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Formelle Optimierung kann auch auf Teile des Schiffsrumpfs erfolgreich angewandt werden. Bugwulst-Optimierungen sind eine attraktive Refit-Option, insbesondere für Containerschiffe in Zeiten von Slow Steaming.


1. Einleitung

Energieeffizienz ist und bleibt Thema Nummer eins in der Schifffahrt. Linienoptimierung ist als geeignete Maßnahme bei[ds_preview] Neubauten in der Industrie auch bestens bekannt. Beim Thema Refit wird dagegen meist nicht an den Austausch des Wulstbugs gedacht. Das ist durchaus verständlich. Auch Experten unterschätzen häufig die möglichen Einsparungen beim Austausch eines Wulstbugs durch eine auf neue, veränderte Einsatzprofile optimierte Variante. Hochkirch und Bertram (2009) (Hochkirch, K.; Bertram, V. (2009): Slow Steaming Bulbous Bow Optimization for a Large Containership, 8 th COMPIT, Budapest) zeigten bereits in einer generischen Fallstudie, dass sich eine derartige Investition durchaus in weniger als einem Jahr amortisieren kann. Aber erst im vergangenen Jahr kam es dann zu einem Boom bei derartigen Projekten.

Natürlich wachsen Einsparmöglichkeiten, je weniger die Optimierung eingeengt wird. Aber gerade für größere Containerschiffe, die jetzt deutlich langsamer und häufig nur teilweise abgeladen gefahren werden, gibt es ein beachtliches Optimierungspotenzial beim Wulstbug. Modernste Methoden und die Berücksichtigung von tatsächlich gefahrenen Einsatzprofilen (durchweg in »Off-Design«-Bedingungen) erschließen dieses Potenzial. Dies hat die Erfahrung von DNV GL mit mehr als 25 Projekten in weniger als einem Jahr gezeigt.

2. (Partielle) Formoptimierung – wie geht das?

Wie erfolgreich ein Optimierungsprojekt verläuft, hängt von vielen Faktoren ab. Entscheidend sind sicher Software, Können und Erfahrung der Bearbeiter. Viele sogenannte Optimierungen bleiben weit hinter den Erwartungen und dem, was eigentlich möglich wäre, zurück. Dafür gibt es vielerlei Gründe (Hochkirch, K.; Bertram, V. (2012): Hull Optimization for Fuel Efficiency – Past, Present and Future, 11 th COMPIT, Liege):

Etikettenschwindel: Da wird eine CFD- gestützte Analyse einer Handvoll von Varianten als »Optimierung« verkauft.

Fehler beim Optimierungsmodell: Statt den jährlichen Treibstoffverbrauch für ein realistisches Einsatzprofil zu betrachten (Spektrum von Geschwindigkeit-Verdrängung-Kombinationen) wird für einen Entwurfspunkt optimiert (Hochkirch, K.; Heimann, J.; Bertram, V. (2013): Hull Optimization for Operational Profile – The Next Game Level, 5 th MARINE Conf., Hamburg). Oder man wählt zur Simulation schnelle, aber weniger genaue Software auf Basis der Potentialtheorie. Dabei kommt es dann zu teilweise großen Fehlern bei teilgetauchtem Wulstbug (Hochkirch, K.; Mallol, B. (2013): On the Importance of Full-Scale CFD Simulations for Ships, 12 th COMPIT, Cortona).

Falsche Formvarianten: Automatisch untersuchte Formvarianten hängen von der zugrunde liegenden parametrischen Beschreibung ab. Ungeeignete Beschreibungen mit zu wenig oder den falschen Parametern verhindern, die besten Formen zu finden. Die parametrische Modellierung ist immer noch eine Kunst, die wenigen vorbehalten ist. Einfache Grundregeln lassen sich leider nicht geben.

DNV GL Maritime Advisory setzt bei der Optimierung im Wesentlichen auf die Kombination der zurzeit besten Software, die es am Markt gibt:

Friendship Framework für die parame­trische Modellierung

FS-Flow – Wellenwiderstands-Code auf Basis der Potenzialtheorie

FINE/Marine als »High Fidelity«-CFD- Software, die Reibung und brechende Wellen erfasst und derzeit die beste Genauigkeit bei numerischen Leistungsprognosen gibt

FS-Equilibrium für die Hydrostatik (zum Beispiel bei geforderter Verdrängung oder Anfangsstabilität als Randbedingung)

FS-Optimizer – eine Software zur Erforschung des Entwurfsraums und zur Optimierung mit einer Vielzahl von Optimierungsalgorithmen

3. Wulstbug-Refit für ein 12.000-TEU-Containerschiff

Der Eigner kam mit dem Wunsch, seine Flotte von 12.000-TEU-Containerschiffen im Wulstbug nachoptieren zu lassen. Die Reederei gab das Einsatzprofil auf Basis des Vorjahres vor. Das Spektrum an Kombina­tionen von Geschwindigkeiten und Tiefgängen wurde auf sechs repräsentative Cluster zusammengefasst, die ihrer Häufigkeit entsprechend Wichtungsfaktoren zwischen 10% und 25% bekamen. Das Optimierungsziel war, entsprechend der Wichtung den jährlichen Verbrauch zu minimieren. Dann wurde ein parametrisches Modell für den Wulstbug mit 28 freien Parametern aufgesetzt. Die hohe Zahl an Parametern gibt große Freiheit bei den damit erzeugbaren Bugformen. Ein harmonischer Übergang zum Restschiff wurde an der Grenze des Modells als Randbedingung vorgegeben. Insgesamt wurden 7.500 Varianten untersucht. Die Optimierung ergab unterschiedliche Einsparungen bei den betrachteten unterschiedlichen Fahrtzuständen. In Summe ergaben sich erwartete Einsparungen von ~10% für das aktuelle Einsatzprofil.

Diese Einsparungen sind höher als die meist erzielten 4–5% in derartigen Projekten, aber auch kein Spitzenwert. Wie bei Gesamtrumpf-Optimierungen hat sich immer wieder gezeigt, dass die berechneten Einsparungen gut mit Modellversuchsergebnissen übereinstimmen. Die CFD-Optimierung kann inzwischen als belastbar zuverlässig angesehen werden. Die Amortisierungszeiten für derartige Umbauten variieren je nach Flottengröße (Anzahl von Schwesterschiffen), ausgesuchter Umbauwerft und angenommenen Treibstoffpreisen. In den 25 durchgeführten Projekten lagen sie aber alle zwischen zwei und acht Monaten. Es ist also sicherlich wert, diese Option zumindest in Betracht zu ziehen.

Literatur

Hochkirch, K.; Bertram, V. (2009): Slow Steaming Bulbous Bow Optimization for a Large Containership, 8 th COMPIT, Budapest

Hochkirch, K.; Bertram, V. (2012): Hull Optimization for Fuel Efficiency – Past, Present and Future, 11 th COMPIT, Liege

Hochkirch, K.; Heimann, J.; Bertram, V. (2013): Hull Optimization for Operational Profile – The Next Game Level, 5 th MARINE Conf., Hamburg

Hochkirch, K.; Mallol, B. (2013): On the Importance of Full-Scale CFD Simulations for Ships, 12 th COMPIT, Cortona

Autoren:

Dr.-Ing. habil. Volker Bertram

Carsten Hahn, beide DNV GL Maritime

volker.bertram@dnvgl.com


Carsten hahn, Volker Bertram