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Vizeadmiral a.D. , Ex-Befehlshaber der deutschen Flotte und Präsident des Deutschen Maritimen Instituts, sieht die Branche in Sicherheitsbelangen auf einem guten Weg. Doch es bleiben Herausforderungen
Sicherheit ist das A und O: Das gilt auch für die Schifffahrt. Das betrifft nicht nur die Sicherheit an Bord[ds_preview], die unter anderem mit technischen Vorschriften, Schulungen der Crews und Rettungsmitteln gewährleistet wird. Auch äußere Bedrohungen durch Terrorismus und Piraterie bleiben eine zentrale Herausforderung. Zuletzt konnte man hier große Erfolge erzielen: Die Einrichtung eines Transitkorridors für Handelsschiffe, in dem internationale Marineeinheiten Containerschiffe oder Gastanker eskortieren, sichert den zivilen Schiffsverkehr auf den Handelswegen, unterbindet Geiselnahmen und Lösegelderpressungen. Auch die Sicherheitsmaßnahmen der Reedereien fruchten. »Wir haben hier in einem internationalen Netzwerk gute Lösungen gefunden und ganze Seegebiete wieder sicher gemacht«, sagt Hans-Joachim Stricker, Vizeadmiral a.D., Ex-Befehlshaber der deutschen Flotte und Präsident des Deutschen Maritimen Instituts. Stricker ist auch Chairman der MS&D, international conference on maritime security and defence, die am Thementag Sicherheit und Verteidigung (10. September) im Rahmen der SMM stattfindet. Bereits zum fünften Mal wird die Fachkonferenz ausgetragen. Im Interview spricht Stricker über die Herausforderungen der Branche, das Konferenzprogramm sowie den Stellenwert für die Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft SMM.

Wie sicher ist die internationale Seeschifffahrt heute?

Hans-Joachim Stricker: Das muss man differenziert beantworten. Die Piraterie am Horn von Afrika, die uns lange Zeit vor große Herausforderungen gestellt hat, haben wir in den letzten zwei Jahren besser in den Griff bekommen. Hier konnten immer mehr Angriffe von Piraten auf Handelsschiffe erfolgreich abgewehrt werden. Ein Grund dafür ist sicherlich der militärische Schutz im Rahmen der EU-geführten Operation »Atalanta«. Vor Westafrika aber gibt es einen neuen Krisenherd. Im Golf von Guinea wollen milizartig organisierte Piraten vor allem Lösegeld erpressen, um ihren Kampf an Land finanzieren zu können. Die Gefahr ist also nicht gebannt, nur der Hotspot verlagert sich.

Welche neuen Entwicklungen gibt es bei den Bedrohungsszenarien bzw. welche Gefahrenherde identifizieren Sie?

Stricker: Wir stellen fest, dass Konflikte auf dem Festland auch eine Bedrohung für die Seewege bedeuten können. Nehmen Sie etwa den nahen Osten: Dort ist kürzlich ein Aida-Schiff unter Beschuss geraten. Solche Szenarien sind zwar zum Glück die Ausnahme, müssen aber sehr ernst genommen werden. Reedereien von Passagier- oder Kreuzfahrtschiffen sollten sich gut überlegen, ob man Krisengebiete

anfährt.

Welche neuen Sicherheitsmaßnahmen gibt es zum Schutz vor Piraterie, Terrorismus und Kriegshandlungen?

Stricker: Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen aktiven und passiven Sicherheitsvorkehrungen. Zu den aktiven Maßnahmen gehört vor allem, dass wir z. B. mit europäischen Marineeinheiten vor Ort die Hauptquartiere der Piraten beschatten. So kann man auf jede Handlung unmittelbar reagieren. Darüber hinaus ist es vor allem die hohe und deutlich sichtbare Präsenz von Sicherheitsdiensten an Bord der Schiffe, die Piraten davon abhält anzugreifen. Inzwischen gibt es in Deutschland sechs zertifizierte Sicherheitsdienste, die diesen Schutz gewährleisten. Zu den passiven Maßnahmen zählen wir zum Beispiel die Ausstattung der Schiffe mit Schallkanonen. Mehrere Reedereien arbeiten mit dieser Abschreckmethode. Auch das Fahren im Zick-Zack-Kurs und mit erhöhter Geschwindigkeit ist eine passive Abwehrmethode. Denn bei einer Geschwindigkeit von über 20kn ist ein Entern durch Piraten kaum möglich. Einige Schiffe arbeiten zudem mit Stacheldraht, den sie an den Bordwänden herablassen. Wichtig ist darüber hinaus natürlich auch der ständige Datenaustausch, um ein vollumfängliches Lagebild von einer Region zu bekommen. Um das zu gewährleisten, arbeiten wir mit den Befehlshabern sämtlicher beteiligter Institutionen zusammen.

Welche Themen stehen bei der MS&D-Konferenz im Fokus?

Stricker: Die Konferenz wird thematisch breit aufgestellt sein. Zur Begrüßung wird Keynote-Sprecherin Sarah Kenny, Managing Director bei QinetiQ Maritime, einen Vortrag zum Thema »The future development of maritime security and defence« halten. Danach wird es zwei Panels geben. Das erste steht unter dem Motto »Maritime challenges of globalisation«. Zwei Redner werden die Themen »Sicherheit im Hafenbereich« und »Sicherheit auf hoher See« behandeln. Ein Vertreter von SAMI (Security Association for the maritime Industry) wird die Herausforderungen aus Sicht der Industrie aufzeigen. Das zweite Panel trägt den Titel »Future maritime capabilities«. Hier geht es vor allem um Trends bei Marineschiffen. Teilnehmer erfahren dort, welche Schiffdesigns und -modalitäten künftig besonders gefragt sind. Denn die kostengünstige Vielfachnutzung von Schiffen ist ein zentrales Thema. Am Ende der Konferenz wird es eine Diskussionsrunde sowie eine Zusammenfassung aller wichtigen Ergebnisse geben. Die Kernaussagen des Tages wird allen Teilnehmern als sogenannte »take aways« schriftlich zur Verfügung gestellt.

Wie sieht es mit der Beteiligung von Marine-Delegationen aus?

Stricker: Wir erwarten auch in diesem Jahr wieder eine Anzahl an hochkarätigen Delegationen aus aller Welt. Die Zahl der Teilnehmer wird sich in etwa auf dem Niveau der Veranstaltung von 2012 einpendeln. Das unterstreicht einmal mehr die hohe Bedeutung der SMM.

Welchen Stellenwert hat die SMM generell für das Thema Sicherheit der internationalen Seeschifffahrt?

Stricker: Die SMM als Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft ist ein Zugpferd. Die Zusammenlegung der Messe mit der MS&D 2012 hat viele Synergieeffekte offenbart und sich als voller Erfolg erwiesen. Unsere Teilnehmer konnten sich bei der Konferenz die wichtigen Informationen holen und anschließend in den Messehallen die nötige Hardware begutachten und Geschäftskontakte pflegen. Der Fokus unserer Konferenzteilnehmer liegt dann sicherlich auf Halle B8, wo sich zahlreiche Werften, Zulieferer und Dienstleister aus dem maritimen Sicherheitssektor präsentieren, die sich auf Marineschiffe spezialisiert haben. Es gibt keine bessere Veranstaltung, um sich über die Herausforderungen der maritimen Sicherheit zu informieren und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

HMC