Keine leichten Antworten

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Schalten Sie, liebe Leser, stets den Fernseher aus – oder lassen Sie ihn aus Bequem­lichkeit auf Stand-by laufen? Nehmen[ds_preview] Sie anstelle des Autos auch mal das Fahrrad, vielleicht sogar bei schlechtem Wetter? Kaufen Sie wo­möglich CO2-Zertifikate, wenn Sie im Flieger in den Urlaub jetten? Und schließlich: Haben Sie jemals ein Kreuzfahrtschiff bestiegen – und wenn ja, mit gutem oder schlechtem Gewissen? Wie auch immer Sie hierzu stehen: Leicht macht sich die Antwort auf diese Fragen – in einer ohnehin wahnsinnig komplizierten Welt – wohl niemand. Daher wollen wir die Moral an dieser Stelle nicht überstrapazieren.

Auch in Sachen Schifffahrt und Umwelt gibt es viele Aspekte, bei denen man sich mit ei­ner persönlichen Bewertung schwer tun kann. Sind Schiffe nicht per se die effizientesten und damit umweltfreundlichsten Transportmittel? Muss man sie nun ausgerechnet in einer der größten Marktverwerfungen aller Zeiten mit etlichen »grünen« Auflagen belasten? Oder ist es andererseits nicht selbstverständ­lich, dass zur Schonung unserer gebeutelten Atmosphäre und Ozeane die besten Technologien zum Einsatz kommen? Gilt dies nicht umso mehr bei Kreuzfahrtschiffen, die schließlich kei­nen höheren Zweck haben? Anstatt des Transports von Gütern und Menschen von A nach B ist der einzige Grund, warum es sie gibt, Spaß! Aber ist wiederum ein Leben ohne Spaß überhaupt lebenswert?

Festzuhalten ist, dass die schwimmen­den Hotels Unmengen an Energie verbrauchen. Ihre zehntausende PS starken Motoren ver­ursachen enorme Kraftstoffverbräuche und hinterlassen nach der Verbrennung – auch für den Laien nicht zu übersehende – unschöne Rußschwaden am Himmel. Ohne nun aber die Branche als Ganzes in Frage stellen zu wollen (nach einer ersten Kari­bik-Cruise ist der Autor gegenüber einer weiteren Kreuzfahrt selbst nicht abgeneigt …), ist doch mehr Engagement der Linien zu erwarten – und auch ihrer Kunden, hierfür zu zahlen.

Immerhin: Es tut sich bereits eine ganze Menge. Zum einen, weil IMO-Regulierungen es erfordern, zum anderen, weil »grün« sein heute längst zum Zeitgeist gehört und darüber hinaus auch schlicht eine Image- und Marketingfrage ist.

So sehen wir gerade in der Kreuzschifffahrt eine Vielzahl »grüner« Technologien, die zunehmend zum Einsatz kommen: seien es Gasmotoren, mit LNG-betriebene Schuten für die Energieversorgung im Hafen, Landstromanschlüsse, Abgasbehandlungssysteme jeglicher Couleur, Luftblasen zur Reibungsverringerung, optimierte Rumpfformen, neuartige Bugwulste oder auch energiesparende Waschmaschinen, Klimaanlagen, Beleuchtung etc. pp. (vieles hierzu finden Sie auf den folgenden Seiten).

Aber man muss ja nicht immer Raketenwissenschaft betreiben, um eine Besserung herbeizuführen. So sollte doch in einem ers­ten Schritt beispielsweise die durchgehende Verwendung von schwefelarmem Marine­dieselöl auf Kreuzfahrtschiffen möglich sein. Das Argument von Branchenvertretern, der schwefelarme Kraftstoff sei global nicht in ausrei­chendem Maße verfügbar, klingt ein wenig fadenscheinig. Bei relativ festen Routen und Anlaufhäfen sollte sich eine zuverlässige Bebunkerung einrichten lassen.

Aber da sind wir wieder bei den Ausgangsfragen: Wären die Gäste – also wir – bereit, den Aufschlag dafür zu zahlen? Oder trinken wir lieber einen Sundowner für 10 € mehr? Wie bei so vielen großen Fragen in dieser Welt geht es am Ende um die Summe richtiger, individueller Entscheidungen. Was würden Sie tun? Denken Sie einmal darüber nach …


Nikos Späth