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Trotz moderner Überwachungsmethoden versuchen einige Kapitäne offenbar noch immer, die Kontrollen zu Treibstoffen in der Schifffahrt zu umgehen. In Hamburg löste etwa ein Vorfall auf dem Containerfrachter »YM Utmost« einen Feueralarm in einer Klinik aus dem Stadtgebiet aus

Am 4. Oktober waren aus dem Schornstein des Containerschiffes »YM Utmost« (335m Länge, 8.208TEU) schon beim Ablegen vom Terminal Tollerort[ds_preview] im Hamburger Hafen außergewöhnlich dunkle Abgasschwaden gekommen, als um 18:37 Uhr im Vorhafen plötzlich eine pechschwarze Wolke senkrecht nach oben stieg. Bei der weiteren Fahrt elbabwärts war die Abgaswolke noch immer so dicht, dass die Rußpartikel in die Lüftungsanlage der Asklepios Klinik Altona gerieten und dort Brandalarm auslösten. Die Klinik steht rund einen Kilometer von der Elbe entfernt.

Die Hamburger Wasserschutzpolizei konnte nur noch per Funk Kontakt zu dem Kapitän aufnehmen. Er versicherte, keine technischen Probleme zu haben und dass der Qualm sich von allein legen werde. Da die »YM Utmost« bereits Fahrt aufgenommen hatte, erschien es wenig Erfolg versprechend, das Schiff mit einem Streifenboot einholen zu wollen, um es zu überprüfen. Stattdessen stellte das eingeschaltete Bundeskriminalamt ein Amtshilfeersuchen an die niederländische Polizei, im nächsten Anlaufhafen Rotterdam zu ermitteln. Die Untersuchungen begannen, noch bevor die ersten Container gelöscht wurden.

Sie ergaben, dass an Bord des Frachters zu dem Zeitpunkt Schweröl mit einem Schwefelanteil von 1,5% verfeuert worden war. Im Hafengebiet ist jedoch höchstens ein Anteil von 0,1% erlaubt – beim Auslaufen höchstens 1%. Außerdem sei die Maschine nicht ausreichend warm gewesen, um einen solchen Treibstoff zu verfeuern, was die starke Rußbildung erkläre. Die taiwanesische Reederei Yang Ming behauptet von den Grenzwerten nichts gewusst zu haben. Schiff und Crew seien von der griechischen Reederei Navios gechartert.

Der Vorfall rief erneute Kritik von Umweltverbänden hervor, die bereits seit langem die Schiffsabgase im Visier haben. »Der Einsatz von Schweröl mitten in der Großstadt ist kriminell und muss verfolgt werden«, forderte etwa Malte Siegert, Leiter der Abteilung Umweltpolitik des NABU in Hamburg. Im Hafen selbst müssten seiner Meinung nach Kreuzfahrt- oder Containerschiffe eigentlich auf Dieselkraftstoff umstellen. Die Behauptung der Reederei, man habe sich mit dem verwendeten Treibstoff zu jeder Zeit innerhalb der vorgegebenen Grenzen bewegt, bezeichnete Sieger als »ganz klar gelogen«.

Die Umweltorganisation NABU entwickelte Horrorszenarien und führte wissenschaftliche Untersuchungen an, der zufolge in Europa jährlich etwa 50.000 Menschen an den Folgen von Emissionen sterben, die von der internationalen Schifffahrt verursacht werden. Das verursache volkswirtschaftliche Kosten von mehr als 58Mrd. € pro Jahr.

Die Schifffahrtsbranche beschäftigt sich bekanntlich mittlerweile zunehmend mit dem Einsatz von Flüssiggas (LNG) als Treibstoff. Da dieses keinen Schwefel enthält, werden die schwefelhaltigen Schadstoffe fast völlig reduziert. Die Antriebe vieler moderner Schiffe können bereits heute auch mit Flüssiggas betrieben werden. Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten. Anstelle des Schwefels entweicht bei der Verbrennung von Flüssiggas Methan, das schädlicher ist als CO2. Auch in der Wissenschaft wird der Einsatz von LNG intensiv thematisiert. Die Technische Universität Hamburg-Harburg hat beispielsweise im Rahmen eines Forschungsvorhabens verschiedene Verfahren zur NOx-Reduzierung auf Schiffen verglichen. Daraus hat sie eine Hilfestellung erarbeitet, aus der Werften und Reedereien Entscheidungen für eine schadstoffmindernde Aus- oder Umrüstung ihrer Schiffe erhalten können.


Eigel Wiese