Der Dreibund und die Folgen

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Während Europa einen Sommer erlebt, wie er sonst nur früher einer war, bleibt das nachrichtliche Sommerloch diesmal aus. Die schifffahrtsrelevante[ds_preview] Meldung der vergangenen Wochen war die Bildung des Dreibundes zwi­schen Maersk, MSC und CMA CGM. Mit ihrer P3-Allianz wollen die Linienreedereien ihren Schiffsraum auf den drei großen Routen Ost–West, Transatlantik und Transpazifik gemeinsam befrachten – und die Frachtraten so dauerhaft auf ein höheres Niveau befördern.

Für die Branche ist diese Nachricht positiv zu bewerten. Die Marktanteils­kämpfe der vergangenen Jahre haben die Raten regelmäßig in den Keller gedrückt und die Bilanzen vieler Linienreeder rot eingefärbt. Am Ende gab es nur Verlierer. Diese Erkenntnis hat sich nun durchgesetzt, das Kriegsbeil ist begraben.

Interessanterweise ging der erste Schritt vom Marktführer Maersk aus, der auf MSC und CMA CGM zuging. Der Mutterkonzern A. P. Moller-Maersk hat dem neuen Maersk-Line-Chef Søren Skou wohl klar gemacht, dass sich die Containerschifffahrt bei der Rendite an zahlenmäßig erfolgreicheren Geschäftsfeldern wie APM Terminals oder Maersk Oil messen muss. Dass MSC und CMA CGM als reine Linienoperateure der Avance ihres erbitterten Wettbewerbers folgten, überrascht indes nicht. Schließlich können sie kein defizitäres Liner Business quersubventionieren und müssen zudem ihr rasantes Flottenwachstum verkraften sowie ihren Schuldenberg abbauen.

Im zweiten Quartal 2014 soll die P3-Allianz an den Start gehen. Nach aktuellem Stand sollen 255 Schiffe mit einer Stellplatzkapazität

von 2,6 Mio. TEU gemeinsam vermarktet wer­den. Auch die 20 Triple-E-Schiffe von Maersk werden demnach Teil des Netz­werks sein. Maersk bringt 42 % der Kapazität ein, gefolgt von MSC mit 34 % und CMA CGM mit 24 %.

Wie man hört, wird zur Steuerung der Schiffe eine eigene Gesellschaft in London gegründet, an der die drei Linien entsprechend beteiligt sind. Mehr als 200 Angestellte ziehen in das Joint Vessel Operating Center in die englische Hauptstadt um. Der Schulterschluss ist daher keine vorübergehende Sache, sondern langfristig angelegt.

Abzuwarten bleibt, wie die Kartellbehörden reagieren. Mit einem Markt­anteil von 38 % auf den drei Hauptrouten hat die P3-Allianz eine beherrschende Stellung. Ab 30 % sind Zusammenschlüsse zustimmungspflichtig. Und gera­de die EU-Kommission hatte die Linien in der Vergangenheit auf dem Kieker: Die Liner-Konferenzen wurden verboten, wegen des Verdachts auf Preisabsprachen untersuchten die Kartellprüfer vor zwei Jahren die Firmenzentralen diverser Linienreeder, Befragungen zur Preisbestimmungspolitik halten bis heute an. Nun sollten Preisabsprachen innerhalb des neuen Netzwerks regulatorisch kein Problem sein – schließlich darf man Gesellschaftern nicht verbieten, sich im Rahmen einer Unternehmung abzusprechen. Gekippt werden könnte höchstens der Zusammenschluss in toto. Jedoch werden die Top 3 der Branche ihre Chancen im Vorfeld gut ausgelotet haben.

Außerdem sollten die Kartellbehörden gegen auskömmliche Frachtraten in der Schifffahrt nichts haben. Als günstigster Verkehrs­träger überhaupt ist in der Containerschifffahrt preislich durchaus Luft nach oben – und auch durch Spediteure und Endkunden bezahlbar. Das »Race to the Bottom« der Linien ist ein Grund (von vielen) für die Schieflage der Branche, schließlich ist operativ einfach zu wenig Geld in die Schifffahrt geflossen. Mittelbar betrifft dies Tramp­reeder (Druck auf die Charterraten) und die nicht selten staatlich gestützten Banken (»gestresste« Kredite).

Was die Tonnageanbieter angeht, wäre ein Umkehrschluss aber zu simpel: Tendenziell steigende Frachtraten werden nicht automatisch den Charterraten Auftrieb geben. Denn die Trampreeder stehen künftig mit P3 einem Giganten gegenüber, der fast 40 % der Tonnage anmietet. Die Verhandlungen werden dadurch nicht leichter…


Nikos Späth