Print Friendly, PDF & Email

Mit Kursgewinnen bei Aktien- und Anleiheninvestments konnten die Haftpflichtversicherer für ihre Mitglieder im vergangenen Jahr noch einmal die Kohlen aus dem Feuer holen. Die Kapitalerträge halfen vielen Anbietern über hohe Schadensverläufe hinweg.
Die Jahresendrallye an den Börsen 2012 kam für die maritimen Haftpflichtversicherer zum richtigen Zeitpunkt. Während ihnen steigende Großschäden und die[ds_preview] allgemeine Schadensinflation das Kerngeschäft verhagelten, konnten sie sich zumindest wieder über sprudelnde Kapitalerträge freuen. Wie sich in der diesjährigen Berichts­saison der in der International Group (IG) zusammengeschlossenen P&I Clubs gezeigt hat, konnten dadurch zahlreiche Anbieter ihre Ergebnisse im vergangenen Jahr ins Positive drehen und ihre Rücklagen erhöhen.

Die auf der gegenüberliegenden Seite stehende Tabelle mit den Kennzahlen für 2012/13 (»Performance der P&I Clubs«) spricht Bände. Während die zweite Spalte mit den kombinierten Schadenkostenquoten der 13 Clubs überwiegend rot gefärbt ist, stehen in der dritten Spalte – sozusagen »unterm Strich« – bei den meisten Anbietern wiederum schwarze Zahlen. Die kombinierte Schadenkostenquote drückt das Verhältnis von Schadenaufwand und Betriebskosten der Versicherer zum Prämienaufkommen aus und spiegelt damit das Abschneiden im eigentlichen Kerngeschäft wider. Die meisten Clubs verzeichneten aber höhere Investmentgewinne als technische Verluste, weshalb die Nettoergebnisse in der dritten Spalte deutlich positiver ausfallen.

Niedrigzinsphase droht Anlageergebnisse zu schmälern

Der Marktführer Gard weist für das Jahr 2012/13 (per 20. Februar) mit 99 Mio. $ einen fast doppelt so hohen Überschuss wie im Vorjahr aus – obwohl das eigentliche Versicherungsgeschäft defizitär verlief. Der Club, der seine Ergebnisse konsolidiert (P&I und Seekasko) veröffentlicht, verzeichnete eine kombinierte Schadenkostenquote über alle Sparten von 101 %, nach 98 % im Vorjahr. Angesichts einiger schwerer Schäden zu Beginn des Geschäftsjahres und der scharfen Konkurrenz unter den Transportversicherern zeigt sich das Unternehmen aber mit dem Verlauf zufrieden. »Das ist ein gutes Ergebnis vor dem Hintergrund schwieriger Märkte«, kommentierte noch Gard-Vorstandschef Claes Isacson, der im Juli während der Drucklegung des jüngsten Jahresberichts plötzlich verstarb. Einer Rendite von 6,1 % auf das Anlageportefeuille des Clubs verdankt es Gard, dass unterm Strich noch dieses satte Plus herauskam. Das Ergebnis habe deutlich über den Erwartungen gelegen; es werde sich, warnte Isacson die Prinzipale, in den kommenden Jahren angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase so aber wohl nicht wiederholen lassen.

Eine noch höhere Verzinsung von 8 % glückte dem deutlich kleineren Swedish Club auf sein Portefeuille. »Wir entschieden uns, mehr Schwellenländer- und Unternehmensanleihen zuzukaufen, und das zahlte sich für uns aus«, sagte Geschäftsführer Lars Rhodin auf einem Mitgliederempfang in Bremen. Folglich konnten die Manager das negative Underwriting-Ergebnis in einen Nettogewinn von über 9 Mio. $ ummünzen. »Besser als erwartet« habe sich das Seekasko- und Energiegeschäft des Clubs entwickelt, während der Verlauf im P&I-Bereich (kombinierte Schadenkostenquote: 124 %) eher enttäuschend gewesen sei, so Rhodin.

20 große »Pool Claims« im vergangenen Jahr

Wie alle Clubs der International Group erfuhren die Schweden eine Breitseite durch vermehrte Großschäden, die zwecks Risikominimierung unter allen Anbietern gepoolt werden. In Bremen berichtete Rhodin von 20 großen »Pool Claims« im vergangenen Jahr, die sich per Ende Mai 2013 auf 380 Mio. $ addierten – das höchste Niveau seit Jahren. Da Abwicklung und Zertifizierung dieser Großschäden noch in vollem Gange ist, wachsen die Lasten noch weiter an. »Das Versicherungsjahr entwickelt sich noch«, warnte Rhodin.

Der deutlich größere UK P&I Club er­zielte dank eines Investmentgewinns von 39,6 Mio. $ (3,7 % Rendite) einen ähnlich hohen Überschuss von 9,5 Mio. $. Das technische Versicherungsergebnis des Clubs lag mit ei­ner kombinierten Schadenkostenquote von 104 % aber noch im kurzfristigen To­leranzbereich. Man müsse trotzdem am Ball bleiben und eine disziplinierte Zeichnungspolitik verfolgen, um langfristig im schwarzen Bereich zu landen, sagte Hugo Wynn-Williams, Vorsitzender von Thomas Miller P&I, die den UK Club im Auftrag der Mitglieder managen. »Die erhöhten Schäden des Jahres 2012 sind eine Warnung, dass sich die Schadensinflation auch bei schwachem globalem Wirtschaftswachstum fortsetzt«, erklärte er.

Beim Steamship Mutual reichten selbst Kapitalerträge von 27 Mio. $ (3 %) nicht aus, um das Nettoergebnis in die schwarzen Zahlen zu hieven. Die kombinierte Schaden­kostenquote stieg auf 112,5 % und sorgte für einen Bilanzverlust von 9,6 Mio. $, der die freien Reserven auf – immerhin noch – 286 Mio. $ abschmelzen ließ.

Ebenso durchwachsen war die Performance bei Britannia. Die Gesellschaft erziel­te zwar bei leicht sinkenden Nettoschäden einen Überschuss von 36 Mio. $, er­­­kaufte sich dieses Ergebnis aber durch deutlich erhöhte Schadenserstattungen seitens ihrer eigenen Rückversicherungsgesellschaft Boudicca. Die Reserven der Tochtergesellschaft gaben folglich massiv um 59 % auf 111 Mio. $ nach. Britannia hatte zu Jahresanfang mit deutlichen Beitragsanhebungen für das laufende Jahr gegengesteuert und dazu auch Marktanteilsverluste in Kauf genommen. Die versicherte Tonnage von Schiffseignern sank leicht von 111,1 Mio. BRZ im Vorjahr auf 110,5 Mio. BRZ, die für Charterer versicherte Tonnage fiel von 28,9 Mio. auf 25 Mio. BRZ.

North P&I prüft Zusammenschluss mit Spezialversicherer

Der in den vergangenen Jahren sehr stark gewachsene North P&I Club stand mit seinem geringen Underwriting-Verlust von 10 Mio. $ (Quote: 104 %) zwar noch relativ gut da. Aufgrund der sehr vorsichtigen Anlagestrategie des Managements erlöste der Verein aber nur dürftige 8,5 Mio. $ auf seine Wertpapiere und Ersparnisse. Das entspricht einer Rendite von nur 1,6 % und reichte nicht aus, um auf eine schwarze Null zu kommen. Erwarten worden sei ein um 10 Mio. $ höheres Finanzergebnis, erklärte North-Geschäftsführer Alan Wilson. Um das Geschäft auf breitere Beine zu stellen, arbeitet der Versicherer schon seit längerem an einer Diversifizierung des Geschäftsmodells. So prüft der Club nun den Zusammenschluss mit einem anderen Versicherer – der auf Fischereifahrzeuge spe­zia­lisierten Sunderland Marine Mutual Insurance Company (SMMI). Der kleinere Mitbewerber lässt sein P&I-Buch bereits seit Anfang 2012 durch North rückversichern und deckt neben P&I auch Kaskorisiken. Nachdem die Gremien beider Gegenseitigkeitsversicherer grünes Licht für Verhandlungen gegeben haben, soll im Oktober über den Zwischenstand informiert werden, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung.

Zwei Clubs stechen derweil durch ihre positive Performance hervor: der norwegische Club Skuld, der als einziger IG-Club mit einer eigenen Niederlassung in Hamburg vertreten ist, sowie der Shipowners’ Club, der sich stark auf kleinere Spezialschiffe konzentriert.

Letzterer konnte als einziger Anbieter mit einer kombinierten Schadenkostenquote von unter 100 % aufwarten und somit einen technischen Gewinn ausweisen. Im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre habe die Quote bei nur 88,9 % gelegen, heißt es. Das Management von Shipowners’ dulde auch in Krisenzeiten keine Verluste im Kerngeschäft, um sich nur durch Kapitalerträge in die schwarzen Zahlen zu retten, teilte Ship­owners’ mit.

Daraus könnte man allerdings schließen, dass das Management bereit ist, in den Prämienverhandlungen einen härteren Kurs gegenüber den eigenen versicherten Mitgliedern zu fahren, als dies bei anderen P&I Clubs der Fall ist, die das technische Versicherungsgeschäft gezielt mit einer Quote von über 100 % gefahren haben. Letzteres bedeutet, dass man die Prämiensätze für die Mitglieder künstlich niedrig hält – im Vertrauen da­rauf, dass man das Geschäft mit Zinsen subventionieren kann. Es bleibt abzuwarten, ob die Kapitalmärkte das in Zukunft auch hergeben.


Michael Hollmann