könne allerdings nur dann gelingen, wenn die begonnene Entwicklung fortgeführt und in weitere Projekte investiert werde. Meyer wiederholte in diesem Zusammenhang die schon bei der Nationalen Maritimen Konferenz in Kiel (s. HANSA 5/2013) geäußerte Forderung der Branche, dass die Politik nun rasch die verloren gegangene Planungs- und Investitionssicherheit wiederherstellen müsse. Für viele Unternehmen sei die Lage mittlerweile existenzbedrohend, den langwierigen Prozess einer Neugestaltung des EEG könne man daher nicht abwarten. Angesichts der nicht zuletzt durch die Probleme bei der Netzanbindung aufgelaufenen Verzögerungen regte Meyer als mögliche Sofortmaßnahme eine Verlängerung des Stauchungsmodells an, das nach aktueller Gesetzeslage zum 31. Dezember 2017 ausläuft. Auch eine Verschiebung des Degressionsbeginns könne ein hilfreicher Anreiz für weitere Investitionen sein.

Handlungsempfehlungen für Industrie und Politik

Gemeinsam mit der WAB sowie weiteren Verbänden und Unternehmen hat die Stiftung Offshore-Windenergie eine Studie zu den Kostensenkungspotenzialen bei deutschen Offshore-Projekten in Auftrag gegeben, wie Stiftungsgeschäftsführer Andreas Wagner berichtete. Vorbild dafür sei eine voriges Jahr in Großbritannien erstellte Studie, laut der sich die Stromgestehungskos­ten dort von aktuell 140 /MWh bis 2020 auf 100 /MWh senken ließen. »Wir werden jetzt erstmals für Deutschland eine fundierte Basis zur Weiterentwicklung der Kosten liefern«, machte Wagner deutlich. Die Veröffentlichung der Ergebnisse sei für Juli oder August geplant: »Bei der Diskussion um die Neugestaltung des EEG wird das dann sicher eine entscheidende Rolle spielen.« Eines der wesentlichen Ziele der Untersuchung sei es, Handlungsempfehlungen sowohl für die Industrie als auch für die Politik zu liefern. Konkrete Zahlen wollte Wagner zunächst nicht nennen, da es für Zwischenergebnisse noch zu früh sei. Auf Nachfrage aus dem Publikum verriet er dann aber doch, dass man eine Kostenreduzierung von 30 bis 40 % bis 2023 auch hierzulande für möglich halte. Die britische Studie habe gezeigt, dass es umso günstiger werde, je intensiver der Ausbau vorangetrieben werde.

Manfred Dittmer von Dong Energy bestätigte diese Einschätzung. Allein in Deutschland plane sein Unternehmen derzeit sechs Offshore-Windparks mit einer Gesamtkapazität von bis zu zwei Gigawatt und sehe dabei Einsparpotenziale von bis zu 40 %, die vor allem durch eine intensivierte Zusammenarbeit mit den Zulieferern gehoben werden sollen. Voraussetzung dafür seien allerdings stabile Rahmenbedingungen, denn entsprechende Vereinbarungen ließen sich nur treffen, wenn sich Investitionen der Unternehmen in die Entwicklung günstigerer Produkte auch auszahlen könnten. Die langjährige Erfahrung mit Offshore-Windprojekten in Dänemark und England habe darüber hinaus gezeigt, dass sich die Installationszeiten mit fortschreitender Lernkurve deutlich verringern ließen. »Insgesamt liegt der Fokus momentan sehr auf der Bauphase der Windparks«, so Dittmer. »Wir dürfen aber nicht vergessen, dass eine lange Betriebsphase vor uns liegt – da gilt es, Synergien zu schaffen.« Dong Energy löse das unter anderem durch einen zentralen Betriebsstandort in Norddeich, von dem aus man sowohl Bauüberwachung als auch Service und Wartung aller deutschen Projekte des Unternehmens koordinieren wolle.

Einen Eindruck von dem, was bei kontinuierlicher Arbeit möglich ist, präsentierte Dr. Sigurd Weise vom Fundamenteproduzenten Weserwind. Der Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung berichtete, dass in seinem Haus allein durch die Einführung der Tripod-Serienfertigung eine Verringerung der Produktionszeit um 25 % erreicht worden sei. Zudem habe man in relativ kurzer Zeit die Lieferkette deutlich verbessert und Einsparungen beim Materialverbrauch erreicht. Weitere Innovationen, beispielsweise die Konstruktion materialsparender Jacket-Fundamente, seien in der Entwicklung.

Workboat-Ausstellung feiert Premiere

Dass die Branche die Bedeutung der maritimen Wirtschaft für den Ausbau der Offshore-Windenergie erkannt hat, belegte eine Premiere im »Windforce«-Programm: Zum ersten Mal hatten Anbieter von Serviceschiffen die Möglichkeit, ihre Crew Transfer Vessels (CTVs), Schlepper und sonstigen Wasserfahrzeuge an der Weserkaje in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort zu präsentieren und die Konferenzteilnehmer zu Probefahrten einzuladen. Unter anderem stellte Abeking & Rasmussen der Öffentlichkeit dort einen völlig neuartigen Schiffstyp vor, den die Werft aus Lemwerder jüngst entwickelt hat: das SWASH (Small Waterplane Area Single Hull, s. Bericht auf S. 25 in dieser Ausgabe). Ebenfalls im Rahmen dieser Ausstellung mit dem Titel »Workboats in Water« fand eine Diskussionsveranstaltung statt, bei der sich internationale Experten über die unterschiedlichen nationalen Sicherheitsbestimmungen für CTVs austauschten. Die beiden deutschen Vertreter Wolfgang Hintzsche (Verband Deutscher Reeder) und Dr. Ralf Sören Marquardt (Verband für Schiffbau und Meerestechnik) forderten einmal mehr eine Harmonisierung und Standardisierung der verschiedenen Regularien. Solange die internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO noch zu keiner Lösung gekommen sei, müsse man sich zumindest auf europäischer Ebene einigen, um die entstandenen Wettbewerbsverzerrungen aus dem Weg zu schaffen. Für eine Abkürzung des Prozesses bei der IMO könne es sicher hilfreich sein, nicht jedes kleine Detail regeln zu wollen, schlug Marquardt vor. »Wenn wir alle versuchen, es bei den wesentlichen Dingen zu belassen, würde das die Sache beschleunigen und außerdem mehr Raum für innovative Lösungen lassen.«