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Die strengeren Grenzwerte haben auch Auswirkungen auf die Kaltkorrosion. Iain White von ExxonMobil erläutert mögliche Maßnahmen
Wie entsteht eigentlich Kaltkorrosion?

Iain White: Säurekorrosion bei niedrigen Temperaturen verkürzt die Lebensdauer von Zylinderlaufbuchsen. Davon betroffen sind[ds_preview] verbrauchsarme moderne Motoren genauso wie ältere Modelle. Letztere wurden zuvor oftmals mit sogenannten »Verbrauchsoptimierungsbausätzen« für den Teil- oder Niederlastbetrieb nachgerüstet, da diese den Kraftstoffverbrauch um ca. 2,5% senken. Kaltkorrosion tritt auf, wenn die Temperatur im Zylinder unter dem Taupunkt liegt. Die Schäden, die die Korrosion an den Laufbuchsen anrichtet, können beträchtlich sein.

Wie wirkt sich die Kaltkorrosion auf die Zylinderölauswahl aus?

White: Früher war bei der Zylinderölauswahl nur der Schwefelgehalt ausschlaggebend. Neue Emissionsvorschriften waren zuletzt Anlass für gravierende Veränderungen. Hersteller von Marinemotoren mussten die Bauweise anpassen, und es wurden Nachrüstsätze verbaut, um den Kraftstoffverbrauch von Bestandsmaschinen zu senken und auch bei niedriger Last effektiven Betrieb zu ermöglichen. Schiffseigner müssen jetzt bei der Auswahl von Zylinderölen ganz neue Gesichtspunkte berücksichtigen: Welches Motorenmodell ist installiert? Wurden die Maschinen nachgerüstet? Mit welcher Reisegeschwindigkeit ist das Schiff unterwegs und welche Last bedeutet das für die Motoren? Wie hoch ist der Schwefelgehalt im Kraftstoff?

Welche Maßnahmen werden derzeit im Zusammenhang mit der Problematik der »Kaltkorrosion« empfohlen?

White: Wie unsere Erfahrung zeigt, müssen für jeden Motor die Ursachen der Kaltkorrosion individuell untersucht werden. Wir empfehlen folgende Herangehensweise:

Fachmännischen Rat einholen: ExxonMobil unterstützt Schifffahrtsbetriebe mit speziell ausgebildeten Außendiensttechnikern, die die Motoren und die Betriebsbedingungen untersuchen und die geeignetste Lösung zur Bekämpfung der Kaltkorrosion ausarbeiten.

Hochwertige Zylinderöle: ExxonMobil bewertet Kriterien wie den Korrosions-fortschritt und die Betriebsbedingungen und empfiehlt ein Zylinderöl mit der passenden Basenzahl. Als Mittel gegen Kaltkorrosion werden zwei Zylinderöle empfohlen: Mobilgard 570 und das neu auf den Markt gekommene Mobilgard 5100.

Programm zur Überwachung des Zylinderzustandes: Durch die Überwachung des Zylinderzustandes stehen stets aktuelle Daten zum Zustand des Zylinderöls und zur Motorleistung zur Verfügung. Laut MAN Diesel & Turbo ist die Einführung eines dahingehenden Programms unerlässlich. Damit lassen sich neue Lösungen überwachen. Ob der Kaltkorrosion damit ein Ende bereitet ist, lässt sich auch zweifelsfrei feststellen. Darüber hinaus können der Schifffahrtsbetrieb und der Schmierstofflieferant damit die Zylinderölzufuhr optimieren und Kosten einsparen. MobilGard Cylinder Condition Monitoring (CCM) ist ein umfassendes Zylinderüberwachungsprogramm von ExxonMobil, mit dem Schifffahrtsbetriebe in Echtzeit und vor Ort Ölproben untersuchen können. Zur Auswertung der Ergebnisse steht eine von ExxonMobil gepflegte Datenbank mit annähernd 200.000 Testergebnissen zur Verfügung – ein wichtiger Beitrag zum Schutz und zur Leistungsoptimierung von Marinemotoren der nächsten Generation. Derzeit werden etwas mehr als 350 Seeschiffe mit MobilGard CCM überwacht. Das Programm erweist sich als wirksames Mittel zur Analyse und Bewertung von Öl- und Motorenzustand, zur Identifizierung von Kaltkorrosion und zur Sicherstellung von einem optimalen Motorbetrieb.

Kaltkorrosion kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Wie findet ein Betreiber das Öl mit der richtigen Basenzahl und wie wird die richtige Schmierrate ermittelt?

White: Das richtige Zylinderöl und die richtige Schmierrate zu finden, ist nicht einfach. Ein Programm zur Überwachung des Motoren- und Ölzustandes trägt dazu bei, das Zylinderöl mit der richtigen Basenzahl und die richtige Schmierrate zu finden. MAN Diesel & Turbo empfiehlt einen sogenannten »Sweep-Test«. Dabei wird die Ölzufuhr über einen festen Zeitraum gedrosselt. Gleichzeitig werden regelmäßig Ölproben genommen und analysiert. So ergibt sich am Ende ein Bild über den Zusammenhang zwischen Ölzufuhr, verbleibender Basenzahl und Abriebpartikeln (Eisen) im Ablassöl. Ferner hilft ein von ExxonMobil entwickeltes Tool Schifffahrtsbetrieben mit Kaltkorrosion, das Zylinderöl mit der optimalen Basenzahl und die optimale Schmierrate zu identifizieren.

Ist Mobilgard 5100 die effektivste Lösung für Schifffahrtsbetriebe, die Probleme mit Kaltkorrosion haben?

White: Mobilgard 5100 ist ein Zylinderöl, das speziell dafür entwickelt wurde, in Zweitakt-Schwerölmotoren neuer Bauart die Effekte von Kaltkorrosion zu mindern. Kaltkorrosion ist mäßiger bis schwerwiegender Korrosion gleichzusetzen. Deshalb muss das Zylinderöl auf den Korrosionsgrad abgestimmt sein. Mobilgard 5100 und Mobilgard 570 sind sehr wirksam gegen Kaltkorrosion mäßiger bis schwerwiegender Ausprägung. Bevor die speziell für Kaltkorrosion geschulten Mitarbeiter von ExxonMobil jedoch eine Lösung empfehlen, sehen sie sich den jeweiligen Motorentyp sowie die spezifischen Betriebsbedingungen auf dem Schiff genau an. Die Zylinderöle der Marke Mobilgard, die Services und das technische Fachwissen von ExxonMobil schaffen zusammen eine effektive Lösung für Kaltkorrosion.

Welche Hersteller haben für Mobilgard 5100 Freigaben erteilt?

White: MAN Diesel & Turbo und Wärt­silä haben für Mobilgard 5100 mittlerweile eine Unbedenklichkeitserklärung herausgegeben.

Wie hat sich Mobilgard 5100 bis jetzt in der Praxis bewährt?

White: Bei der Entwicklung von Mobilgard 5100 war es das Ziel, das Öl ausgewogen zu formulieren. Um das zu erreichen, wurde eine anspruchsvolle, wissenschaftliche Herangehensweise gewählt, bei der die führende Technik und das Anwendungswissen von ExxonMobil voll zum Tragen kamen. Mobilgard 5100 neutralisiert hochwirksam Säuren. Es entstehen weniger Ablagerungen und die Flächen werden oxidationsstabiler. All das erschwert das Auftreten von Kaltkorrosion, trägt zur Optimierung der Ölzufuhr bei und spart letztendlich Kosten.

Für ExxonMobil ist es nicht nur wichtig, die Spezifikatio­nen der Originalhersteller zu erfüllen. ExxonMobil testet immer wieder auch Grenzleistungen aus, um zu sehen, wie sich die Produkte in der Praxis bewähren. Die bisherigen Ergebnisse verschiedener Feldtests sind beeindruckend. Noch dieses Jahr sollten die Tests so weit fortgeschritten sein, dass konkrete Ergebnisse mitgeteilt werden können.

Wie wichtig ist es bei Kaltkorrosion, den Motorenzustand zu überwachen?

White: Für neue Motorenmodelle und nachgerüstete ältere Motoren wird es gleichermaßen entscheidend sein, dass der Zustand umfassend überwacht wird. Führende Motorenbauer wie MAN Diesel & Turbo und Wärtsilä raten zur Analyse von Abstreiföl. Dieses Verfahren stammt aus dem bereits erwähnten MobilGard CCM. Rechtzeitig vor dem Verkaufsstart von Mobilgard 5100 wurde MobilGard CCM überarbeitet. Im Rahmen des Upgrades kam ein Test zur Feststellung von Kaltkorrosion hinzu. Außerdem ging eine Datenbank mit fast 200.000 Abstreiföl-Datensätzen online.

Können Sie uns sonst noch etwas zum Marinemotor-Überwachungsprogramm von ExxonMobil sagen?

White: Im Rahmen von MobilGard CCM werden auch aus der Rücklaufleitung regelmäßig Zylinderöl-Abstreifproben gezogen. An jeder Probe werden drei Tests ausgeführt. Dabei werden mit bordseitigen Messgeräten die zwei Schlüsselparameter »Eisengehalt« und »Basenzahl« festgestellt.

Aus dem Eisengehalt in Abstreiföl lässt sich daraufhin schließen, wie stark die Laufbuchsen durch abrasiven Verschleiß abgenutzt sind.

Aus dem Eisensalzgehalt in der Probe lässt sich schließen, wie stark die Laufbuchsen durch Korrosionsverschleiß abgenutzt sind.

Die Basenzahl signalisiert, ob die Laufbuchsen vor säurehaltigen Verbrennungsrückständen geschützt bzw. ob sie durch Korrosionsverschleiß gefährdet sind.

Zusätzlich zu den bordseitigen Abstreiföl-Analysen kann im Rahmen von MobilGard CCM mit sämtlichen erforderlichen Labortests die Leistung des Öls und des Motors untersucht werden. So können Sie beispielsweise feststellen, in welchem Zustand sich das Zylinderöl befindet und wie weit der Metallverschleiß fortgeschritten ist.

Die Ergebnisse werden in einem übersichtlichen Format aufbereitet. Die aussagekräftigen Berichte enthalten eine Analyse historischer Motorentrends sowie Tipps zur Ursachenbehebung und Motorenoptimierung. Das Programm zur Abstreiföl-Analyse von ExxonMobil läuft seit mehr als zehn Jahren. In dieser Zeit sind fast 200.000 Testergebnisse für Vergleichszwecke zusammengekommen. Derzeit trägt MobilGard CCM auf mehr als 350 Seeschiffen zur Steigerung der Motorenleistung bei. Wir sind bestens aufgestellt, um Schifffahrtsbetriebe zu unterstützen, die ihre Flotte mit neuen oder nachgerüsteten Motoren ausstatten.

Was gibt es über den neuen Korrosionstest zu berichten?

White: Mit dem neuen Korrosionstest aus MobilGard CCM können Schifffahrtsbetriebe schnell feststellen, ob ein Motor von Kaltkorrosion betroffen ist. Der Test wird flankierend zu den bordseitigen Messgeräten angeboten. Diese ermitteln derzeit die Basenzahl und den Eisengehalt in Abstreiföl-Proben. Der neue Test überwacht den Eisensalzgehalt in der Abstreiföl-Probe. Dies lässt Rückschlüsse darauf zu, wie stark die Laufbuchsen durch Korrosionsverschleiß abgenutzt sind. Dazu wird eine kleine Menge Abstreiföl in ein Teströhrchen gegeben und mit einem Reaktionsmittel vermischt. Nach fünf Minuten Aufrühren kann durch Abgleich gegen eine Farbskala abgeleitet werden, wie stark der Motor von Kaltkorrosion betroffen ist. Es ist unerlässlich, dass alle drei bordseitigen ExxonMobil-Tests durchgeführt werden. Nur dann ergibt sich ein vollständiges Bild über den Zustand des Zylinders und des Motors.

Nikos Späth