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Die Verbindung zwischen Übergangsstück und Monopile erwies sich in vielen Fällen als labil. Jetzt stehen teure Reparaturen an. Konische Stahlrohre, Flansche und Schubrippen sollen die Lösung sein.
Es war wie so oft bei neuentwickelten technischen Systemen: Das Prinzip ist einfach, die praktische Umsetzung hingegen birgt Tücken. So[ds_preview] galt die Monopile-Gründung von Offshore-Windturbinen als relativ problemlos. Das war und ist der Grund, warum schätzungsweise drei Viertel aller Offshore-Windräder in Europa auf Monopiles stehen. Bis zu einer Wassertiefe von 30 m ist die Monopile-Gründung allen anderen Konzepten in wirtschaftlicher Hinsicht mindestens gleichwertig, in der Regel überlegen.

2009 ging es dann wie eine Schockwelle durch die Branche. Die in den Meeresboden gerammten Stahlrohre – die eigentlichen Monopiles – standen zwar fest und unerschütterlich, trotzdem »schrumpften« die Windräder, schätzungsweise 70 % des Bestandes. Sie verloren an Höhe, wenn auch vorerst nur um wenige Zentimeter. Schuld daran sind vertikale Verschiebungen im Bereich des Übergangsstückes. Sie sind auf mangelnde Haftung zwischen Monopile und Übergangsstück zurückzuführen. Zyklische Belastungen aus der Wind-Welle-Interaktion ermüden die Verbindung und vermindern die Tragfähigkeit. Bis heute beschäftigt die Offshore-Windindustrie dieses Problem. Es gibt zwar technisch brauchbare Lösungen – die wirtschaftlichen Fragen sind aber vielfach ungeklärt.

»Sichere« Verbindung rutscht

Sieht man von der eigentlichen stromproduzierenden Maschine ab, besteht ein Offshore-Windrad aus drei weiteren Teilen: Der in den Boden gerammte Monopile ragt aus der Spritzwasserzone heraus und ist über das sogenannte Übergangsstück mit dem eigentlichen Turm verbunden. Das Übergangsstück hat die Funktion, Positionsfehler des Monopiles auszugleichen. Vorstellen kann man sich das als ineinander gesteckte, großdimensionale Rohre. Während der obere Stahlturm mit dem Übergangsstück verschraubt wird, wird die Verbindung zum Monopile hin als »grouted connection« ausgeführt. Der Raum zwischen Übergangstück und Monopile beträgt mehrere Zentimeter und wird mit einem Hochleistungsmörtel ausgefüllt. Zur Begriffsklärung – Mörtel oder Beton? Beides sind Mischungen aus Zement, Wasser, Zusatzstoffen und Zuschlagsstoffen in Form von Sand oder Kies. Sie unterscheiden sich allerdings in der Größe der Zuschlagskörner. Beim Mörtel sind es maximal 4 mm, beim Beton ab 4 mm bis zum Grobkies.

Die vermeintlich einfache Lösung entpuppte sich jedoch als nicht hochseetauglich. »Der Mörtel zwischen Monopile und Übergangsstück haftet nicht. Der Turm rutscht deshalb nach unten«, beschreibt Peter Schaumann das Problem. Er ist Professor am Institut für Stahlbau an der Leibniz Universität Hannover. Bereits 2008 wies Schaumann in einem Vortrag darauf hin, dass die Annahmen der Zertifizierer über die Haftfähigkeit des Hochleistungsmörtels und damit über die Tragfähigkeit der Rohr-in-Rohr-Steckverbindung zu positiv ausfallen.

Es liegt auf der Hand, dass dem Spezialmörtel in einer Grout-Verbindung im wahrsten Sinne des Wortes eine tragende Rolle zukommt. Jörg Dietrich ist der Grout-Experte in der Abteilung Produktentwicklung beim Spezialmörtelanbieter Heidelberg Cement Geotechnik. Das Unternehmen liefert auch Mörtel für die Grouted Joints der Offshore-Windkraftanlagen. »Diese sehr speziellen Vergussmörtel sind mit herkömmlichen Betonen nicht zu vergleichen«, sagt Dietrich. »Um allen Anforderungen gerecht zu werden, ist eine Vielzahl von ausgesuchten, qualitativ hochwertigen Einzelkomponenten notwendig.«

Dieser Hochleistungsmörtel erreicht Festigkeitswerte von etwa 130 N/mm2. Zum Vergleich: »Normaler« Mörtel im Hausbau erzielt Festigkeitswerte von etwa 25 N/mm2. Experimentiert wurde vor wenigen Jahren auch mit noch höherer Festigkeiten um die 200 N/mm2, erinnert sich Dietrich. Die seien aber zugunsten wichtiger Verarbeitungsparameter wieder herabgesetzt worden. »Wir brauchen zwar auch eine hohe Enddruckfestigkeit«, stellt er klar, »genauso wichtig sind bei den Offshore-Arbeitsbedingungen aber eine ausreichende Verarbeitungszeit und eine hohe Frühfestigkeit, um das teure Equipment optimal zu nutzen.«

Konstruktive Details geändert

Dietrich glaubt nicht an ein Versagen des Mörtels, wenn die Verarbeitung des Mörtels gemäß Spezifikation erfolgt. Anders als beim gewöhnlichen Baubeton kommt es beim Vergussmörtel der Grout-Verbindung auf genaue Mischzeiten und einen sorgfältig abgemessenen Wasseranteil an, um die Verbindung zwischen Monopile und Übergangsstück sicherzustellen. Zwar bietet jeder Hersteller eigene Produkte an, die Rezepturen selbst sind jedoch robust. Fehler entstehen bei der Verarbeitung.

Offensichtlich gibt es aber auch konstruktive Schwächen. Der norwegische Zertifizierer DNV hat seit Herbst 2009 im Joint-Industry-Project (JIP) zusammen mit führenden Unternehmen der Windindustrie die Berechnungsgrundlagen und –methoden für die Axiallastbeanspruchungen überprüft. Das Ergebnis: Die bisherigen Berechnungen beschreiben das physikalische Verhalten nicht richtig. Vorgeschlagen wurden deshalb sehr früh konstruktive Veränderungen. Sogenannte Schubrippen sollen in Verbindung mit dem Hochleistungsmörtel die Axiallasten aufnehmen. Diese umlaufend angeschweißten Stahlwülste an der Außenseite des Monopiles und der Innenseite des Übergangsstücks erhöhen den Gleitwiderstand. Das JIP empfiehlt außerdem, auf zylindrisch geformte Ausführungen der Grout-Verbindungen zu verzichten. Die Industrie hat die Vorschläge aufgenommen oder bereits in Arbeitsgruppen aus eigenem Antrieb umgesetzt.

Eine entsprechende Anfrage beim dänischen Energiekonzern Dong Energy beantwortete Pressesprecherin Iris Franco: »Vorsorglich haben wir bereits unser Fundamentdesign geändert. Daher ist das obere Ende unseres Monopile-Fundaments konisch geschnitten, leicht trichterförmig. Das Zwischenstück zwischen Fundament und Turbine wird zwar weiterhin mit Zement verpresst, allerdings haben wir dank der konischen Form des Fundaments durch die Vertikallast eine bessere Verpressung der jeweiligen Teile. Wir haben diese Verbesserung bereits in unseren jüngsten Windpark-Projekten umgesetzt.«

Flanschverbindungen stecken hinter den etwas geheimnisvollen Andeutungen, die Projektmanager Dominik Schwegmann von der E.on Climate & Renewables Central Europe GmbH zu neuen Konstruktionsrichtlinien macht: »Wir bereiten aktuell eine Reparatur vor, bei der verkürzt gesagt, stützende Stahlelemente auf der Innenseite der Strukturen angebracht werden, die zukünftig die Lasten tragen.« Geht es um künftige Windparks, wird Schwegmann aber deutlicher: »Bei den auf ›Robin Rigg‹ folgenden Windparks werden Flansch-Verbindungen eingesetzt. Bei zwei Windparks wurde dies von Beginn an so geplant, bei einem Projekt wurde während der fortgeschrittenen Planungsphase die Änderung im Design vorgenommen.«

So stehen mit dem konischen Zuschnitt, den Schubrippen und Flanschverbindungen konstruktive Konzepte zur Verfügung, die das Problem zumindest bei den Neubauten beseitigen sollten. Was bleibt, sind die wirtschaftlichen Belastungen, die sich aus den Altfällen ergeben. Dass es sich um ein zähes Ringen handelt, belegt die andauernde Diskussion. Die beteiligten Unternehmen zeigen sich verständlicherweise äußerst schmallippig. »Dazu möchten wir keine Aussagen machen, da die kommerziellen und rechtlichen Gespräche noch nicht abgeschlossen sind«, betont Schwegmann.

Eine endgültige Lösung lässt auf sich warten. Zwar stellte JIP Ende Juni einen Abschlussbericht fertig. Der soll aber in einem internen Hearing noch abgestimmt werden. »Wir wollen diesen Prozess sorgfältig durchführen«, so DNV-Sprecherin Marjolein Roggen. »Und das dauert eine Weile.«
Jörn Iken