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Die richtige Kennzeichnung von Offshore-Anlagen gewährleistet

auch bei der steigenden Zahl von Windparks die Sicherheit der Schifffahrt.
Die über Jahrhunderte für die Schifffahrt frei befahrbare Nord- und Ostsee wird in jüngster Vergangenheit zunehmend und vielfältig genutzt. Gegenwärtig[ds_preview] kommt die Offshore-Windenergiegewinnung hinzu. Die Windenergieanlagen und Plattformen stellen dabei für die Schifffahrt künstlich geschaffene Verkehrshindernisse dar und verursachen Einschränkungen und zusätzliche Gefahren. Die Zuständigkeit sowohl für die Gefahren-Abwehr zur Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs als auch für die Erhaltung des schiffbaren Zustandes der Bundeswasserstraßen liegt in Deutschland bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV).

Für die Planung, Errichtung und den Betrieb von Offshore-Anlagen sind hinsichtlich ihrer geographischen Lage zwei Fälle zu unterscheiden.

Im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) ist die Bundesanstalt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) die zuständige Genehmigungsbehörde. In diesem Fall werden die verkehrlichen Belange über eine Einvernehmensregelung mit der WSV im Genehmigungsbescheid berücksichtigt.

Innerhalb der Hoheitsgebiete (»12-Seemeilenzone«) in Nord- und Ostsee wird das Genehmigungsverfahren durch die jeweils zuständigen Küstenländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt. Die WSV ist in diesem Fall durch eine vom jeweils zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) zu erteilende Schifffahrtspolizeiliche Genehmigung in das Verfahren mit eingebunden.

Zur Minimierung der von Offshore- Anlagen ausgehenden Gefahren wird von der WSV eine Kennzeichnung vorgeschrieben, die in den sogenannten »Rahmenvorgaben zur Gewährleistung der fachgerechten Umsetzung verkehrstechnischer Auflagen im Umfeld von Offshore-Anlagen, hier Kennzeichnung« (kurz: Rahmenvorgaben) veröffentlicht ist.

Sie beinhalten einen Leitfaden für den Genehmigungsinhaber von Offshore-Anlagen zur korrekten Planung und Realisierung der notwendigen Kennzeichnung. Auch grundlegende technische Forderungen zu den einzelnen Kennzeichnungskomponenten sind enthalten. Durch diese Kennzeichnung wird nicht nur die Schifffahrt vor den Offshore-Anlagen, sondern auch die Offshore-Anlagen vor der Schifffahrt geschützt.

In einer weiteren Vorschrift, der Richtlinie »Offshore-Anlagen« zur Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs, sind unter anderem die zur Risikominimierung notwendigen Kennzeichnungsmaßnahmen zur Kollisionsverhütung für Offshore-Anlagen dargestellt. Die Anforderungen werden aus nautischer Sicht dargestellt.

Die Rahmenvorgaben beschreiben die technische Umsetzung und den kontinuierlichen Qualitätserhalt der Kennzeichnung für die Schifffahrt. Für die Genehmigungsinhaber soll hier erläutert werden, wie eine technische Umsetzung der nautischen Forderungen optimal stattfinden kann.

Verfahrensabwicklung

Der Genehmigungsinhaber (GI) erstellt anhand der Vorgaben des Genehmigungsbescheides und der »Richtlinie für Offshore-Anlagen zur Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs« ein Kennzeichnungskonzept. Darin wird die visuelle und funktechnische Kennzeichnung der Offshore-Anlage als Schifffahrts- und Luftfahrthindernis nautisch-funktional beschrieben. Das Kennzeichnungskonzept wird von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) geprüft. Auf dieser Basis erstellt der Genehmigungsinhaber einen Umsetzungsplan mit detaillierten technischen Festlegungen, die auch die Prüfung und Tests durch eine zugelassene Prüforganisation regeln.

Die Prüforganisation ist dabei eine vom Genehmigungsinhaber beauftragte Organisation. Mit der Durchführung der Kontrollen dürfen nur unabhängige Prüforganisationen beauftragt werden, die über umfassende, durch Referenzen belegte Erfahrungen mit vergleichbaren technischen Systemen im maritimen Umfeld verfügen und vom BSH zugelassen sind. Die fachtechnische Prüfung der Prüforganisation auf ausreichende Kompetenz erfolgt durch die WSV.

Die Beachtung der Rahmenvorgaben ist von der Prüforganisation durch Prüfprotokolle zu bestätigen. Der Genehmigungsinhaber realisiert die Kennzeichnung gemäß dem geprüften Umsetzungsplan. Nachdem der WSV das positiv geprüfte Abnahmeprotokoll vorgelegt wurde, kann die Kennzeichnung der entsprechenden Offshore-Anlage in den Normalbetrieb übergehen. Um das Kollisionsrisiko zwischen Schifffahrt und Offshore-Anlage mit zunehmendem Alter der Anlage nicht größer werden zu lassen, ist in den Rahmenvorgaben ein kontinuierlicher Kontrollprozess beschrieben, der durch Prüfprotokolle dokumentiert werden muss. Festgestellte Mängel sind unverzüglich abzustellen. Mit diesem Verfahren ist gewährleistet, dass die geforderte Qualität der Kennzeichnung über einen langen Zeitraum erhalten bleibt.

Kennzeichnungskomponenten

Die Kennzeichnung einer einzelnen oder einer Gruppe von Offshore-Anlagen (z.B. ein Windpark mit mehrenren Plattform) besteht aus verschiedenen Komponenten, die nur in Gänze die ordnungsgemäße Kennzeichnung für die Schifffahrt gewährleisten. Sie wurde abgeleitet aus den Empfehlungen der International Association of Marine Aids to Navigation and Lighthouse Authorities (»IALA O-139, The Marking of Man-Made Offshore Structures«). Die Rahmenvorgaben wurden in der Vergangenheit immer wieder im Dialog mit der Offshore-Industrie auf die gemachten Erfahrungen angepasst und werden auch weiter fortgeschrieben. Erste Erfahrungen mit der Kennzeichnung bereits errichteter Windparks zeigen, dass mit den vorgestellten Rahmenvorgaben die Vereinbarkeit von Schifffahrt und Offshore-Windenergie erreicht werden kann. Die Kennzeichnung setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

5-Seemeilenfeuer bei Anlagengruppen

Die Kennzeichnung von Gruppen von Offshore-Anlagen erfolgt an der Peripherie mit gelben Leuchten einer Nenntragweite von 5sm mit unterschiedlichem Takt. Die Taktung zeigt, ob das Feuer an der Peripherielinie oder an einer Ecke steht. Die Verfügbarkeit dieser Feuer darf über drei Jahre 99% nicht unterschreiten.

10-Seemeilenfeuer bei Einzelanlagen

Die Kennzeichnung von Einzelanlagen erfolgt mit weißen Leuchten einer Nenntragweite von 10sm. Sie unterliegen den gleichen Verfügbarkeitsforderungen, wie die 5-Seemeilenfeuer.

Nahbereichskennzeichnung:

Mit der Nahbereichskennzeichnung, einer eindeutigen Buchstaben-Zahlenkombination, kann jede einzelne Offshore-Anlage auch in der Nacht identifiziert werden. Die Kennzeichnung sollte mindestens aus 1000m Entfernung lesbar sein und wird in der Nacht angestrahlt oder hintergrundbeleuchtet.

Ein und Ausschaltsteuerung

Um bei einer Tag-/Nachtkennzeichnung ein gleichmäßiges Bild für die Schifffahrt zu schaffen, sind in den Rahmenvorgaben die Ein- und Ausschaltzeiten der visuellen Kennzeichnungskomponenten definiert. Diese Ein- und Ausschaltzeiten finden auch für die visuellen Schifffahrtszeichen der WSV (Leuchtfeuer) Anwendung.

Tagkennzeichnung

Die Kennzeichnung für den Tag besteht im unteren Bereich der Anlage aus einem gelben Anstrich, der genau in seinem Farbort definiert ist und auch überprüft wird.

Funktechnische Kennzeichnung

Über AIS-Schifffahrtszeichengeräte (Automatic Identification System) wird der Name der zu kennzeichnenden Offshore-Anlagen über UKW digital ausgestrahlt und an Bord auf der elektronischen Seekarte angezeigt.

Informationssicherheit

Der Betriebszustand der einzelnen Kennzeichnungskomponenten wird fernüberwacht. Um einen unbefugten Zugriff auf die Steuerung oder Überwachung des Kennzeichnungssystems zu verhindern, ist vom Genehmigungsinhaber ein Informationssicherheitskonzept aufzustellen.

Synchronisation verschiedener Feuer

Um Irritationen bei den Schiffsführern durch die verschiedenen Kennzeichnungssysteme für die Schifffahrt und für die Luftfahrt zu vermeiden, werden alle getakteten Feuer einer Synchronisation bzw. einer Harmonisierung unterzogen. An die Kennzeichnung als Luftfahrthindernis werden ergänzende Auflagen formuliert, um eine Störung der Kennzeichnung für die Schifffahrt auszuschließen.

Weitere Infos zu den Rahmenvorgaben:

http://www.ast-nordwest.gdws.wsv.de/schifffahrt/Windparks_auf_hoher_See/index.html

http://www.ast-nord.gdws.wsv.de/Schiff-WaStr/Schifffahrt/Windparks_auf_hoher_See/index.html

Autor: Lars von Lilienfeld-Toal

Dezernat Maritime Verkehrstechnik der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Aurich

Lars.Lilienfeld@wsv.bund.de


Lars von Lilienfeld-Toal