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Für die Zusammenarbeit zwischen deutschen Reedereien und ausländischen Investoren ist noch einige Vorarbeit zu leisten. Auf dem Ship Finance Forum zum Auftakt der jüngsten SMM diskutierte die Branche über Chancen und Herausforderungen.
Deutsche Reeder müssen ihren Blick stärker auf die weltweiten Finanzzentren richten – nur so kommen sie an das nötige Kapital, das[ds_preview] sie für künftige Projekte brauchen. Dazu müsste die hiesige Schifffahrtsbranche den potenziellen Investoren jedoch erst einmal Nachhilfe geben, sagte Jochen Klösges, Chef von Erck Rickmers’ Reedereigruppe ER Capital Holding auf dem Ship Finance Forum im Rahmen der diesjährigen Schiffbaumesse SMM in Hamburg.

Der Ex-Commerzbank-Vorstand Klösges ist seit April im Vorstand der ER Capital Holding tätig, am 1. Juli übernahm er den Chefposten von Nicholas Teller. Teller, der einst ebenfalls von der Commerzbank zu Rickmers kam, übernimmt den Aufsichtsratsvorsitz von Erck Rickmers. Der Personalie vorangegangen war ein Tauziehen um eine Verkleinerung des Commerzbank-Vorstandes. Der Vorstandsvorsitzende Martin Blessing und Aufsichtsratschef Klaus Peter Müller wollten Klösges sowie seinen Kollegen Ulrich Sieber loswerden.

Der Blick nach außen sei nötig, weil Hamburg zwar ein wichtiger Standort für die Containerschifffahrt sei, aber kein Finanzzentrum. »Der Hauptunterschied zwischen Hamburg und anderen Schifffahrts-Hubs wie Singapur, Hongkong, London oder New York besteht darin, dass diese auch wichtige Finanzzentren sind, mit einem konstanten Fluss von Kapital auf der Suche nach Investitionsmöglichkeiten«, sagte Klösges bei der Eröffnung der Konferenz, die dieses Jahr zum fünften Mal stattfand. Die deutschen Reeder seien lange an das günstige Eigenkapital von KG-Investoren gewöhnt gewesen, jetzt müsse die Branche neue Geldgeber finden.

Hamburg könne sich dabei ein Vorbild an den erfolgreicheren griechischen Eignern nehmen. »Griechische Reeder sind in der Lage, Geld anzuziehen, obwohl Piräus kein bedeutendes Finanzzentrum ist«, sagte Klösges. Die Griechen seien es gewohnt, dahin zu gehen, wo das Geld sitzt. Zudem betrieben sie gutes Marketing in eigener Sache.

Die deutsche Schifffahrtsbranche dürfe aber nicht darauf warten, dass Investoren nach Hamburg oder Bremen kommen, sondern müsse selber die richtigen Geldgeber finden. »Sie haben eine Wahl und müssen das proaktiv angehen«, sagte er.

Zurzeit stammt das meiste Kapital, das in die Schifffahrt fließt, von opportunistischen Anlegern wie Private Equity-Investoren, so Klösges. Diese Geldgeber seien aber nicht für jedes Schifffahrtsunternehmen geeignete Investoren. Für deutsche Schiffseigner und Schiffsmanager zählen laut Klösges Pensionsfonds und Versicherer zu den interessanten Adressen, da sie eine langfristige Perspektive haben. Außerdem glaubt er, dass sogenannte semi-professionelle Anleger wie Family Offices und wohlhabende Einzelpersonen künftig eine größere Rolle in der Schiffsfinanzierung spielen könnten.

Ein Selbstläufer sei das allerdings nicht, warnte der Reederei-Chef. »Wir müssen diesen Investoren erst erklären, was die speziellen Risiken und Chancen in unserer Branche angeht«, sagte er.

Bei der Bankfinanzierung belebe sich der Markt wieder, sagte Klaus Stoltenberg, der die weltweite Schiffsfinanzierung bei der Deutschen Bank leitet. »Wir haben zum Beispiel die Unicredit im Markt gesehen«, sagte er. Unicredit hatte 2012 angekündigt, das Schiffskredit-Portfolio abzuschmelzen. Auch deutsche Banken seien wieder aktiver, sagte er. Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es gerade für deutsche Banken weiterhin schwierig sei, Schiffskredite zu vergeben. Außerdem haben die Banken ihre Leistungskennzahlen (Key Performance Indicator, KPI) geändert, was die Schiffsfinanzierung ebenfalls weniger attraktiv für die Institute macht. »Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es andere Bereiche gibt, in denen Banken deutlich höhere Margen erreichen«, sagte Stoltenberg.

Für die Reeder verändert sich die Zusammenarbeit mit den Banken in einem entscheidenden Punkt. In der Vergangenheit haben sich die Geldhäuser kaum um die technischen Details eines georderten Schiffes gekümmert. Das ist jetzt anders, sagte Stoltenberg. Die Banken sind jetzt auch an den technischen Spezifikationen und dem Energieverbrauch viel stärker interessiert.

Dazu kommt ein weiteres Problem: Der kommende Stress-Test, der Europäischen Zentralbank (EZB), die im November die Aufsicht über viele Großbanken übernimmt, darunter auch 21 deutsche Institute. »Das ist ein weiterer Meilenstein für die Banken auf dem Weg aus der Krise«, sagte Stoltenberg. »Es wird interessant, zu sehen, wie die Banken mit großen Schiffskredit-Portfolien dabei abschneiden.«

Beim Schiffbau macht sich außerdem der enorm gestiegene Einfluss von staatlichen Exportkreditversicherern (Export Credit Agency, ECA) bemerkbar. Die Banken suchten verstärkt die Mitwirkung von ECAs, erklärte Carsten Wiebers, Leiter der Schiffsfinanzierung bei der KfW Ipex. »Für uns als Bank macht das sehr viel Sinn, es spart uns Kosten, es spart uns Risiko«, sagte er.

Der Trend geht vor allem im Energie- und Offshore-Segment dahin, dass auch die ECAs aus den Staaten der Zulieferer immer mehr beteiligt werden. Bei der Exportabsicherung besonders aktive Staaten können so ihren Unternehmen dabei helfen, Aufträge zu bekommen. »Es gibt eine Korrelation zwischen ECA-Deckung und aus welchem Land die Schiffsausrüstung kommt«, sagte Wiebers.

Besonders Norwegen und Großbritannien betreiben dieses Spiel sehr erfolgreich. So haben Zulieferer aus beiden Nationen Aufträge für eine Mega-Order von Bohrschiffen aus Brasilien gewonnen.

Um die Risikokonzentration auf einen Exportkreditversicherer abzusenken, werden zunehmend auch die ECAs der Zuliefererländer ins Spiel gebracht, bestätigte auch Dave Vander Heyde von der niederländischen Werft IHC Merwede. Er sieht den Grund für die gestiegene Rolle von Exportkreditversicherern im reduzierten Risikoappetit der Banken. »Wir brauchen immer mehr Banken, um große Deals zu stemmen«, sagte er.


Patrick Hagen