Hört die Signale!

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Zu beneiden ist Sigmar Gabriel zurzeit wahrlich nicht. Das SPD-Schwergewicht ist als Wirtschaftsminister zugleich »Mister Energiewende« und muss als[ds_preview] solcher das Verhältnis von Umweltschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit austarieren. Dabei gilt es regionale Länderinteressen zu beachten, jene von Verbrauchern und der produzierenden Industrie sowie von Wachstumsbranchen wie der Offshore-Windkraft.

Was bis zum Redaktionsschluss an Einzelheiten über die Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) öffentlich wurde, macht zumindest Hoffnung: Die Kostendynamik beim Strompreis könnte eingedämmt werden, während der Ausbau der Windkraft vermutlich doch nicht so stark gedeckelt wird wie erwartet. Auch sollen die Fördersätze moderater gesenkt werden als bislang vorgesehen. Der jungen Offshore-Industrie gibt das zumindest eine Perspektive, mit der sich planen lässt. Diese ist bitter nötig, um den Abbau von gerade erst geschaffenen Arbeitsplätzen und damit den Verlust von Technologie-Know-how zu stoppen.

Die Berliner Politik scheint erkannt zu haben, dass nur ein Mittelweg zwischen Verbraucherschutz (= Strompreisbremse) und dem Festhalten an der Energiewende in die Zukunft führt. »Die Energiewende wird nur ein Erfolg, wenn sie von der Bevölkerung unterstützt wird«, betont Gabriel. Dies ist grundsätzlich der Fall, aber an der Umsetzung machte sich zuletzt Kritik breit – nicht immer mit den rechten Argumenten. So ist es nicht fair, die erneuerbaren Energien als alleinige Kostentreiber zu sehen. Schließlich sind Tausende Unternehmen lange von der EEG-Umlage befreit gewesen – darunter nicht nur energie­intensive, international tätige Konzerne. Der Öko-Zuschlag wäre bei einer Verkleinerung des Privilegiertenkreises, wie sie nun kommen soll, nicht in die jetzige Höhe von 6,24 ct/kWh gestiegen.

Vergessen werden darf auch nicht, dass »konven­tioneller« Strom längst deutlich teurer wäre, wenn etwa die Nebenkosten der Atomenergie, allen voran Castor-Transporte und Endlager, mit hineinberechnet worden wären, anstatt diese Milliardensummen dem Steuerzahler aufzudrücken.

Vor dem Hintergrund ist gerade die Offshore-Windkraft zu schlecht geredet worden. Die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) macht gar eine »einseitige Stigmatisierung der Windkraftenergie« aus. Dabei sind die bisherigen Betriebserfahrungen gut und die Ausfallgrößen minimal. So hat der Pionierpark »Alpha Ventus« die Ertragsprognosen zwischen 2011 und 2013 um rund 10% übertroffen.

Mehr als ein Fünftel des Stroms, den die Deutschen verbrauchen, stammt schon aus alternativen Energiequellen. Das ist ein toller Erfolg! Anstatt stets nur die Kosten zu bemühen, sollten sich Politiker, Industrie-Lobbyisten und Verbraucher die positiven Aspekte der Energiewende öfters vor Augen führen. Denn will man nach Fukushima wirklich noch von lebensfeindlichen Technologien abhängig sein? Oder angesichts der Krimkrise und der Brandherde im Nahen Osten von wankelmütigen öl- und gasexportierenden Staaten?

»Ein schnöder Verteilungskampf überlagert die hehren Ideale dieses Öko-Musterprojekts«, stellte das »Handelsblatt« unlängst zur Energiewende fest. Daher ist es an der Zeit, dass die Politik mit gutem Beispiel vorangeht und das Kriegsbeil in Berlin begräbt – so unterschiedlich die Interessenlagen der Küstenregion, der Kohleländer Nordrhein-Westfalen und Brandenburg sowie Bayern auch sein mögen.

Nur auf nationaler Ebene kann die Energiewende gelingen. Sie ist ein historisches Projekt, das Pioniergeist erfordert. Beim Bau der Eisenbahn oder der Entstehung der Elektrifizierung haben sich unsere Vorfahren auch nicht von kleinen Rückschlägen vom Weg abbringen lassen. Ihr


Nikos Späth