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Deutsche und europäische Werften sehen ihre Zukunft im Spezialschiffbau. Chancen auf dem Weltmarkt gibt es vor allem beim Bau von Fähren, Yachten, Passagierschiffen und Offshore-Einheiten


Früher war der Bau von Containerschiffen ein wichtiges Segment für deutsche Werften. Mittlerweile haben die asiatischen Schiffbauer dieses Geschäft und[ds_preview] auch die Konstruktion von anderen Handelsschiffstypen wie Tanker oder Bulker nahezu komplett übernommen. Seit nunmehr sechs Jahren seien keine Neubauaufträge für Containerschiffe bei deutschen Werften eingegangen, heißt es in der 23. Schiffbauumfrage der IG Metall Küste. Lediglich fünf kleinere eisgängige Containerschiffe seien gebaut worden. Die in Deutschland und Europa ansässigen Werftbetriebe müssten sich also auf Nischenmärkte wie den Spezialschiffbau fokussieren, um am Weltmarkt bestehen zu können.

Stabile Entwicklung in Deutschland

Laut der Umfrage verläuft die Beschäftigungsentwicklung im deutschen Schiffbau dennoch seit rund fünf Jahren relativ stabil. Inklusive der Beschäftigten in der Zulieferindustrie seien am 1. September 2014 (Stichtag der Schiffbauumfrage) rund 100.000 Menschen in der Schiffbauindustrie tätig gewesen. Die Zahl der direkt in der deutschen Werftindustrie Beschäftigten wird mit 15.171 angegeben. Dies entspreche einem Rückgang von 3,7% im Vergleich zum Vorjahr. Als Hauptgrund wird die Insolvenz der P+S Werften angeführt, in deren Folge eine Vielzahl der dort Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verloren hat. Insgesamt sei die Zahl der in Mecklenburg-Vorpommern Beschäftigten um mehr als 14% zurückgegangen. Bundesweit habe es auf insgesamt 19 Werften Arbeitsplatzabbau gegeben. Demgegenüber stünden zwölf Schiffbaubetriebe, die einen Beschäftigtenzuwachs zu verzeichnen hatten.

Auftragslage hinter den Erwartungen zurückgeblieben

Von September 2013 bis August 2014 hat es der Erhebung zufolge insgesamt 33 Neubauaufträge an deutsche Werften gegeben, darunter allein zwölf Flusskreuzfahrtschiffe (Neptun Werft). Darüber hinaus habe es fünf Bestellungen von Spezialschiffen für den Offshore-Sektor gegeben. Dies verdeutliche das große Potenzial in diesem Bereich. Direkt der Offshore-Windenergie zuzurechnende Aufträge, darunter auch Plattformen, seien indes ausgeblieben.

Insgesamt liege die Akquise neuer Aufträge in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Sie sei aber erneut hinter den Erwartungen zurückgeblieben, heißt es. Von den im Rahmen der Studie befragten Betriebsräten rechnen die meisten in den kommenden zwölf Monaten mit einer konstant bleibenden Beschäftigungssituation, einige wenige prognostizieren sogar einen leichten Beschäftigungsausbau mit rund 300 neuen Arbeitskräften.

Forderung nach Unterstützung durch Regierungen

Laut einer von der Agentur für Struktur- und Personalentwicklung (AgS) im Auftrag des Europäischen Metallgewerkschaftsbundes IndustriAll durchgeführten Analyse ist die Zahl der Werften weltweit von 1.168 im Jahre 2009 auf 696 im vergangenen Jahr zurückgegangen. Von den Schließungen seien auch europäische Werften betroffen gewesen, hauptsächlich in Spanien und Dänemark. Die größten Chancen werden europäischen Werften, analog zu den deutschen Schiffbaubetrieben, beim Bau von Spezialschiffen eingeräumt, insbesondere beim Bau von Fähren, Yachten, Passagierschiffen und Offshore-Spezialschiffen.

Vor allem der Bau von Kreuzfahrtschiffen sei fast ausschließlich in europäischer Hand. Im Vergleich zu Anfang März 2010 wurden bis zum 22. August 2014 64 % mehr Passagierschiffe geordert, heißt es in der Analyse. Nach der Übernahme von STX Turku habe die Meyer Werft das am besten gefüllte Auftragsbuch. Über 40 % des weltweiten Auftragsvolumens entfiele auf die Papenburger, heißt es. Fincantieri in Italien und STX France würden sich weitere 50 % der Aufträge teilen. »Diese Kompetenzen des europäischen Schiffbaus müssen erhalten bleiben und um weitere Bereiche etwa in der Offshore-Industrie ergänzt werden«, fordert Heino Bade, IG Metall Küste und Vorsitzender des Europäischen Schiffbauausschusses.

Europa biete für den Spezialschiffbau mit seinen Werften, Zulieferern und Forschungseinrichtungen insgesamt gute Voraussetzungen. »Das Motto der Unternehmen muss ›besser statt billiger‹ heißen, sonst werden sie in dem häufig ruinösen Wettbewerb nicht bestehen«, fürchtet er. Deshalb nimmt er auch die Regierungen in die Pflicht und fordert von ihnen Innovationen im Schiffbau durch spezielle Programme stärker zu unterstützen