Print Friendly, PDF & Email

Das Schadenpotenzial von Offshore-Windparks liegt im Milliarden-Bereich, was für Bauherren und Betreiber entsprechende Versicherungen erforderlich macht. Ein spezieller Leitfaden soll jetzt helfen, die Risiken zu beherrschen
Schon im April war er auf der Hannover Messe vorgestellt worden, jezt soll er offiziell veröffentlicht werden: der »Offshore Code[ds_preview] of Practice« (OCoP), ein internationaler Leitfaden zum Risikomanagement von Offshore-Windparks. Initiiert worden ist die Erstellung des 280 Seiten starken Schriftstücks, das in Deutschland über den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) herausgegeben wird, vom European Wind Turbine Committee, das sich aus europäischen Erst- und Rückversicherern zusammensetzt. »Der Errichtungsprozess von Offshore-Windparks birgt eine Vielzahl unterschiedlichster Risiken, welche über einen proaktiven Ansatz beherrscht werden sollten«, schreiben die Autoren. »Durch eine frühzeitige Erkennung lassen sich diese Risiken vermindern oder vermeiden.« Erklärtes Ziel ist es, die Risikotransparenz in der Offshore-Branche zu fördern, das Schadenpotenzial zu reduzieren und dadurch letztlich auch die Versicherbarkeit von Offshore-Windparks langfristig zu gewährleisten.

In einer Mitteilung zu seinem 2012 veröffentlichten Offshore-Positionspapier hatte der GDV erläutert, dass sich die Werte- und Risikokonzentration im Meer mit jedem neuen Windpark in Milliardenschritten erhöhe – und dass die Grenze, an der die Summe aller Offshore-Risiken für Versicherer nicht mehr tragbar sei, schon in absehbarer Zeit erreicht werden könnte. Im Rahmen der aktuellen durch die Bundesregierung vorgegebenen Ausbauziele seien allerdings »gegenwärtig keine Kapazitätsprobleme erkennbar«, berichtet Oliver Hauner, Leiter der Abteilung Sachversicherung beim GDV. »Die deutschen Versicherer werden daher weiterhin die Energiewende umfassend begleiten und unterstützen können.«

Der OCoP soll einen Beitrag dazu leisten, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Gedacht ist der Leitfaden als Nachschlagewerk und Orientierungshilfe für Planer und Betreiber von Meereswindparks, denen nun erstmals das Wissen um die Risiken, die im Zusammenhang mit der Umsetzung eines Offshore-Projekts existieren, in gebündelter Form vorliegt. Dabei werden diese Risiken ebenso wie geeignete Schutzmaßnahmen in einem ganzheitlichen Ansatz identifiziert und analysiert: vom Planungsprozess bis zur ersten Rotation des Windrads. »Bei der Erstellung und Konsultation des Offshore Code of Practice wurde darauf geachtet, möglichst alle Stakeholder der Offshore-Windindustrie mit einzubeziehen«, sagt Hauner. So seien an der Erstellung der Risikolisten knapp 90 Spezialisten aus den unterschiedlichsten Bereichen beteiligt gewesen – unter anderem Versicherer, Hersteller, Betreiber, Entwickler, Reeder, Zertifizierer und technische Sachverständige.

Die Risikolisten sind zentraler Bestandteil des Leitfadens. Für alle relevanten Arbeitsschritte von der Baugrunduntersuchung über den Transport der Komponenten zu Land und zu Wasser bis hin zur Installation der Anlagen auf See und schließlich der Inbetriebnahme werden die bisher bekannten Gefahren benannt und in ihrer Tragweite bewertet. Anschließend werden mögliche Schutzmaßnahmen beschrieben und in ihrer Wirksamkeit eingeschätzt. »Durch die Einführung von Schutzmaßnahmen können die Risiken im Errichtungsprozess von Offshore-Windparks deutlich gemindert werden«, bilanzieren die Autoren in ihrem Fazit. »Dadurch wird die Notwendigkeit der präventiven Einführung des Risikomanagementprozesses ersichtlich.«

Für den internationalen Markt soll auch eine englische Version des OCoP veröffentlicht werden. In regelmäßigen Abständen sowie bei wesentlichen Änderungen der Technologie und der Risikomanagementprozesse ist eine Aktualisierung der Leitlinie geplant.
aw