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YCF Maritime hat die liberianische Flagge groß gemacht und expandiert nun in Europa mit den Farben Luxemburgs. Ein zweites Wachstumsfeld ist der Bereich Crewing. Hier hat das Unternehmen in Äthiopien große Pläne.


Nachdem der Flaggendienstleister EuroFlag Services (EFS) mit Sitz in Luxemburg im Februar die ersten beiden Handelsschiffe im Großherzogtum registriert hat[ds_preview], ist deren Zahl inzwischen deutlich gestiegen. Auf insgesamt rund 30 Frachtern hätten mehrere deutsche Eigner die rot-weiß-blau gestreifte Flagge bis Jahresende gehisst, sagte der Chief Executive Officer von YCF Maritime, Scott Bergeron, kürzlich in Hamburg. Darunter sind u. a. die Reedereien Laeisz, Hammonia und Hamburg Süd.

Die neu gegründete Luxemburger EFS ist eine Tochtergesellschaft der YCF Maritime, die wiederum ein Teil der international agierenden YCF Group aus den USA ist, unter deren Dach auch die liberianische Flaggenstaatsverwaltung LISCR (Liberian International Ship & Corporate Registry) operiert. Rund 1.000 Containerschiffe, davon ein großer Teil von deutschen Eignern, fahren derzeit unter Liberia-Flagge, was einem Marktanteil von weltweit mehr als 22 % bei diesem Schiffstyp entspricht.

Reeder nehmen 60-%-Quote ernst

EFS wurde als sogenannter Dirigeant d´Entreprise Maritime von der Schifffahrtsbehörde in Luxemburg akkreditiert, welche dem Wirtschaftsministerium unterstellt ist. Rund ein Dutzend solcher Dirigeants bieten Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Registrierung von See-

schiffen im Register Luxemburgs an. Allerdings sieht YCF-Manager Bergeron, der mit LISCR das seinen Aussagen zufolge »weltweit größte Qualitätsflaggenregister« betreibt, keine große Konkurrenz: »Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung im maritimen Dienstleistungsbereich können wir in Luxemburg keinen direkten Wettbewerb erkennen«, so Bergeron im Gespräch mit der HANSA.

Konkrete Wachstumsziele für die aufstrebende Flagge wollte er nicht nennen, das Potenzial sei aber groß. Denn die Reedereien nähmen die von der Europäischen Union im Rahmen der Beihilferichtlinie auferlegte 60-%-Quote von EU-geflaggten Schiffen zunehmend ernst und wollten die Tonnagesteuerregelung nicht gefährden. Zudem habe die luxemburgische Flagge eine gute Reputation, ergänzte er.

Ein Kostenaufschlag im Vergleich zu nichteuropäischen Flaggen wie Liberia fällt allerdings auch in Luxemburg an, räumt Bergeron ein. Dieser sei jedoch moderat und liege etwa bei mittelgroßen Containerschiffen im unteren fünfstelligen Bereich pro Jahr, während die Mehrkosten der deutschen Flagge laut Angaben von Reedern in der Regel sechsstellig sind.

Bergeron bekräftigt, dass die bisherigen EFS-Kunden nicht alle aus Liberia eingeflaggt hätten, sondern auch aus anderen europäischen Registern oder etwa den Marshall-Inseln nach Luxemburg abgewandert seien. Die Zusammenarbeit mit dem Großherzogtum beschreibt der US-Manager als sehr konstruktiv. Luxemburg sei selbst auf YCF zugekommen und habe Interesse an einer Kooperation angemeldet. »Dann ist der Prozess schnell ins Rollen gekommen.«

Management in Deutschland erweitert

Verantwortlich für das Luxemburger Geschäft ist Suwarie Topaz, die jüngst zum von YCF befördert wurde und von Hamburg aus den Bereich Global Marketing und Business Development leitet. Zuvor war sie bereits sieben Jahre lang für LISCR tätig. Ihr zur Seite steht seit kurzem Carsten Gierga. Der neue Managing Director von YCF in Deutschland war vorher u. a. bei Interorient Marine Services, Dobson Fleet Management sowie E.R. Schiffahrt beschäftigt und ist somit ein ausgezeichneter Kenner der maritimen Szene.

Wachsen will YCF auch im Bereich Crewing. Hierfür wurde 2011 die Ethiopian Manning Agency GmbH (EMA) und im selben Jahr das Ethiopian Maritime Training Institute (EMTI) gegründet. Der neue, 18 ha große EMTI-Campus in Bahir Dar wird im März 2014 im Beisein von äthiopischen Regierungsvertretern eingeweiht. In der am 3.000 km² großen Tanasee gelegenen Lehrstätte sollen bis zu 1.000 Kadetten im Jahr ausgebildet werden. Gierga: »Vor allem bei gut qualifizierten elektrotechnischen Ingenieuren besteht auf See ein großer Mangel.« Das EMTI, in das YCF eine unbezifferte »signifikante Summe« investiert, könne diese Lücke schließen.

Das Interesse im Land scheint jedenfalls groß: Auf einen Ausbildungsplatz kommen den Angaben zufolge 15 Bewerber, die vorher alle bereits einen Universitätsabschluss erworben haben. Laut Gierga spricht das gute Bildungs- und Fremdsprachenniveau in Äthiopien für das Trainingszentrum. Die zweite offizielle Sprache im Land sei Englisch, zudem investiere das Land jährlich ca. ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts ins Bildungswesen. Die Regierung unterstützte auch die YCF Group bei ihrem Vorhaben.


Uwe Kraft