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Um auch in Zukunft für die Anforderungen der Offshore-Windindustrie gerüstet zu sein, müssen die deutschen Häfen weiter ausgebaut werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Stiftung Offshore-Windenergie.
Zur Vorinstallation und Verschiffung von Großkomponenten für Offshore-Windparks werden schwerlastfähige Häfen mit ausreichend langen Kaikanten und großen Flächenkapazitäten benötigt[ds_preview]. Während für die anstehenden Projekte in der Ostsee der Hafen Sassnitz den Bedarf voraussicht­lich hinreichend decken kann, besteht an der Nordsee in Sachen Basishäfen Ausbaubedarf. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie mit dem Titel »Chancen und Herausforderungen für die Hafen- und Werftwirtschaft im Zuge der Offshore-Windenergieentwicklung« (»OffMaster«), welche die Stiftung Offshore-Windenergie kürzlich veröffentlicht hat. Damit die sich bietenden Potenziale weiterhin gehoben werden könn­ten, sei allerdings Planungssicherheit erforderlich.

Eine Analyse der aktuell zur Verfügung stehenden Kapazitäten ergibt laut Studie, dass der Stand bei der Gesamtkailänge der bisher als Basishäfen aktiven deutschen Nordseehäfen bereits recht gut ist – dass die vorhandenen Flächen allerdings in Summe nicht ausreichen, um den Bedarf aus dem erwarteten Marktpotenzial deutscher Offshore-Projekte decken zu können.

Insbesondere gilt dies, wenn die Potenziale des europäischen Marktes in die Berechnung miteinbezogen werden. »Die Frage, ob die vorhandenen Kapazitäten auch am Ort des größten Bedarfs liegen, ist damit noch nicht beantwortet«, schreiben die Autoren ausdrücklich. Hier seien weitere Untersuchungen mit detaillierten Einzelfallbetrachtungen erforderlich. Alles in allem lasse sich feststellen, dass die Ansiedlung von Großkomponenten-Produzenten in Hafennähe wichtig sei, um Umschlagkapazitäten zu erzeugen. Anders als bei den Basishäfen sind die Anforderungen an Servicehäfen, auf die die Windparkbetreiber während der Betriebsphase zurückgreifen, vergleichsweise gering. Die Auswahl an nutzbaren Standorten sei daher relativ vielfältig, heißt es in der Studie: Engpässe seien hier weniger stark zu erwarten.

Nationales Entwicklungskonzept für Offshore-Häfen angeregt

Damit die Häfen ihre Chancen insgesamt möglichst optimal nutzen können, wird eine Weiterentwicklung des 2010 eingerichteten ständigen Arbeitskreises »Vernetzung der maritimen Wirtschaft mit der Offshore-Windenergiebranche« auf Basis einer Roadmap zur Umsetzung der politischen Ausbauziele angeregt. Zudem sei die Entwicklung eines nationalen Konzepts für die Offshore-Hafenentwicklung anzustreben. Laut Andreas Wellbrock, Präsidiumsmitglied und Leiter des Lenkungskreises Offshore-Windenergie des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), sind die deutschen Standorte international bereits gut aufgestellt. Damit das so bleibe und weitere Investitionen getätigt werden könnten, müsse Planungssicherheit geschaffen werden. Wellbrock hierzu: »Wir brauchen eine aktive Industriepolitik und ein Gesamtkonzept des Bundes für die Branche.«

Auch für den Schiffbau sind verlässliche Rahmenbedingungen und ein funktionierendes Finanzierungsumfeld von grundlegender Bedeutung. Hier zeigt die Studie, dass sich deutsche Werften in den vergangenen Jahren erfolgreich Aufträge für Offshore-Plattformen, Gründungsstrukturen und vereinzelt auch für Spezialschiffe sichern konnten. Bei entsprechenden Rahmenbedingung könne der Markt für die kommenden Jahre ein zusätzliches Potenzial in Milliardenhöhe bieten, heißt es – andererseits sei jedoch auch mit kurzzeitigen Rückschlägen zu rechnen, wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt hätten.

Finanzierung für Werften gefordert

Nach Ansicht von Reinhard Lüken, dem Hauptgeschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM), ist die Bereitstellung öffentlicher Finanzierungsinstrumente unerlässlich, um das vorhandene Potenzial in Arbeitsplätze umzu­setzen. Bereits im März 2012 habe eine Expertengruppe beim Bundeswirtschaftsministerium dazu konkrete Vorschläge ausgearbeitet. »Für den Schiffbau nutzbare spezielle Instrumente für den Offshore-Windenergiemarkt gibt es bis heute nicht«, kritisiert Lüken.

Anzumerken ist, dass wesentliche Annahmen der Studie auf dem Sachstand vom Mai 2012 beruhen und der Redaktionsschluss mit Ende Oktober 2012 angegeben ist. Wichtige Entwicklungen wie die Einführung der Haftungsregelung, der Systemwechsel bei der Netzanbindung von Offshore-Windparks sowie die durch die Diskussionen um künftige Einspeisevergütungen entstandenen Unsicherheiten und Verzögerungen sind somit unberücksichtigt geblieben.

Andreas Wagner, Geschäftsführer der Offshore-Stiftung, hält die Grundtendenz der getroffenen Aussagen dennoch für zutreffend. »Möglicherweise werden bestimmte Kapazitätsanforderungen auf der Zeitschiene etwas nach hinten rutschen«, meint er, »aber sie bleiben trotzdem bestehen.« Sobald sich die Entwicklung dynamisiere, würden diese Kapazitäten schnell benötigt: »Und dafür müssen jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden.«
Anne-Katrin Wehrmann