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Ein optimaler Versicherungsschutz eines Offshore-Windparks ist in der Regel auch ein Beschleuniger für eine erfolgreiche Finanzierung. Was die Projektbeteiligten dabei beachten sollten, beschreibt Thomas Haukje, geschäftsführender Gesellschafter bei Nordwest Assekuranzmakler
Aufgrund der extrem hohen Investitionsvolumina in der Offshore-Windindustrie steigt die internationale Nachfrage nach strukturierten Projektfinanzierungen an. Das liegt u.a[ds_preview]. daran, dass sich die Bilanzstrukturen der großen Energieversorger verändert haben und auch diese nun verstärkt Projektfinanzierungen – neben den »klassischen« Projektgesellschaften – nachfragen. Bei der Ausgestaltung der Finanzierungen ist Fremdkapital zudem »günstiger« als Eigenkapital. Dabei kommt es jedoch auf eine Ausgewogenheit zwischen Eigenkapital und Fremdkapital an, dem sogenannten Leverage. Grundsätzlich wird ein Eigenkapitalanteil von mindestens einem Drittel des Gesamtinvestments gefordert.

Viele Banken sind derzeit nicht bereit, Anteile von mehr als 50Mio. € zu zeichnen. Somit wird eine Vielzahl von Banken benötigt, um die Finanzierungsvolumina für ein entsprechendes Offshore-Projekt zu stemmen. Einige internationale Banken haben immer noch Probleme mit ihrem Rating und scheiden somit per se als Kreditgeber aus. Oft kommt es zudem aufgrund diverser geänderter Rahmenbedingungen immer wieder zum Verzug beim erfolgreichen »Financial Close«. Es ist insofern extrem anspruchsvoll, Projektfinanzierungen von bis zu 1Mrd. € und mehr erfolgreich zu strukturieren und zu platzieren.

Kaum Ansätze für schlüsselfertige Projekte

Es liegt in der Natur der Sache, dass Banken Finanzierungen wünschen, bei denen das Risikoprofil sehr niedrig ist, schließlich ist eine Bank ja keine Venture-Capital-Gesellschaft. Am einfachsten wären Projekte mit Top-Sponsoren, die von bonitätsstarken Generalunternehmern umgesetzt werden. Leider gibt es bisher kaum Ansätze für Konsortien, die einen Windpark schlüsselfertig errichten wollen. Der Ansatz von Areva Wind und Hochtief kann hier als wohltuende Ausnahme hervorgehoben werden. Ansonsten werden die Windparks heute eher auf Basis von »Multi-Contracting« errichtet. Das heißt, dass mit jedem Hauptgewerk (z.B. Windenergieanlage, Umspannwerk, Fundamente, Verkabelung und Errichtung) separate Verträge geschlossen werden. Dies bedeutet gleichzeitig eine Vielzahl von technischen, vertraglichen und risikotechnischen Schnittstellen, die es professionell zu managen gilt.

Bei der Strukturierung solcher Projekte und den notwendigen Finanzierungen werden aufseiten der arrangierenden Banken diverse Berater eingesetzt, um alle Details zu prüfen. Die Berater wirken dabei gegebenenfalls auf den Sponsor und die Hauptauftragnehmer ein, um Auffälligkeiten, die den »Financial Close« behindern, einvernehmlich anzupassen und für alle Beteiligten zu optimieren. Diese eingesetzten und hoch spezialisierten Berater sind im Wesentlichen der »Legal Advisor«, der »Technical Advisor«, der »Model Auditor« und der »Insurance Advisor«.

Aufseiten der Sponsoren bzw. Auftraggeber werden die Verhandlungsteams beim Einkauf der Hauptgewerke von einer ähnlichen, aber separaten Beraterstruktur wie seitens der Banken unterstützt. Es kommt somit auf beiden Seiten oftmals sehr viel Fachexpertise zusammen, die ebenfalls gut zusammenarbeiten muss, um den »Financial Close« nicht zu verzögern bzw. schlimmstenfalls zu verhindern.

Risikominimierung als oberstes Ziel

Besondere Rollen neben den technischen Merkmalen der Windanlagen spielen in den Verhandlungen immer Inhalt und Dauer der Gewährleistungen, Haftungsbegrenzungen, Gefahrenübergänge und Versicherungspflichten. Diese Punkte beeinflussen erheblich die Angebots- bzw. komplette Projektkalkulation. Daher wird oftmals darauf abgezielt, dass die Projektgesellschaft möglichst wenige oder am besten gar keine Risiken trägt. Dies erleichtert die Finanzierung und reduziert die Anforderungen an die Höhe des Eigenkapitals. Wichtig ist jedoch zu wissen: Das Risiko ist dann nicht weg, sondern es trägt nur ein anderer, nämlich der Auftragnehmer. Es bleibt zu hoffen, dass die Schultern stark genug sind, um das Risiko auch wirklich verkraften zu können. Sollte dies nicht der Fall sein, würde der finanzielle Schaden wieder auf die Projektgesellschaft zurückfallen.

Interessanterweise ist aktuell festzustellen, dass Unternehmen, die jetzt in den Offshore-Markt drängen, oder Firmen mit schwächeren Bilanzstrukturen einen größeren Risikoappetit haben als Unternehmen, die über ein ausgeprägtes Vertrags- und Risikomanagement und/oder schon mehr Offshore-Erfahrung verfügen.

Offshore ist nicht gleich onshore

Treffen bei neuen Projekten Onshore- und Offshore-Kulturen aufeinander, ist es oftmals so, dass die unterschiedlichen Denk- und auch Vertragsmuster erst einmal abgewogen werden müssen. Probleme entstehen folglich oft durch Unsicherheiten der vielen Vertragsparteien und werden zum Teil durch unerfahrene Versicherungsvermittler in diesem Bereich auch noch geschürt.

Um diese komplexen Finanzierungsprozesse zu beschleunigen, kann es von großem Nutzen sein, einen ausgewogenen Projektversicherungsschutz zu strukturieren, der möglichst allen Beteiligten gerecht wird. Kompliziert wird dies, wenn die Vielzahl der unterschiedlichen Versicherungsberater das große Ziel, den »Financial Close«, aus den Augen verlieren, weil sie jeweils scheuklappenartig ausschließlich die Interessen ihres jeweiligen Kunden vertreten.

Für eine erfolgreiche und ausgewogene Projektfinanzierung ist es wichtig, in der Errichtungsphase alle Unternehmen mit einem möglichst weiten Deckungsschutz (z.B. Designklauseln) zu versehen und dem Sponsor Zugriff auf Montage-Betriebsunterbrechungsbausteine zu geben, um gegebenenfalls verspätete Inbetriebnahmen ausgleichen zu können. Diesen Schutz verlangen die Banken ebenfalls.

Des Öfteren wird aber nur das Auge auf den passenden Versicherungsschutz für den Sponsor als Vertragspartner der Banken gelegt. Bei den Auftragnehmern liegt das Hauptaugenmerk auf den Bilanzstrukturen und sicher auch dem »Track Record« sowie dem grundsätzlichen Versicherungs­schutz der Unternehmen.

Auf der anderen Seite werden die Hauptauftragnehmer die Verträge erst zeichnen, wenn sie die Gewissheit haben, dass möglichst viele Risiken aus den Verträgen auf dem Versicherungsmarkt zu vernünftigen Prämien übertragen werden können. Sollte dies nicht der Fall sein, wird man nicht bereit sein, den Vertrag zu zeichnen – bzw. man wird das Risiko mit Sicherheitsaufschlägen nach eigenen Bewertungen im Kaufpreis einfließen lassen.

Eine verfehlte Risiko- und Versicherungspolitik kann demnach die Verhandlungsdauer bis zum »Financial Close« erheblich verlängern und auch die gesamten Investitionskosten erhöhen, da jeder sein Risiko einzeln zahlenmäßig bewertet und auf den Kaufpreis schlägt.

Im Sinne der Kosteneffizienz ist es dementsprechend von besonderer Bedeutung, dass Versicherungsberater mit großer Erfahrung, Umsicht und der erforderlichen Diplomatie den erforderlichen Versicherungsschutz strukturieren. Somit wird ein umfangreicher und kostengünstiger Versicherungsschutz erreicht, der den »Financial Close« nicht behindert, sondern erheblich beschleunigen kann.

Thomas Haukje