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Mit Verspätung setzt die Hochsaison am Containerschiffs-Chartermarkt ein. Davon profitieren vor allem die größten verfügbaren Schiffe, deren Raten zuletzt große Sprünge gemacht haben.
Trotz des Siegeszugs der ultragroßen Containerschiffe in den Fernost- und Transpazifik-Verkehren bietet der Markt weiterhin viele Chancen für Schiffe[ds_preview] in den Zwischengrößen. Das zeigt die Entwicklung der vergangenen Wochen am Chartermarkt, wo vor allem Postpanamax- und Panamax-Typen gefragt waren. Erstere haben seit unserem letzten Marktbericht erhebliche Ratensprünge verzeichnet, die bei den Reedern Hoffnungen auf eine weitere Befestigung und Ausbreitung der Raten-Hausse auf die kleineren Segmente schüren. Dabei könnte man meinen – wenn man auf die allgemeinen Marktindices schaut – dass sich in der Zwischenzeit gar nicht viel getan hat. Der ConTex der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten (VHSS) zeigt mit einer Steigerung um 3 auf 359 Zähler innerhalb von vier Wochen allenfalls eine moderat festere Tendenz an – getragen durch Zuwächse für größere geschirrlose Einheiten zwischen 2.700 und 4.250TEU. Postpanamax-Typen mit Behälterkapazitäten ab 5.500TEU werden nicht erfasst, weshalb sich die Verbesserungen in diesem Segment nicht im ConTex niederschlagen.

Für großes Aufsehen sorgten Ende April die Charterabschlüsse für die 8.800-TEU-Einheiten »Northern Jupiter« und »North­­ern Justice« durch Maersk zu 31.000$ pro Tag für Perioden von zehn bis zwölf Monaten. Die Schiffe lagen ca. ein halbes Jahr ohne Beschäftigung in Asien, auch weil ihre Eigentümer sowie die finanzierenden Banken diverse Beschäftigungsangebote zu Dumping-Raten in den Wind schlugen, wie aus der Befrachtungsszene zu hören ist. Die Beharrlichkeit hat sich jetzt ausgezahlt. Denn mit 31.000$ lagen die Abschlüsse fast 30% über dem letzten vergleichbaren Closing. Zuvor hatte China Shipping ein Schwesterschiff aus der Serie zu 24.000$ für zwei bis vier Monate aus dem Markt genommen. Einige wenige Fixtures haben ausgereicht, die Verfügbarkeit an Schiffen dieser Klasse empfindlich zu verringern. Ein saisonaler Effekt, der den Trampreedern dabei zusätzlich in die Karten spielt: Die von den Linien zur Weitervermietung angebotenen eigenen Schiffe dieser Kategorie sind weitgehend vom Markt verschwunden, weil die Carrier die großen Frachter selbst benötigen, um die wieder steigenden Buchungsanfragen erfüllen zu können.

8.000-TEU-Segment leer gefegt

»Für Ende Mai sind quasi keine 8.000-TEU-Schiffe mehr verfügbar, sodass einige Li­nien ihre Tonnageplanung noch einmal überdenken müssen«, erklärte ein Hamburger Schiffsmakler. Trotz ihrer zunehmenden Verdrängung aus den großen Ost-West-Verkehren (Fernost-Europa, Transpazifik) finden die Postpanamax-Typen erweiterte Einsatzmöglichkeiten vor, zum Beispiel in den Lateinamerika- sowie den Mittelost-Verkehren – und seit kurzem auch in den Afrika-Verkehren. So setzen Maersk und CMA CGM erstmals Postpanamax-Frachter ohne eigenes Ladegeschirr auch auf der boomenden Route von Asien nach Westafrika ein. Angesichts des beschleunigten Ausbaus der Hafen- und Terminalkapazitäten in Westafrika können dort heute auch verstärkt große Schiffe ohne eigenes Ladegeschirr effizient abgefertigt werden.

Die »kleineren« Postpanamax-Klassen, die dafür am ehesten in Frage kommen, verzeichnen so wie die 8.000-TEU-Typen ebenfalls steigenden Marktraten. Das zeigt der Abschluss des 6.600-TEU-Schiffs »Mataquito« zu deutlich verbesserten 19.800$ pro Tag durch Wan Hai. Die taiwanesische Linie habe den Frachter als Relet von CSAV für eine 45-tägige Rundreise gechartert, berichten Makler.

Angesichts der steigenden Verkehrsaktivität und der anziehenden Frachtraten in Langstrecken-Verkehren aus Asien heraus nach Europa, Mittelost und Afrika stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Nachfrage der Linien nach großen Einheiten noch bis in den Sommer hinein unvermindert anhält. Die jüngsten Frachten­erhöhungen der Carrier für Mai haben am Spotmarkt durchaus Wirkung gezeigt, wie sich am Shanghai Containerised Freight Index (SCFI) ablesen lässt. Das bedeutet: Wer jetzt nicht die Kapazitäten ausweitet, um mehr Geschäft annehmen zu können, verzichtet auf wichtige Umsatzerlöse. Wobei die Linien natürlich aufpassen müssen, dass sie den Bogen nicht überspannen und mehr Stellplatzkapazität mobilisieren als nötig, was die Frachtraten schnell wieder purzeln lassen würde. Hoffnung auf eine starke Hochsaison weckt der Containerumschlag-Index der Forschungsinstitute RWI und ISL, der im März auf einen neuen Höchststand kletterte.

Für Rückenwind sorgt die anziehende wirtschaftliche Aktivität in den Ländern der Eurozone. So erreichte der Einkaufsmanager-Index (PMI) der Marktforschungs­firma Markit für die Eurozone im April ein Dreimonatshoch. Erstmals seit November 2007 notierten die PMI-Werte aller von der Umfrage erfassten Länder über der neutralen 50-Punkte-Marke. »Besonders erfreulich ist, dass zuvor strauchelnde Länder wie Spanien und Italien nun ein robustes Wachstum verzeichnen«, kommentierte Markit-Chefökonom Chris Williamson.

Panamax-Frachter holen auf

Die spannende Frage ist, ob sich das Angebot an Chartercontainerschiffen in den kommenden Wochen insgesamt schnell genug verknappt, damit auch die kleineren und mittleren Schiffsgrößen, die die Masse der Chartertonnage repräsentieren, einen ordentlichen Ertragssprung verzeichnen. Zum Verdruss der Reeder haben gerade die Anfragen für kleinere Schiffe mit eigenen Kranen, die sonst um diese Zeit heiß begehrt sind, in den vergangenen Wochen leicht nachgelassen. Die kleineren Schiffe litten darunter, dass immer mehr Linien wieder verstärkt auf Standard-Panamaxschiffe setzen und regionale sowie intra-

regionale Liniendienste, die zuvor mit Subpanamax-Einheiten betrieben wurden, auf Panamax-Klasse aufstocken, erklärt ein Londoner Makler die relative Flaute.

Gleichwohl sind sich viele Marktteilnehmer einig, dass schon ein bisschen Bewegung auf der Nachfrageseite ausreichen könnte, um die Raten der kleinere Schiffe anzukurbeln. Denn das Angebot an verfügbaren Schiffen werde allgemein überschätzt, wie Ernst Russ Shipbroker betont. Wer sich nur auf die »Idle Capacity«-Statistik – also die Zählung der nicht aktiv eingesetzten Containerschiffe – bezieht, vergesse, dass ein beträchtlicher Anteil der aufgelegten oder aufgestoppten Containerschiffe gar nicht kurzfristig mobilisiert werden können. Zum Beispiel weil sie reparaturbedürftig, arrestiert oder kalt aufgelegt seien. Oder weil die Eigentümer bzw. Insolvenzverwalter, die das Ruder übernommen haben, die Schiffe zum Verkauf vorgemerkt haben und sie deshalb nur eingeschränkt bei Charterern vermarkten. Auf knapp 175.000TEU bzw. ein Drittel der gesamten inaktiven Flotte taxiert der Makler den Schiffsbestand, der gar nicht »kommerziell verfügbar« sei.

Michael Hollmann