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Mehr als 100 Interessenten versammelten sich in der Hansestadt, um über aktuelle Fragen des Korrosionsschutzes zu diskutieren. FA-KOR-Vorsitzender Günter Binder von der Bundesanstalt für Wasserbau blickt zurück
Im Jahr 2012 präsentierte sich der Fachausschuss für Korrosionsfragen (FA KOR) der HTG nach sechsjähriger Pause mit einem Workshop wieder[ds_preview] einer breiteren Öffentlichkeit. Aufgrund des damaligen großen Zuspruchs wurde am 23. Oktober ein weiterer Workshop, der zehnte in der langen Historie des Ausschusses, durchgeführt. Die Anmeldungen von mehr als 100 Interessenten zeigten das große Bedürfnis, Fachbeiträge zum Thema Korrosionsschutz im Meerwasserbereich zu vernehmen (Abb. 1).

Insgesamt wurden zehn Vorträge gehalten, die in einem Tagungsband zusammengefasst sind und über die im Folgenden jeweils kurz berichtet wird. Beim Korrosionsschutz durch Beschichten sind u. a. Fragen des Arbeits- und Umweltschutzes zu beachten. Dazu existieren bereits Beschreibungen, Regelungen und Gesetze, die Joachim Pflugfelder (FA KOR/Sika) nochmals ins Gedächtnis rief. Grundsätzlich gilt, dass Beschichtungsstoffe und ihre Komponenten weder mit Haut noch Lunge in Berührung kommen sollten. Daneben wurden neue Vorschriften wie GHS (Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien) und REACH (Bewertung der Gefährdung) vorgestellt. Hierbei müssen jetzt endgültig »gefährliche Stoffe« ersetzt werden.

Ausbesserungsstoffe für den Einsatz an Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) werden derzeit verstärkt von der Lackindustrie entwickelt. Lutz Kleemann (Lestin) verwies in seinem Vortrag auf den Einsatz von Materialien auf den Gebieten des Unterwasseranstrichs und der Applikation auf feuchten Flächen. Dieses Verfahren ermöglicht nicht nur die Durchführung von Reparaturen, sondern überwindet die bisher bekannten Grenzen der Ausführbarkeit von Beschichtungsarbeiten. Betrachtet man übliche Reparaturkosten im Offshore-Bereich (30 € / Minute), so wird die Dimension von Einsparmöglichkeiten bei Einsatz von Reparaturstoffen deutlich.

Die Korrosionsschutzarbeiten an Strukturen der OWEA finden zwar im Wesent­lichen onshore und in der Halle statt, dennoch hat sich gezeigt, dass Offshore-Arb­eiten nie ganz zu vermeiden sind. Mit eindrucksvollen Bildern schilderte Holger Bartels (FA KOR/Strako) die Umgebungsbedingungen bei notwendigen Ausbesserungsarbeiten nach der Installation der Strukturen, z. B. in der Nordsee. Dabei bediente er sich einer ungewöhnlichen Methode: Er hielt den Vortrag in einem Überlebensanzug samt Schutzhelm und konnte somit dem Thema einen recht plastischen Anstrich geben (Abb. 2).

Erstmals konnten auch Resultate der Kor­ro­sionsschutzwirkung nach zehnjähriger Standzeit in der Nordsee beim Workshop gezeigt werden: Helmut Müller (PC Consult) hat die Forschungsstation »FINO I« diesbezüglich untersucht. Die dabei ein­gesetzten »konventionellen« Beschichtungen (Aufbauten und Zulassungen u.a. ent­sprechend den BAW-Richtlinien) zeigten grundsätzlich gute Ergebnisse – vor allem hinsichtlich der Unterrostung. Diese trat an den bekannten kritischen Stellen – wie etwa Schweißnähte, Kanten, Übergänge – auf und ist auf Ausführungs- und Transportfehler zurückzuführen.

Die Risiken mikrobiell induzierter Korrosion (MIC) am Beispiel von Monopiles in der Ostsee (OWP »Baltic 2«) erläuterten Christian Karge (HTG / Hochtief) und Matthias Graff (HTG / Danfoss). MIC erfordert hinsichtlich eines Schutzes durch katho­dischen Korrosionsschutz (KKS) eine merkbare Absenkung des Potenzials gegenüber herkömmlichem korrosiven Abtrag. Hierbei zeigten galvanische Anoden auch wegen der speziellen Milieus im Rohrinnenraum ihre Begrenztheit auf. Wie die Ausführungen letztlich verdeutlichen, ist der ideale Schutz eine Kombination von Beschichtung und kathodischem Korrosionsschutz.

Mit den Korrosionsschutzanforderungen der WEA im Offshore-Bereich ist das »alte Verfahren« des thermischen Spritzens wieder als Option für die bewährte Zinkstaub-Grundbeschichtung derzeit dabei, an Bedeutung zu gewinnen. Teodora Maghet (SLV Duisburg) berichtete in ihrem Vortrag über die Applikationstechniken und die Qualitätssicherung bei der Verarbeitung. Es wurde verdeutlicht, dass die Verarbeitungsansprüche sehr hoch sind, um das große Potenzial dieses Korrosionsschutzverfahrens, welches letztlich nur in Kombination mit Polymerbeschichtungen umzusetzen ist, sicherzustellen.

Günter Binder (FA KOR / BAW) berichtete über den Stand der Regelwerke für den schweren Korrosionsschutz. Im Rahmen des Eurocodes (EC 3) mit seinen »Execu­tion Classes« ist ab sofort die DIN EN ISO 1090 mit den Flächenvorbereitungen, die vom Stahlbauer durchzuführen sind,

zu beachten. Schwächung von Strukturen durch Korrosion ist in der Philosophie des EC nicht mehr vorgesehen – die Wichtigkeit des Korrosionsschutzes gewinnt dadurch immens an Bedeutung und wird so zum Muss! Daneben wurde u. a. noch auf die DIN 50929 hingewiesen, die zukünftig

statistisch ermittelte Abrostungsdaten für Spundwände enthalten wird.

Die Methode des kathodischen Korrosionsschutzes nahm Peter Lebelt (IJS Dresden) mit seinen Untersuchungen ins Visier. Die Laborergebnisse wiesen auf eine mögliche kürzere Prüfzeit der Kathodenschutztauglichkeit von Beschichtungssystemen hin, was allerdings nicht unwidersprochen blieb. Mit Überschutzversuchen durch stärker abgesenktes Potenzial konnten Hin­weise auf Stoffeigenschaften von Beschichtungsmaterialen gewonnen werden. Das Schadensbeispiel einer Kanalbrücke zeigte die Einflüsse der Beschichtungsausführungsqualität sowie der Steuerungsfehler durch die KKS-Anlage.

Die Spundwandkorrosion einzudämmen ist nach wie vor eine ambitionierte Aufgabe, der sich Stahlhersteller stellen. Christoph Bosch (HTG / SMF) berichtete über das Korrosionsverhalten von Baustählen mit geringer Zulegierung. Es zeigte sich, dass der Zusatz von Cr (mit geringen Anteilen von Mo) bis zu 3 M.-% den korrosionsbedingten Abtrag um bis zu 38 % rel. senken kann. Bemerkenswerterweise können aber auch Kombinationen von Legierungselementen die Korrosion verstärken! Der Einfluss der Meerwassertypen, je nach Hafen und Korrosionszonen, war in den Versuchen gravierend.

Aus Schäden lernt man. Inwieweit man davon klug wird, wie ein deutsches Sprichwort verkündet, ist nach wie vor unsicher. Zumindest kann bei der Korrosionsschadensaufklärung kurzfristig vor Wiederholungsfehlern gewarnt werden. Roland Baier (BAW) hatte von einer Fülle von interessanten Korrosionsfällen zu berichten, deren Aufklärung bisweilen in spannende Geschichten mündete. Auffällig ist z.B., dass MIC auch vor Feuerverzinkung nicht Halt macht, oder aber ein Fall von Ausbleichen und Kreiden an einem neuen Stoßbalken, welcher komplexe Ursachen hatte.

Wenn auch die Diskussion ein wenig zu kurz kam, so wurde die Qualität der Veranstaltung vom Auditorium – ermittelt aus einem Umfragebogen – sehr hoch eingeschätzt. Insgesamt konnte man aus den Präsentationen den fließenden Übergang von Problemen des Korrosionsschutzes des Stahlwasserbaus im küstennahen Meeresbereich zu jenen der Strukturen für Offshore-Windenergieanlagen entfernt von der Küste erkennen. Der FA KOR sieht die Notwendigkeit, sich dem Thema des Korrosionsschutzes von OWEA zukünftig noch intensiver zu widmen.

Der FA KOR mit seinen Gastreferenten zeigte, dass genügend Kompetenz vorhanden ist, um hierfür eine notwendige Regelung des Korrosionsschutzes in die Wege zu leiten. Letztlich wurden die Vorträge und die Veranstaltung insgesamt den Erwartungen gerecht und vom Auditorium in einem Umfragebogen hinsichtlich der Qualität insgesamt nahezu optimal bewertet.

Im nächsten Oktober plant der FA KOR in Hamburg wieder einen Workshop zu diesem Thema. Interessenten mit Beiträgen zur Veranstaltung sind jederzeit willkommen. Details zur Veranstaltung sind unter folgender Internetadresse zu erfahren: www.htg-online.de/Korrosionsfragen.30.0.html


Günter Binder