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Rechtsanwalt und Buchautor Michael Baumhauer erläutert, was bei der Vertragsgestaltung für den Bau von Schiffen und Offshore-Konstruktionen beachtet werden sollte
Was war der Anlass, ein Buch über die Vertragsgestaltung beim Bau von Schiffen und Offshore-Konstruktionen zu schrei­ben[ds_preview]?

Michael Baumhauer: Der Gedanke dazu ist in einer Zeit entstanden, in der die Offshore-Windindustrie gerade in ihren Anfängen war und wir festgestellt haben, dass hier zwei Kulturen aufeinandertreffen: die eine, die sich schon immer mit dem maritimen Anlagenbau befasst hatte, und die andere, die bis dahin ihre Erfahrungen vorwiegend mit dem industriellen Anlagenbau auf dem Festland hatte. Da kamen plötzlich völlig unterschiedliche Verträge ins Spiel, die teilweise für den maritimen Anlagenbau nicht geeignet waren. Das Buch soll nun für alle, die in diesem Bereich aktiv sind, zusammenfassen, welche Verträge hier infrage kommen.

Wie hebt es sich von anderen juristischen Werken dieser Art ab?

Baumhauer: Es ist ein Buch, das sich erstmals für den Bereich des deutschen Rechts mit dem Schiffbau befasst. Für das englische Recht gibt es ein Werk, das sehr umfassend schiffbauliche Fragen behandelt, aber eben die Besonderheiten des deutschen Rechts nicht berücksichtigt. Für den allgemeinen industriellen Anlagenbau onshore gibt es eine ganze Reihe von Büchern, aber Schiffbau und der maritime Anlagenbau generell weisen eben ganz bestimmte Eigenarten auf, die zu beachten sind. Es war darum sinnvoll, dies alles einmal umfassend und mit den wichtigsten Standardverträgen aus dem Bereich des maritimen Anlagenbaus darzustellen.

Was unterscheidet den Bau eines Schiffes oder einer Offshore-Konstruktion in juristischer Hinsicht vom Anlagenbau an Land?

Baumhauer: Da gibt es eine ganze Fülle von Aspekten: Das fängt an bei Fragen der Klassifikation und geht über die Anwendung internationaler Regularien bis hin zu Eigentums- und Registerfragen. Auch Bereiche wie Pfandrechte und Sicherheiten, Haftungs- und Versicherungskonzepte, Ab­nahmen sowie Streitbeilegungsverfahren sind teilweise im maritimen Anlagenbau anders konzipiert als im industriellen Anlagenbau an Land.

Gibt es gängige Standardverträge, die sich hier anwenden lassen?

Baumhauer: Ja, im Schiffbau haben sich in den vergangenen Jahrzehnten einige international anerkannte Standardverträge herausgebildet, auf deren Basis seither gearbeitet wird. Auch im Bereich der Offshore-Öl- und Gasindustrie gibt es Standardverträge, die speziell auf die dortigen Gegebenheiten zugeschnitten sind. Diese Verträge berücksichtigen die maritimen Aspekte und sollten darum in diesem Bereich genutzt werden.

Wären spezielle Standardverträge für die Offshore-Windindustrie erforderlich oder hilfreich?

Baumhauer: Wichtig ist, dass man auf die jeweiligen Besonderheiten eines Projekts Rücksicht nimmt. Deswegen können Standardverträge immer nur eine Basis darstellen. Uns Juristen dienen sie als Steinbruch: Wir entnehmen ihnen bestimmte Grundstrukturen und Einzelregelungen, aber wir addieren dazu immer auch die projektspezifischen Charakteristika. Das tun wir auf der Basis der Erfahrungen, die wir in der Abwicklung dieser Projekte gewinnen. Nur ein Vertrag, der die Besonderheiten eines Projekts berücksichtigt und damit eben auch vom Standardvertrag abweicht, kann in der Abwicklung zu vernünftigen Resultaten führen.

Was kann man tun, um Konflikte von vornherein zu verhindern oder rechtzeitig zu lösen?

Baumhauer: Es ist sehr wünschenswert, die Klärung von Meinungsverschiedenheiten nicht in eine Phase nach Beendigung des Projekts aufzuschieben: Dann kommt man zu kostenintensiven Verfahren, die teilweise auch sehr lange dauern. Wir plädieren dafür, dass in Großprojekten der Offshore-Industrie ein Streitschlichtungsmechanismus bereits so im Vertrag implementiert wird, dass eine Klärung von Streitigkeiten während der Projektphase stattfinden kann.

Anne-Katrin Wehrmann