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Die tatsächlichen Belastungen an den Fahrwerken weichen nicht selten von den theoretischen Voraussetzungen ab, sodass eine praxisnahe Obergrenze für die Ermittlung von Schräglaufkräften sinnvoll erscheint, schreibt Jens Fahrbach
Die Schräglaufkräfte und die sich aus den Fahrbewegungen der Containerbrücke und Katze sowie infolge von Betriebswind ergebenden Horizontalkräfte quer zu[ds_preview] den Kranschienen waren nach den langjährigen Erfahrungen mit etwa 10 % der vertikalen Radlasten abgedeckt.

In den Empfehlungen der EAU 2004 des Arbeitsausschusses »Ufereinfassungen« für die Bemessungen von Kaikonstruktionen wird ebenfalls auf diesen charakteristischen Wert für Planungszwecke verwiesen.

Die formale Berechnung der Schräglaufkräfte nach den einschlägigen Normen führt dagegen bei großen Containerbrücken mit hohen Radlasten und mit Schienenfahrwerken von bis zu zwölf Rädern pro Ecke zu extrem hohen rechnerischen Horizontalbelas­tungen an Fahrwerken und Kranschienen. Die tatsächlichen kraft- und formschlüssigen Verhältnisse an den langen und hochbelasteten Fahrwerken weichen von den theoretischen Voraussetzungen stark ab, die den Normen zugrunde liegen. Es wird deshalb eine praxisnahe Obergrenze für die Ermittlung der Schräglaufkräfte vorgeschlagen.

Die Schräglaufkräfte nach DIN 15018 und neuerer Vorschriften wie EN 13001 und EN 15011 werden aus auftretenden Querschlupfkräften, die sich beim Fahren unter einem Schräglauf­winkel zwischen den Laufrädern und dem Schienenkopf ergeben, ermittelt. Der Schräglauf­­winkel ergibt sich neben Verschleiß und Toleranzen hauptsächlich aus der Differenz der Laufradbreite zwischen den Spurkränzen und der geringeren Schienenkopf­breite. Der Zusammenhang des Reibwertes aus Querschlupf und des Schräglaufwinkels basiert auf umfangreichen Untersuchungen zwischen Rad und Schiene und liegt einheitlich allen neueren Vorschriften zugrunde. Die Containerbrücke als starrer Körper dreht sich dabei mit dem Schräglaufwinkel um den momentanen Gleit-Pol, der abhängig von der Schwerpunktlage zwischen den in Fahrtrichtung letzten Spurkranzrädern liegt. An den in Fahrtrichtung vorderen Laufradgruppen resultiert aus den Querschlupfkräften eine formschlüssige Führungskraft. Sie hängt neben dem konstruktiven Aufbau des Schienenfahrwerkes, der Anzahl der Räder und der statischen Gestaltung des Tragwerkes hauptsächlich von der Größe der Radlasten ab.

Unter Berücksichtigung der am Fahrwerk auftretenden horizontalen elastischen Verformungen infolge der Spurführungskraft und Querschubkräfte an den Rädern lässt sich eine praxisnahe Verteilung der Schräglaufkräfte auf mehrere vorlaufende Radgruppen der Eckfahrwerke ermitteln. Ein Berechnungsmodell zur Berücksichtigung der Verdreh­steifigkeiten der Fahrwerksgelenke wurde von Prof. Dr.-Ing. Manuel Krahwinkel für die Ermittlung der Schräglaufkräfte an großen Containerbrücken der neueren Generation entwickelt. Die Berechnung der Verdrehsteifigkeiten und die Verteilung horizontaler Fahrwerks- und Schienenbelastung setzt die Kenntnis von Konstruktionszeichnungen der Fahrwerke und der Kranfahrbahn voraus und ist relativ aufwändig. Die Steifigkeit des Tragwerkes der Containerbrücke oberhalb der Fahrwerke wird dabei nicht betrachtet.

Unterschiedliches Fahrverhalten resultierend aus einseitigem Anliegen der Laufräder, diagonalem Anliegen (Spießgang) der Laufräder, Einfluss von ungleichmäßigen Verschleiß­zuständen an Laufrädern und Schienen, Verschmutzung der Kranschienen und damit ungleichen Reibverhältnissen, Toleranzen in der Fahrwerksausrichtung und der Kran­schienen­­­verlegung bleiben in der Berechnung unberücksichtigt. Diese Einflussfaktoren, die insbesondere an Containerbrücken mit längerer Betriebszeit auftreten können, sind in einer rechnerischen Ermittlung schwer zu erfassen.

Aus Vergleichsrechnungen nach EN 15011 an einer Anzahl unterschiedlicher Container­brücken mit starren Fahrwerken hat sich eine Obergrenze der Schräglaufkräfte bei gleichmäßiger Verteilung der Spurführungs- und Radseitenkräfte auf die vorlaufende Radgruppe bis zum Hauptanschlussbolzen des Eckfahrwerkes von etwa 10 % der vertikalen Radlasten ergeben.

Reicht die Genauigkeit der so ermittelten Schräglaufkräfte für eine wirtschaftliche Bemessung der Schienenfahrwerke und der wasserseitigen Kaje sowie des landseitigen Kranbahnbalkens nicht aus, müssen die tatsächlichen Steifigkeiten der Fahrwerksschwingen berücksichtigt werden. In der Zeitschrift »Stahlbau« 75 (2006), Heft 4, ist dazu von Prof. Krahwinkel ein entsprechendes Rechenverfahren mit Beispielrechnung veröffentlicht worden.

Ansprechpartner:

Dipl.-Ing. Jens Fahrbach

Vorsitzender HTG-Ausschuss für Hafenumschlagtechnik

jens.fahrbach@eurogate.de

Jens Fahrbach